Vereinheitlichung für Europa

Novaminsulfon: Empfehlungen zur Dosis und zur Anwendung in der Schwangerschaft

Stuttgart - 17.12.2018, 14:05 Uhr

Die Beipackzettel für novaminsulfonhaltige Arzneimittel sollen europaweit angepasst werden. ( r / Foto: imago)

Die Beipackzettel für novaminsulfonhaltige Arzneimittel sollen europaweit angepasst werden. ( r / Foto: imago)


Die Tageshöchstdosen für novaminsulfonhaltige Arzneimittel sollen europaweit vereinheitlicht werden, ebenso wie die Empfehlungen zur Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit. Das empfiehlt die EMA infolge eines Reviews zum Analgetikum, der im Mai auf Initiative von Polen gestartet worden war.

Offensichtlich gibt es innerhalb der EU Unterschiede in den Packungsbeilagen novaminsulfonhaltiger Arzneimittel. Unter anderem sind die empfohlenen Dosierungen inkonsistent. Das Mitgliedsland Polen hat sich daran gestört und die EMA aufgefordert, die Sache zu prüfen. Das Ergebnis des Reviews liegt nun vor. Der Humanarzneimittelausschuss CHMP hat es bei seinem Dezember-Meeting vergangene Woche veröffentlicht. Demnach soll die zugelassene orale Dosis Novaminsulfon, auch bekannt als Metamizol, künftig 1.000 mg bis zu viermal täglich nicht überschreiten. Daraus ergibt sich eine Tageshöchstdosis von 4.000 mg. Diese Empfehlung gilt ab einem Alter von 15 Jahren. Zudem solle die Behandlung mit der niedrigsten empfohlenen Dosis begonnen und dann gegebenenfalls gesteigert werden. Wird Novaminsulfon parenteral verabreicht, rät die EMA zu einer maximalen Dosis von 5.000 mg am Tag. Bei jüngeren Patienten ist die Dosis am Körpergewicht zu orientieren. Einige Präparate könnten in dieser Altersgruppe aufgrund der enthaltenen Wirkstoffmenge ungeeignet sein.

Mehr zum Thema

Erfolgreiches Arzt-Apotheker-Symposium

Gemeinsam für eine sichere Schmerztherapie

uneinheitliche Dosierungen

EMA nimmt Metamizol unter die Lupe

Neben der Dosierung ging es bei dem Review zudem um den Einsatz des Arzneimittels in Schwangerschaft und Stillzeit. Denn auch hier wird das in verschiedenen Ländern unterschiedlich gehandhabt. Dazu schreibt die EMA, obwohl Novaminsulfon seit fast 100 Jahren auf dem Markt sei, gebe es kaum Evidenz dazu. So habe man wenig gefunden, was darauf hindeutet, dass eine Anwendung in der Frühschwangerschaft problematisch sei. Somit seien Einzelgaben in den ersten sechs Monaten akzeptabel, wenn andere Schmerzmittel nicht eingenommen werden können. Es gäbe jedoch Hinweise darauf, schreibt die EMA weiter, dass Novaminsulfon im letzten Trimenon Auswirkungen auf die Niere und die Durchblutung des Kindes haben könnte. Daher sollte der Wirkstoff im letzten Drittel der Schwangerschaft nicht mehr zum Einsatz kommen. Zudem rät die EMA vorsichtshalber von der Anwendung in der Stillzeit ab. Der Säugling könnte beim Stillen im Verhältnis zum Körpergewicht zu viel Novaminsulfon abbekommen.

Trotz Warnung steigende Zahlen

Novaminuslfon ist in zahlreichen europäischen Ländern gegen Schmerzen und Fieber, das mit anderen Mitteln nicht gesenkt werden kann, auf dem Markt. Wegen einer zwar sehr seltenen, aber gefürchteten Nebenwirkung – der Agranulozytose – gerät es immer wieder in den Fokus. So wies zum Beispiel vor etwas mehr als einem Jahr die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) erneut auf das Risiko hin und empfahl, das Schmerzmittel nur in den zugelassenen Indikationen zu verordnen sowie bei längerdauernder Behandlung mit Novaminsulfon regelmäßig das Blutbild zu kontrollieren. Laut Arzneiverordnungsreport steigt die Zahl der Metamizol-Verordnungen seit zehn Jahren kontinuierlich an, trotz regelmäßiger Warnungen vor Agranulozytose. Bereits in in den 1970er-Jahren wurde Metamizol deswegen in vielen Ländern vom Markt genommen (zum Beispiel USA, Australien, Japan sowie in einigen Ländern der Europäischen Union).

Mehr zum Thema

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Warnung vor Agranulozytose durch Metamizol

Aktuelle Anmerkungen zum Agranulozytose-Risiko

Wie gefährlich ist Metamizol?

Die Vorschläge des CHMP werden nun der EU-Kommission vorgelegt, deren Entscheidung dann für alle Mitgliedstaaten, in denen der Wirkstoff auf dem Markt ist, bindend ist.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.