Mehr in der DAZ
In der aktuellen DAZ Nr. 47 werden in einem Schwerpunkt die bisher diskutierten Alternativen zu einem Rx-Versandverbot vorgestellt und zum Teil kritisch eingeordnet.
Um die Rx-Preisbindung zu bewahren, setzt die ABDA bei ihren Gesprächen mit dem Bundesgesundheitsministerium weiterhin auf ein Rx-Versandverbot. Baden-Württembergs Kammerpräsident Dr. Günther Hanke stellte auf der gestrigen Vertreterversammlung nachdrücklich klar: Ein Plan B kommt nicht in Frage, sondern höchstens wirkungsgleiche Alternativen. Entgegen Medienberichten sei auch nichts entschieden und auf einen Kuhhandel lasse man sich nicht ein. Zugleich bat er die Delegierten um weitere Vorschläge, wie die Gleichpreisigkeit durchgesetzt werden kann.
Vieles deutet darauf hin, dass der Versandhandelskonflikt in den kommenden Wochen eine entscheidende Wendung nehmen könnte: Wie gestern bekannt wurde, beabsichtigt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei der ABDA-Mitgliederversammlung seine Vorstellungen zur Weiterentwicklung des Arzneimittelversorgungssystems im direkten Austausch mit der Apothekerschaft vorzutragen.
Mehr als zwei Jahre nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes rückt also eine politische Lösung möglicherweise in greifbare Nähe. Weil die Europa-Richter im Oktober 2016 erklärten, dass für ausländische Versender die Arzneimittelpreisbindung nicht gilt, existiert seitdem ein Wettbewerbsvorteil gegenüber deutschen Präsenzapotheken. Spahn erklärte in einem Facebook-Video, dass er Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht will. Zugleich kündigte er an, auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) Anfang Oktober seine Lösungsvorschläge zu präsentieren.
Doch der Minister kam mit leeren Händen. „Ich debattiere gerne, deswegen bringe ich Ihnen heute auch kein fertiges Konzept mit“, machte er gleich zu Beginn seiner Rede beim DAT deutlich. Seitdem ist klar: Spahn hat keine Ambitionen, das im Koalitionsvertrag vereinbarte Rx-Versandhandelsverbot umzusetzen und er erwartet von der Apothekerschaft neue Vorschläge, wie die Gleichpreisigkeit auch zukünftig garantiert werden kann.
Für Baden-Württembergs Kammerpräsident Dr. Günther Hanke ist genau das der Aspekt, der in einigen Medien missverständlich bis falsch dargestellt wurde: Es geht nicht um ein Abrücken von der Forderung nach Gleichpreisigkeit, sondern um das Erschließen neuer Wege. Für ihn garantiere die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), dass es eine Beratung und pharmazeutische Leistung rund um die Abgabe gibt und dass die Sicherheit in der Lieferkette garantiert werden kann. „Das sind Gesetze, an die wir Gott sei Dank gebunden sind.“ Schließlich würden feste Arzneimittelpreise die flächendeckende Versorgung sicherstellen und Leistungserbringer sowie Verbraucher vor unfairem Wettbewerb schützen. „Gleichpreisigkeit ist also ganz im Sinne der Patienten“, erklärte Hanke.
Gerade dieser Umstand wurde beim damaligen EuGH-Verfahren von den Richtern moniert. Für sie fehlte der Nachweis, dass feste Arzneimittelpreise der flächendeckenden Versorgung dienen. Mittlerweile existieren verschiedene Gutachten, die diesen Zusammenhang belegen und das Rx-Versandverbot explizit empfehlen, so beispielsweise vom Wissenschaftlichen Dienst des deutschen Bundestages und dem Gesundheitsökonomen Professor Dr. Uwe May, der Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer und des Juristen Dr. Heinz-Uwe Dettling.
Hanke stellte auch klar, dass das Stillhalteabkommen zwischen ABDA und Bundesgesundheitsministerium, also die Einigung darauf, dass erst auf dem Apothekertag über mögliche Lösungen des Versandhandelskonflikts öffentlich gesprochen wird, ein Wunsch des Ministeriums war. Daran hätten sich alle Vertreter der ABDA-Mitgliedsorganisationen gehalten. Nachdem Spahn bis heute keine eigene Lösung kommuniziert hätte und weitere Vorschläge erwarte, würde man nun nach sinnvollen und vor allem wirkungsgleichen Alternativen zum Rx-Versandverbot suchen.
Mit diesem Aufruf wandte sich Hanke an die Vertreterversammlung. Die Delegierten sollten ihre Ideen vortragen, die der Kammerpräsident mit zur ABDA-Mitgliederversammlung am 11. Dezember in Berlin nimmt. Ein Delegierter schlug vor, die pharmazeutische Kompetenz bei der persönlichen Abgabe von Arzneimitteln besser herauszustellen und zwar sowohl gesetzlich als auch wirtschaftlich. Denkbar wäre, dass definiert wird, welches pharmazeutische Personal für wie viele Patienten bzw. Packungen zuständig sein dürfe. Zwischen Apotheken und Versandhändlern gäbe es bekanntlich gravierende Unterschiede bei der Anzahl der Vorgänge, die durch einen Approbierten beaufsichtigt werden würden. Auch wurde immer wieder der Wunsch geäußert, neue, pharmazeutische Dienstleistungen in einer zweiten „Honorarsäule“ abzubilden und so die reine Distribution von Packungen wirtschaftlich weniger lukrativ zu gestalten.
Auch die Umsetzung der Europäischen Fälschungsschutzrichtlinie könnte eine Chance sein, dass die direkte und persönliche Abgabe aus Gründen der Arzneimittelsicherheit dem Versandhandel vorzuziehen ist. Weitere Vorschläge befassten sich mit Veränderungen im Sozialrecht, wie der Abschaffung der Zuzahlung, oder einer Konkretisierung der Anforderungen an ausländische Versender in der „Länderliste“ des Bundesgesundheitsministeriums. Hierbei wäre es denkbar, dass ausländische Versandapotheken die deutsche AMPreisV und andere apothekenrechtliche Auflagen zu erfüllen hätten, wenn sie am Arzneimittelverkehr teilnehmen möchten. Auch über eine Ausweitung der Aktivitäten deutscher Arzneimittelüberwachungsbehörden wurde gesprochen und der strengeren Definition des Arzneimittelversandhandels unter den Vorgaben der Guten Distributionspraxis (GDP).
In der aktuellen DAZ Nr. 47 werden in einem Schwerpunkt die bisher diskutierten Alternativen zu einem Rx-Versandverbot vorgestellt und zum Teil kritisch eingeordnet.
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