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App nutzt Patientenerfahrung
Auch die Kanadier erkennen den Bedarf, mehr Evidenz bei der Cannabistherapie zu generieren. Doch die Vielzahl an verfügbaren und möglichen Sorten stellt Wissenschaftler vor eine große Herausforderung. Wo beginnen? Fachleute könnten von den Patienten viel lernen, indem sie ihnen genau zuhören, erläuterte Ahmed. Diesen Ansatz verfolge auch die Anwendung StrainprintTM, bei der Ahmed in der Pilotphase der Entwicklung involviert war. Dabei handelt es sich um eine interaktive App, die sich Cannabispatienten auf ihr Smartphone laden können. In der App sind rund 1000 Sorten und Produkte wie etwa Öle einprogrammiert. Der Patient wählt seine Diagnose und seine Cannabistherapie aus dem Menü und gibt Dosierung und Applikationsart an.
Die App fragt den Nutzer, nachdem er seine Cannabismedizin angewendet hat, wie sich die Symptome verbessert haben und welche Nebenwirkungen aufgetreten sind. Der Patient kann seine persönlichen Daten an seinen Arzt senden. In anonymisierter Form können die Datensätze, deren Anzahl kontinuierlich wächst, zur Erkenntnisgewinnung herangezogen werden.
So können sich Nutzer etwa anzeigen lassen, zu welchem Beschwerdebild welche Sorte passt. Die Anwendung schlägt für ein Symptom wie beispielsweise „Muskelschmerzen“ verschiedene Sorten vor. Zu der Sortenangabe wird, ähnlich wie beim Matchingscore einer Partnervermittlung, eine Prozentzahl angezeigt, die ausdrückt, wie gut die Cannabistherapie zu dem Symptom passt. Die bisherigen „Empfehlungen“ beruhen nach Angaben des Unternehmens auf rund 800.000 Datensätzen.
Zur Evidenzgenerierung geeignet?
Klingt auf den ersten Blick praktisch. Könnte dieses System aber auch zur
Evidenzgenerierung herangezogen werden? Pharmazieprofessor Dingermann ist von der Eignung der App nicht
überzeugt: „De facto dreht sich in Kanada alles um Cannabis als Genussmittel.
Die Grenzen zur 'Selbstmedikation' sind dabei fließend. In diese Lücke
setzt die App an, ohne jedoch substantielle Hilfestellungen leisten zu
können, weil die wissenschaftliche Basis fehlt. Das mag ein
cleveres Geschäftsmodell sein. Seriös ist das jedoch nicht, wenn man
medizinische und ethische Standards anlegt“, erklärt der Apotheker auf
Nachfrage von DAZ.online.
Etwas positiver fiel das Urteil des Genfer Psychiaters Professor Danielle Zullino aus, der ebenfalls bei dem Meeting dabei war: „Ich halte den Ansatz für sehr interessant. Die App interessiert uns in der Schweiz natürlich auch im Hinblick auf eine mögliche Anwendung in Bezug auf CBD-Cannabis.“
Stärken und Schwächen der App
Ob sich diese App in Kanada oder anderen Ländern etablieren wird,
bleibt abzuwarten. Die Daten zu Wirkungen und Nebenwirkungen beruhen auf
Selbstangaben der Nutzer, was die Aussagekraft der Suchergebnisse stark limitiert.
Andererseits gehört die hohe Zahl an Systemeinträgen zu den Stärken des
Systems. Und im Gegensatz zu
Anwendungen aus dem Freizeitbereich, sind bei Strainprint
eindeutig identifzierbare Sorten hinterlegt. Die Anwendung als App ist niedrigschwellig. Zusätzlich soll ein Bonuspunktesystem dazu beitragen, dass die Patienten
regelmäßig ihre Daten eingeben. Diese Form von Incentivierung könnte allerdings zu einem Bias führen.
Klinische Studien kann ein solches System sicherlich nicht ersetzten. Doch möglicherweise kann es dabei helfen, die therapeutischen Erfahrungen mit den Blütensorten zu systematisieren. Außerdem könnten die Daten Hinweise liefern, bei welchen Indikationen und Blütensorten sich klinische Studien lohnen könnten.
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