Pharmacon Schladming

Herzinfarkt: Nach einem Jahr die Medikation überprüfen

Schladming - 23.01.2019, 17:00 Uhr

Priv.-Doz. Dr.
Klaus Bonaventura erläuterte in Schladming die Therapie des akuten Myokardinfarkts. ( r / Foto: cst)

Priv.-Doz. Dr. Klaus Bonaventura erläuterte in Schladming die Therapie des akuten Myokardinfarkts. ( r / Foto: cst)


Direkt nach einem akuten Koronarsyndrom bekommen Patienten einen regelrechten Arzneimittelcocktail verordnet. Manches davon muss auch tatsächlich lebenslang eingenommen werden, zum Beispiel ASS, anderes hingegen nicht. Ein Teil wird bis zu 12 Monate nach dem Ereignis gegeben und kann dann unter Umständen abgesetzt werden. Tut sich nichts, sollte die Apotheke zumindest einmal nachhaken.

Der Pharmacon in Schladming steht in diesem Winter unter dem Motto „Pharmakotherapie kardiovaskulärer Erkrankungen“. Am Mittwochmorgen ging es um Akuttherapie und Sekundärprävention des Myokardinfarkts. Neben der Akuttherapie ist die medikamentöse Behandlung nach einem überstandenen Ereignis von herausragender Bedeutung für Symptomatik und Prognose der Patienten. Doch wie sieht diese medikamentöse Behandlung aus? 

Priv.-Doz. Dr. Klaus Bonaventura vom Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam benannte in seinem Vortrag die „Big 5“, die Patienten nach einem Myokardinfarkt erhalten sollen. Die da wären:

„Big 5“ nach einem Myokardinfarkt

1. ASS: 70 bis 100 mg pro Tag, bei ASS-Unverträglichkeit Clopidogrel

2. Thrombozytenaggregationshemmer: Prasugrel, Ticagrelor oder Clopidogrel 

3. ein kardioselektiver Betablocker: zum Beispiel Bisoprolol, Metoprolol oder Nebivolol; vor allem, wenn die Ejektionsfraktion unter 40 Prozent liegt, also eine Herzinsuffizienz besteht

4. Lipidsenker: primär Statine, wenn Zielwerte nicht erreicht werden, kann erst zusätzlich mit Ezetrol oder später mit PCSK9-Inhibitoren behandelt werden

5. ACE-Hemmer oder Sartane: wenn die Ejektionsfraktion unter 35 Prozent liegt und die Patienten symptomatisch sind, werden zusätzlich Aldosteronantagonisten empfohlen

Allgemein ist laut Bonaventura anzustreben, dass die Wirkstoffe jeweils in der höchsten tolerierten Dosis gegeben werden.

Statine und ASS ein Leben lang

Viele Patienten klagten jedoch oft über die vielen Arzneimittel, berichtete der Mediziner. In den ersten zwölf Monaten nach dem Ereignis ließe sich das aber nicht vermeiden. Nach zwölf Monaten hingegen sollte das Ganze aber hinterfragt werden. Keine Diskussion gebe es bei ASS und der lipidsenkenden Therapie. Diese beiden müssten, so Bonaventura, lebenslang eingenommen werden. Ob Betablocker, ACE-Hemmer und der Aldosteronantagonist weiter verordnet werden müssen, hänge von den bestehenden Komorbiditäten ab, zum Beispiel davon ob der Patient Bluthochdruck hat. Was nach 12 Monaten in jedem Fall überprüft werden solle, ist die Notwendigkeit der dualen Plättchenhemmung, also die Gabe des Thrombozytenaggregationshemmers, zusätzlich zum ASS. 

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Hier gelte es, Nutzen und Risiko individuell gegeneinander abzuwägen, erklärt der Kardiologe. Und zwar die geringere Wahrscheinlichkeit eines weiteren ischämischen Ereignisses unter doppelter Plättchenhemmung gegen das erhöhte Blutungsrisiko. Der sogenannte DAPT-Score – Kardiologen „lieben“ laut Bonaventura Scores – könne helfen, eine Entscheidung zu treffen, wer eine verlängerte duale thrombozytenaggregationshemmende Therapie erhalten soll. Entscheidet man sich dafür, sei neuesten Daten zufolge zu diesem Zeitpunkt auch die Gabe von zweimal 2,5 mg Rivaroxaban statt eines P2Y12-Antagonisten möglich.

Nach 12 Monaten sollte die Apotheke nachfragen

Somit sollte die Apotheke bei Patienten mit bekannten Myokardinfarkten zumindest einmal nach 12 Monaten beim Patienten nachfragen, ob die Medikation überprüft wurde und gegebenenfalls beim Arzt nachhaken. Bonaventura wies auch darauf hin, dass man in der Apotheke bei Unklarheiten bei der Medikation, den Patienten nach dem Implantatausweis fragen soll – in der Akutbehandlung zur Reperfusion kommen meist Stents oder Ähnliches zum Einsatz und diese gelten als Implantate. In dem Ausweis müssen, so Bonaventura, der eingesetzte Stent und die Medikation vermerkt sein. Bei Fragen und Unklarheiten dazu solle man sich am besten an den Operateur wenden, der den Stent eingesetzt hat. Die meisten Komplikationen in der Therapie resultierten nämliche aus mangelnder Absprache, erklärt der Kardiologe.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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