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10. Januar 2019
Der auf der Titelseite mit „Apotheke 4.0“ angekündigte und mit „Risiken und Nebenwirkungen“ überschriebene Artikel der FAZ lässt einen ratlos zurück. Was will er dem FAZ-Leser sagen? Will er auf die derzeitige Lage der Vor-Ort-Apotheke im Konkurrenzkampf mit den ausländischen Versendern, hier DocMorris, aufmerksam machen? Auf das erhoffte Rx-Versandverbot und das unsägliche Spahn-Angebot? Oder ist er einfach nur Stimmungsmache. Wohl beides, mein liebes Tagebuch, wobei die Stimmungsmache fast überwiegt. Denn die Vor-Ort-Apotheke wird in Form von Friedemann Schmidts Seume-Apotheke in Leipzig exemplarisch dargestellt. Und mit Verlaub, die Seume-Apo lässt sich eher zu den traditionellen Apotheken rechnen und weniger zu den fortschrittsgerichteten 4.0-Apos: Gediegene Holzregale, darunter ein paar Schubladen sind da auf dem FAZ-Foto zu sehen, brav eingeräumte Regalböden mit OTCs und braunen Standgefäßen, die an alte Apothekenzeiten erinnern. Dazu eine Handklingel (!) auf dem Tisch, falls der Kunde wohl mal alleine in der Offizin steht und nach einer Bedienung klingeln muss. Der Artikel erwähnt zwar, das es auch Apotheken mit Flachbildschirmen „und anderem modernen Zeug“ gibt, aber nicht bei Schmidts. Denn dieser Apotheker sei da wohl weniger mit der Zeit gegangen, meint die FAZ. Bei Schmidts spuckt kein Automat die Medikamente in einen Korb, der Apotheker zieht lieber „eine dieser endlos langen Schubladen aus der Wand“, um die Arznei zu holen. Und dann zeigt die FAZ die andere Seite: DocMorris, der Hightech-Logistiker, der wächst und wächst und schon wieder eine neue Lagerhalle im Industriepark Heerlen an der niederländischen Grenze zu Deutschland baut. Eingebettet sind die Stimmungsbilder in den Rx-Versandhandelskonflikt. Zitiert wird Max Müller von DocMorris, der sich zwar am Spahn-Kompromiss des 2,50-Euro-Boni-Deckels stört, aber damit leben könne. Mein liebes Tagebuch, klar, dass er das so formulieren muss, allzu viel Jubel über dieses Geschenk könnte ein G’schmäckle haben – das die FAZ nicht verschweigt: Sie verweist auf die Bekanntschaft zwischen Spahn und Müller und die von den beiden gemeinsam gegründete Lobbyagentur Politas. Der FAZ-Artikel lässt Apotheker Friedemann Schmidt erklären, warum die Vor-Ort-Apotheken niemals mit den Versendern konkurrieren können (weil sie sich die Rabatte nicht leisten könnten), und ein Wettbewerb „komplett unrealistisch“ sei. Deswegen: Rx-Versandverbot. Der FAZ-Artikel endet mit der unruhigen Stimmung unter den Berufspolitikern der Apotheker: Wie sollen wir mit dem Spahn-Paket umgehen? Ablehnen oder doch annehmen? Plan A oder lieber Plan B? Mein liebes Tagebuch, und nun? Ob sich Schmidt, ob sich die ABDA mit der Zustimmung zu diesem Artikel einen Gefallen getan haben? Was beim Leser draußen hängenbleibt, ist auf der einen Seite der traditionelle Vintage-Apotheker vor seinen dunklen Holzregalen, dort die hyper-coole und auf Wachstumskurs segelnde Versandapo. Was mag für die FAZ wohl die „Apotheke 4.0“ sein?
