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Gesundheitsanwendungen
AkdÄ warnt vor dem Einfluss kommerzieller Interessen der App-Hersteller
Gesundheits-Apps sind weit verbreitet. Fast jeder zweite Smartphone-Nutzer verwendet sie. Nun fordert der Fachausschuss für Transparenz und Unabhängigkeit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, dass Anbieter solcher Apps verpflichtet werden sollen, unter anderem Angaben zur Finanzierung, zur Werbepolitik und zu Interessenkonflikten offenzulegen. Außerdem soll der Nutzen der Apps mit denselben Maßstäben wie andere medizinische Interventionen bewertet werden.
Erst vor kurzem hat sich die FDP-Fraktion in einer kleinen Anfrage unter anderem nach der Zertifizierung von digitalen Gesundheitsprodukten erkundigt. Dabei interessierten sich die Freien Demokraten dafür, ob und wie medizinische Apps und Softwareprogramme generell als Medizinprodukte zugelassen werden könnten. Auch der Fachausschuss für Transparenz und Unabhängigkeit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) hat sich dem Thema der Qualitätssicherung der Gesundheits- oder Medizin-Apps befasst. Seine Stellungnahme ist auf der Homepage der AkdÄ veröffentlicht.
Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Apps zu einem direkten gesundheitlichen Nutzen für den Anwender führen sollten. Allerdings könne nicht davon ausgegangen werden, dass dies bei der Entwicklung immer im Vordergrund stehe. Vielmehr dürften die Anwendungen „weit überwiegend“ von Firmen oder Einzelpersonen mit der Absicht konzipiert worden sein, direkt oder indirekt Gewinne zu erzielen, postulieren die AkdÄ-Mitglieder. Unter indirekter Gewinnerzielung versteht der Ausschuss eine Gewinnerzielung, bei der die Nutzer nicht mit Geld, sondern – sozusagen – mit persönlichen Daten bezahlen, die der Anbieter der App für eigene Zwecke sammelt oder an andere verkauft.
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Gefahr der Einflussnahme auf Ärzte
Zudem sieht der Ausschuss die Gefahr, dass medizinische Apps neben der Nutzung von Daten, Patienten und Ärzte beeinflussen könnten. So könne, heißt es in der Publikation, eine Entscheidung – die zunächst unbedeutend wirkt wie die Auswahl eines Scores – bereits eine Bevorzugung eines bestimmten Produktes ermöglichen, die natürlich vom Anbieter der App gewünscht ist. Dass diese Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen ist, wird an einem Beispiel verdeutlicht: Die Autoren beschreiben eine App namens „NOAC-Advisor“, deren Entwicklung von einem pharmazeutischen Unternehmen gefördert wurde, das Zulassungsinhaber eines neuen oder direkten oralen Antikoagulans (DOAK) ist. Diese App soll Ärzte bei der Antikoagulation von Patienten unterstützen. Allerdings zeige sie, so die AkdÄ-Mitglieder, beim Vorhofflimmern Vitamin-K-Antagonisten nur als Mittel der zweiten Wahl an. Empfehlungen, die Phenprocoumon und Co. in dieser Indikation als mindestens gleichwertig mit den neuen Substanzen einschätzen, würden nicht berücksichtigt, bemängeln sie.
Keine ausreichende Aufklärung über Nutzen und Risiken
Ein weiterer Kritikpunkt des Ausschusses ist, dass die große Mehrzahl der Gesundheits- und Medizin-Apps von den Patienten auf eigene Faust angewandt werden dürfte, ohne dass sie sich vorher medizinischen Rat einholen und der Arzt diese dann wie ein Arzneimittel verschreibt. Zwar wisse man nicht, wie genau Medizin-Apps hoher Risikoklasse an die Nutzer gelangen. Es sei aber davon auszugehen, dass nicht sichergestellt ist, dass der Anwender über Nutzen und Risiken der Apps informiert wird – und zwar in dem Ausmaß, wie es im Patientenrechtegesetz gefordert und in der „Gute Praxis Gesundheitsinformation“ ausgeführt wird.
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Nutzenbewertung wie bei anderen medizinischen Interventionen
Neben der mangelnden Aufklärung der Nutzer befasst sich der Ausschuss auch mit dem Thema Nutzenbewertung der Apps. Diese solle stets nach denselben Methoden erfolgen – unabhängig von der Technologie. Ausschlaggebend für die methodischen Anforderungen der Nutzenbewertung sei der Zweck der App. Ein Verfahren, um konkrete Produkte in die bestehenden Risikoklassen von Medizinprodukten einzuordnen sei zwar noch zu definieren, aber schon jetzt sei klar, dass manche Anwendungen, wie zum Beispiel ein ICD-Diagnose-Finder, keiner Bewertung bedürfen. Andere hingegen sollten anhand von patientenrelevanten Endpunkten, der Effektstärke und der klinischen Relevanz, im geeigneten Vergleich untersucht und bewertet werden. Als Beispiel für Apps, bei denen eine Bewertung als notwendig erachtet wird, werden Anwendungen zu Fragen von Therapie, Therapieentscheidungen, Überwachung und Selbstmanagement genannt. Grundsätzlich, so das Fazit, sollten bei der Bewertung des Nutzens von Gesundheits- und Medizin-Apps dieselben Maßstäbe angelegt werden wie bei anderen medizinischen Interventionen. Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis und biomedizinischer seien streng einzuhalten, um eine zuverlässige und valide Datenbasis zu schaffen.
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