Die Richter diskutieren in ihrem Urteil auch, ob die
Verurteilung wegen „Beibringung von Gift oder eines anderen gesundheitsschädlichen
Stoffes“ nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch in Frage käme – doch sei dies weder
vollendet noch versucht. „Die verabreichten unterdosierten Medikamente sind bei
bestimmungsgemäßer Verwendung weder Gifte noch andere gesundheitsschädliche
Stoffe, da sie mit dem Ziel der Gesundheitsförderung und -Verbesserung
verabreicht werden“, erklären sie. Mit Blick auf die Unterdosierungen könne
auch nicht auf ein Unterlassen abgestellt werden: Der Tatbestand solle die
besondere Gefährlichkeit einer Körperverletzung erfassen – ein Unterlassen
entspräche ihm nicht.
Keine hinreichenden Feststellungen für Mord
Der Angeklagte habe sich auch nicht des versuchten oder
vollendeten Totschlags oder Mordes strafbar gemacht, urteilten die Richter – auch
nicht durch Unterlassen. Denn die Kammer habe keine hinreichenden Feststellungen
mit dem für eine Verurteilung erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit treffen
können. Bei den am Tag der Durchsuchung sichergestellten unterdosierten Zubereitungen
wären derartige Delikte aufgrund der fehlenden Freigabe nicht verwirklicht. Bei
den 14.498 früheren Fällen des Organisationsdeliktes konnte die Kammer nicht
feststellen, dass ein Patient aufgrund einer unterdosierten Zubereitung des
Angeklagten vorzeitig verstorben ist.
Dies scheiterte aus Sicht der Richter bereits daran, dass
offen blieb, welche Zubereitungen im Einzelnen betroffen waren. Und auch eine
Strafbarkeit des Angeklagten wegen eines versuchten Tötungsdeliktes hat die Kammer
nicht angenommen, da nicht nachweisbar war, dass der Apotheker mit einem
früheren Tode eines einzelnen Patienten rechnete. So schreiben die Richter: „Es
fehlt bereits am Tatentschluss, da der Angeklagte nicht feststellbar damit
rechnete, dass einer der betroffenen Patienten aufgrund einer bestimmten
unterdosierten Zubereitungen zu Tode kommen oder zu einem früheren Zeitpunkt
sterben würde.“
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