Es gibt Widerstand gegen das Spahn-Paket, massiven Widerstand, vor allem gegen die 2,50-Euro-Boni, die ausländische Versender auf Rx-Arzneimittel geben dürfen. Widerstand kommt insbesondere aus gesundheitspolitischen Kreisen, beispielsweise von den CDU-Politikern Volker Kauder, Karin Maag und Michael Hennrich (CDU, Baden-Württemberg) und Peter Strobel (CDU, Saarland). Widerstand formiert sich auch in den Reihen der Kammern und Verbände. Bis zum 9. Januar sollten alle ABDA-Mitgliedsorganisationen ihr Votum abgegeben haben, ob sie dem Spahn-Paket zustimmen oder es ablehnen. Als Entscheidungshilfe hatte die ABDA den Kammern und Verbänden eine Bewertungshilfe übermittelt, mit der sie die Maßnahmen des Pakets auf einer Skala von 1 (Ablehnung) bis 10 (Zustimmung) bewerten konnten. Das Ergebnis der Delegierten der Bayerischen Landesapothekerkammer: Sie lehnen den Spahn-Plan unter dem Strich ab, weil nicht zukunftsorientiert, rechtlich unsicher und eine Gefahr für die Gleichpreisigkeit. Widerstand kommt beispielsweise auch von der Landesapothekerkammer Hessen, die die Gleichpreisigkeit für „unverhandelbar“ hält, und aus dem Saarland von Kammer und Verband: Man wolle sich nicht kaufen lassen. Ähnlich die Apothekerkammer Rheinland-Pfalz. Für sie ist die Gleichpreisigkeit eine „conditio sine qua non“, also Boni, Rabatte und ähnliches für verschreibungspflichtige Arzneimittel kommt für diese Kammer nicht in Betracht.
Mein liebes Tagebuch, das wird ein heißes Ringen am 17. Januar. Denn das Spahn-Paket enthält natürlich einige sinnvolle und voll unterstützenswerte Punkte (z. B. Dienstleistungshonorare oder eine Erhöhung des Notdienstfonds und der BtM-Gebühr). Aber die verdammten Rx-Boni, an deren Ende dann die Aufgabe der Gleichpreisigkeit steht, zerschlagen alles.
30 Kommentare
Innehalten
von Reinhard Rodiger am 15.01.2019 um 4:22 Uhr
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Plan D
von Wolfgang Müller am 14.01.2019 um 10:38 Uhr
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AW: Plan D
von Peter am 14.01.2019 um 12:37 Uhr
AW: Plan D
von Wolfgang Müller am 14.01.2019 um 13:27 Uhr
AW: Plan D
von Peter am 14.01.2019 um 15:14 Uhr
klingelikling klingelikling!
von Christian Giese am 14.01.2019 um 9:55 Uhr
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Zukunft
von Reinhard Rodiger am 13.01.2019 um 19:41 Uhr
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Was passiert, wenn....
von Apotheker08 am 13.01.2019 um 14:48 Uhr
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AW: Was passiert wenn, ... oder ... Aus der Glaskugel geplaudert
von Bernd Jas am 13.01.2019 um 15:27 Uhr
AW: Was passiert, wenn
von Anita Peter am 13.01.2019 um 17:43 Uhr
Plan C ...
von Reinhard Herzog am 13.01.2019 um 13:33 Uhr
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AW: Plan C
von Anita Peter am 13.01.2019 um 14:00 Uhr
AW: Plan C
von Rolf Wolf am 13.01.2019 um 14:35 Uhr
AW: AW: Anita Peter ...
von Reinhard Herzog am 13.01.2019 um 14:36 Uhr
AW: Plan C
von Wolfgang Müller am 13.01.2019 um 15:48 Uhr
Spahn
von Karl Friedrich Müller am 13.01.2019 um 13:21 Uhr
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Geld verdienen auf Kosten der Solidargemeinschaft
von Dr. Radman am 13.01.2019 um 12:33 Uhr
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AW: Geld verdienen auf Kosten der
von Conny am 13.01.2019 um 13:10 Uhr
AW: Geld verdienen auf Kosten der
von Dr. Radman am 13.01.2019 um 13:50 Uhr
Zuviel Nebel
von Reinhard Rodiger am 13.01.2019 um 11:44 Uhr
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Vorgehen
von Dr.Diefenbach am 13.01.2019 um 10:53 Uhr
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AW: Vorgehen
von Heiko Barz am 14.01.2019 um 11:57 Uhr
Marktversagen ?
von Christian Giese am 13.01.2019 um 10:15 Uhr
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Schmidt
von Conny am 13.01.2019 um 9:07 Uhr
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Boni
von Anita Peter am 13.01.2019 um 9:01 Uhr
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AW: Notwendige Klarstellungen für Politik und Bevölkerung
von Wolfgang Müller am 13.01.2019 um 11:14 Uhr
Kundenklingel im Strukturwandel
von Ulrich Ströh am 13.01.2019 um 8:56 Uhr
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AW: Kundenklingel im Strukturwandel
von Wolfgang Müller am 13.01.2019 um 11:17 Uhr
AW: Kundenklingel im Strukturwandel
von Ulrich Ströh am 13.01.2019 um 12:16 Uhr
Käuflichkeit
von Michael Zeimke am 13.01.2019 um 8:46 Uhr
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