Weihnachtsbäckerei aus pharmazeutischer Sicht (Teil 3)

Weihnachtsgebäck versüßen – ohne Zucker

Stuttgart - 06.12.2018, 10:15 Uhr

Weihnachtsgebäck ohne Zucker? In der DAZ wird erklärt, wie das aus pharmazeutischer Sicht möglich ist. (Foto: Imago)

Weihnachtsgebäck ohne Zucker? In der DAZ wird erklärt, wie das aus pharmazeutischer Sicht möglich ist. (Foto: Imago)


Blütenwässer

Mit Rosenwasser (Aqua rosae) und Orangenblütenwasser (Aqua florum aurantii) werden vor allem im orientalischen Kulturraum Süßspeisen wie Marzipan oder Gebäck veredelt. Auch einige alkoholfreie Getränke und Cocktails erhalten mit den ätherischen Wässern ihre besondere Note. Sie können Bestandteil von Kosmetika sein oder unverarbeitet als klärende und beruhigende Gesichtswässer dienen. Rosenwasser ist ein beliebter geruchskorrigierender Hilfsstoff in Rezepturen für Cold Creams und Kühlsalben. In der Aromatherapie wird ihnen eine harmonisierende, erotisierende und stabilisierende Wirkung nachgesagt.


„Brauchen wir nicht Schokolade, Zucker, Honig und Succade und ein bisschen Zimt? Das stimmt!“

Aus dem Lied: „In der Weihnachtsbäckerei“(Autor: Rolf Zuckowski)


Als Nebenprodukte der Wasserdampfdestillation – sie sind gewissermaßen das „Kondenswasser“ – enthalten sie die wasserlöslichen Verbindungen der Pflanzenteile sowie Spuren des ätherischen Öls. Diese sogenannten Hydrolate sind sehr anfällig gegenüber Verkeimung und werden daher oft mit Alkohol oder Konservierungsmitteln versetzt. Auch kann das ätherische Öl erst nachträglich zugefügt sein, oder es werden ausschließlich künstliche Aromastoffe mit Wasser verdünnt. So findet sich im DAB 6 von 1926 eine Vorschrift für Aqua rosae, in der lediglich Rosenöl mit Aqua conservata vermischt wird. Dieses Verfahren wird auch heutzutage von namhaften Herstellern durchgeführt.

Safran macht den Kuchen gehl

Das kostbarste und sagenumwobenste Gewürz aller Zeiten hat passenderweise die Eigenschaft, jegliche Speisen, in denen es verwendet wird, auffallend goldgelb (veraltet: gehl) einzufärben. Aus den drei Narbenästen der violetten Blüten von Crocus sativus wird mit mühevoller Handarbeit Safran gewonnen. Seine Ernte kann nur in ganz wenigen Herbst­wochen erfolgen, und die tägliche Ausbeute liegt deutlich unter 100 Gramm je Pflücker – und für ein Gramm werden mehr als 160 Safranfäden benötigt.

Anbaugebiete finden sich hauptsächlich in Vorderasien (Iran, Afghanistan, Kaschmir), ferner im Mittelmeerraum (v. a. Südspanien) und sogar in den Alpen. Vermutlich kamen die meisten Völker des Altertums mit den roten Fäden in Kontakt: Zeus soll sich auf Safran gebettet haben, römische Kaiser mischten ihn ins Badewasser, und von den Phöniziern bis hin zu den mittelalterlichen Gelehrten wurde Safran zur Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen, Atemwegs­beschwerden oder gynäkologischen Leiden ein­gesetzt.

Abgesehen von seiner mythologischen und kultischen Bedeutung, existiert ein interessanter Zusammenhang zwischen Safran und zentralnervösen (Neben-)Wirkungen, die von euphorisierend, stimmungsaufhellend bis zu berauschend reichen. Dies ist wohl ein entscheidender Grund, weshalb Safran in elitären Kreisen gern überdosiert und mit alkoho­lischen Getränken eingenommen wurde. Die psychoaktive Komponente im Safran ist gleichzeitig sein Farbstoff: ein Gemisch wasserlöslicher, rotorange gefärbter Crocine, die von Carotinoiden abstammen; sie bestehen aus dem Diterpen-Grundkörper Crocetin, der mit ein bis zwei Zucker­bausteinen (Glucose oder Gentiobiose) verestert ist. Aus pharmakokinetischen Studien ist bekannt, dass Crocine gewissermaßen als Prodrugs fungieren, indem sie nach ihrer Hydrolyse das Aglykon Crocetin freigeben. Dieses ist im Plasma verfügbar und überwindet nachweislich die Blut-Hirn-Schranke. In Rezeptorbindungsstudien bzw. klinischen Tests konnte gezeigt werden, dass Crocetin eine antagonistische Wirkung am NMDA-Rezeptor besitzt und dass es ähnlich anti­depressiv wirkt wie Fluoxetin oder Imipramin.

Lussekatter – mit Safran gegen den Teufel

Am 13. Dezember feiern die Schweden den Tag der heiligen Lucia (Name von lat. lux = Licht), der bis zur Einführung des Gregorianischen Kalenders (1752) als kürzester Tag des Jahres galt. Mädchen in langen weißen Gewändern und mit Kerzenkronen auf dem Kopf ziehen dann umher, singen Lucialieder und reichen ihren Familienmitgliedern „Lussekatter“ (d. h. Luciakatzen), ein traditionelles Hefe-Safran-Gebäck.

Der Legende nach soll der Teufel sich als Katze verkleidet und böse Kinder geschlagen haben, Jesus dagegen verteilte süße Brötchen an die braven Kinder. Um den lichtscheuen Teufel abzuwehren, werden die Lussekatter mit Safran leuchtend gelb eingefärbt.

Zutaten:

50 g Butter; 150 ml Milch; 25 g Hefe; 350 g Mehl; 50 g Zucker;

1 Ei; 1 g Safran; 1 Eigelb; 1 Prise Salz; Rosinen

Zubereitung:

Die Hefe in der warmen Milch auflösen und zermörserte Safranfäden einrühren. Das Mehl mit der Hefemilch, Zucker und Salz verrühren. Ei und Butterflocken hinzugeben, gut durchkneten und ca. 1 Stunde zugedeckt gehen lassen. Teig zu mehreren fingerdicken Strängen ausrollen und als „S“ formen. Eigelb mit Wasser verquirlen und die Lussekatter damit einpinseln, an den Enden je eine Rosine (oder 2 – 3) eindrücken. Bei 200 – 225 °C ca. 10 min backen.

Doch ob Safranextrakt oder einzelne Inhaltsstoffe einmal als Arzneimittel verfügbar sein werden, bleibt abzuwarten: Pharmazeutische Hersteller weisen darauf hin, dass die Entwicklung am fehlenden Patentschutz scheitern könnte. Nachteilig sind ferner die hohen Rohstoffkosten und die Tatsache, dass die Anbaugebiete überwiegend in politischen Krisenregionen liegen.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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1 Kommentar

Kandieren ohne Zucker?

von Reinhild Berger am 06.12.2018 um 21:19 Uhr

Ich kann nicht erkennen, welches der genannten Gewürze den Zucker ersetzt, wie die Bildunterschrift es suggeriert? Kandierte Früchte sind doch mit einer Zuckerlösung behandelt.

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