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Schweiz
OTC-Präparate demnächst überwiegend außerhalb der Apotheke
In der Schweiz wurde in den vergangenen Monaten intensiv an einer Neuordnung des OTC-Marktes gearbeitet. Der Hintergrund: Die Abgabekategorie der apothekenpflichtigen, nicht-rezeptpflichtigen Arzneimittel wird abgeschafft. Für die meisten geht die Reise in Richtung Liberalisierung, das heißt in die Drogerie, für einige bedeutet sie aber auch Verschärfungen bei der Abgabe. Der besondere Aufreger: Die Schweizer werden jetzt nicht mehr so leicht an Codein-haltige Hustenmittel rankommen.
Im Rahmen der Revision des Heilmittelgesetzes wollte der schweizerische Gesetzgeber den Weg für mehr Selbstmedikation und einen besseren Zugang zu bewährten Arzneimitteln frei machen. Hierzu wurde die bisherige Abgabekategorie C (Apothekenpflicht, Abgabe nach Fachberatung durch Medizinalpersonen) aufgehoben. Die in dieser Kategorie befindlichen Arzneimittel sollten in andere Kategorien „umgeteilt“ werden. Die Überprüfung der Arzneimittel der heutigen Abgabekategorie C sowie gewisser Arzneimittel der Abgabekategorie D wurde über mehrere Monate hinweg unter Einbeziehung externer Fachexperten durchgeführt und in sechs Meetings besprochen.
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Bei der Evaluierung standen laut Swissmedic Aspekte des Medikamentenmissbrauchs sowie mögliche Wechselwirkungen von nicht verschreibungspflichtigen mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Vordergrund. Nun ist der Prozess der „Umteilung“ abgeschlossen und die Arzneimittelagentur informiert über das mit Spannung erwartete Ergebnis.
85 Prozent werden freiverkäuflich
Die bisherige Abgabekategorie C umfasste rund 650 Arzneimittel, davon 22 Tierarzneimittel. Die überwiegende Mehrheit (85 Prozent) der Präparate sollen in die Abgabekategorie D (nicht verschreibungspflichtig, Abgabe in der Apotheke oder Drogerie nach Fachberatung) wandern. Darunter befinden sich zahlreiche Homöopathika und Phytopharmaka, aber auch Arzneimittel mit den Wirkstoffen Bisacodyl, Clotrimazol, Diclofenac, Fexofenadin, Loperamid, Pantoprazol, Piroxicam, Terbinafin und Xylometazolin.
Opiatderivate werden hochgestuft
Rund 15 Prozent der Medikamente (ca. 100 Präparate, davon ein Drittel als Mitvertrieb) sollen in die Abgabekategorie B hochgestuft werden. Zwei Drittel davon enthalten Opiatderivate als Wirkstoffe (Codein oder Dextromethorphan), also Stoffe mit einem erheblichen Missbrauchspotential, zum Beispiel in Hustensäften.
Ergänzend zum Missbrauchspotential wird für viele dieser Arzneimittel zusätzlich ein erhebliches Risiko von schwerwiegenden Wechselwirkungen als Grund für die Höherstufung geltend gemacht. Für Codein-haltige Arzneimittel kam eine Einstufung in die Kategorie D ohnehin nicht in Frage, weil sie nur von Personen mit einer Betäubungsmittelbewilligung abgegeben werden dürfen. Die Drogerien sind damit außen vor.
Bei den anderen für die Abgabekategorie B vorgesehenen Arzneimittel sind es vorwiegend schwerwiegende Wechselwirkungen mit anderen verschreibungspflichtigen Medikamenten oder eine zwingend notwendige Dokumentation der Abgabe, die eine Fachberatung durch eine Medizinalperson (Apotheker/in oder Ärztin/Arzt) erfordern. Beispiele neben den genannten Opiaten sind Etilefrin Tropfen sowie die Notfallkontrazeptiva Ulipristal und Levonorgestrel. Hier finden Sie die Liste der vorgesehenen Umteilungen der Humanarzneimittel aus der Abgabekategorie C.
Nicht zwangsläufig rezeptpflichtig
Zusammen mit der Umteilung gibt es ab dem nächsten Jahr auch wichtige Änderungen für die Handhabung der Abgabekategorie B.
Bestimmte Arzneimittel dieser an sich rezeptpflichtigen Gruppe sollen in Apotheken auch ohne ärztliche Verschreibung an Patienten abgegeben dürfen, und zwar die folgenden:
- aus der Abgabekategorie C hochgestufte Präparate,
- Medikamente zur Behandlung häufig auftretender Krankheiten, sofern es sich um bekannte, seit mehreren Jahren zugelassene Wirkstoffe handelt (Indikationen werden noch festgelegt),
- Arzneimittel zur Weiterführung einer Dauermedikation während eines Jahres nach der ärztlichen Erstverschreibung.
Die Abgabe muss allerdings persönlich durch einen Apotheker nach einem Beratungsgespräch erfolgen. Außerdem muss sie dokumentiert werden, wie dies auch jetzt schon für jede Belieferung einer ärztlichen Verschreibung erforderlich ist.
Erhebliche Mehrkosten befürchtet
Kritiker warnen davor, dass die neue Praxis millionenschwere Mehrkosten im Gesundheitssystem verursachen könnte, so zum Beispiel Babette Sigg, Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums kf: „Das ist ein Kostentreiber, den man sich sparen kann“, sagt sie auf Anfrage des Portals „20min.ch“. Hinzu komme, dass nur noch der Patient selber einen Hustensaft kaufen könne. „Das ist eine Bevormundung“, so Sigg.
Doch nicht nur die neue Umverteilung der Medikamente könnte das Gesundheitssystem belasten. Wie der „Blick“ am Sonntag schreibt, wollen die Großhändler und Apotheken die Revision des Heilmittelgesetzes dazu nutzen, beim Bund höhere Margen zu beantragen. So soll die Großhandelsmarge von 4,5 auf 7 Prozent erhöht werden,
Stefan Felder, Professor für Gesundheitsökonomie an der Universität Basel, finde die Forderung nach einer 7-Prozent-Marge deplatziert, berichtet „Blick“. Im Zuge der Sparbemühungen sollten alle Akteure, vom Hersteller bis zum Arzt, etwas geben und nicht noch mehr verlangen, meint Felder.
Die eigentliche Umteilung wird Anfang 2019 nach Inkrafttreten des revidierten Heilmittelrechts im Rahmen von Verwaltungsverfahren erfolgen. Die Evaluation von Arzneimitteln der Abgabekategorie D bezüglich einer Eignung für den Verkauf ohne Fachberatung (Umteilung in Abgabekategorie E) wird laut Swissmedic derzeit abgeschlossen. Die Ergebnisse sollen in den nächsten Wochen bekannt gemacht werden.
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