Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

27.01.2019, 08:00 Uhr

Welche honorierten Dienstleistungen sollen wir denn bitte anbieten dürfen? Da wird's noch Diskussionen geben. (Foto: Andi Dalferth)

Welche honorierten Dienstleistungen sollen wir denn bitte anbieten dürfen? Da wird's noch Diskussionen geben. (Foto: Andi Dalferth)


25. Januar 2019

Na, mein liebes Tagebuch, das soll wieder ein echter „spritziger“ berufspolitischer Diskussionsnachmittag gewesen sein auf dem Pharmacon in Schladming: epische Einführungen, braves Abarbeiten vorher eingereichter Fragen, formvollendete Lethargie – kurz: alles bloß keine echten Diskussionen und kein Meinungsaustausch. Gähn, so isses halt bei solchen Kuschelrunden auf den Pharmacons. Dabei hätte es angesichts des Spahn- und ABDA-Pakets Themen en masse gegeben, die man durchaus kontrovers hätte diskutieren können. Aber unser Trio Infernale (Schmidt-Kiefer-Becker), „gebändigt“ gleich von zwei Moderatoren (Funke-Engel), liebt vermutlich diese Art der „Aussprachen“. Und was kam unterm Strich heraus? Nichts, was man nicht schon wüsste. Also: Traurig, traurig sei alles, man habe schweren Herzens die Forderung nach einem Rx-Versandverbot aufgeben müssen, da aussichtslos. Aber weiterhin Gleichpreisigkeit über alles. Und wenig Hoffnung auf eine Dynamisierung des Honorars. Dafür heißt das neue Ziel: Vergütung apothekerlicher Dienstleistungen. So, das war’s dann. Alle Schladminger Fortbildungspharmazeuten, die statt dämmrig-warmer Politrunden beizuwohnen eine erfrischende Runde in knackig-kalter Luft gedreht haben, waren besser bedient.   


Spahn will es, die ABDA sowieso, in beiden Papieren steht’s: Apotheker sollen in Zukunft ihren Patienten Dienstleistungen anbieten können, die mit den Kassen abgerechnet werden. 240 Mio. Euro sind dafür bereits im Spahnschen Eckpunktepapier eingepreist. Aber um welche Dienstleistungen soll’s da gehen? Nichts Genaues weiß man nicht, nur allmählich sickern die Vorstellungen darüber durch. Laut Spahn-Papier heißt es dazu rudimentär: Medikationsanalyse, AMTS, Prävention, Erfassung definierter Gesundheitsparameter. Laut Schmidt sitzt die ABDA bereits an einer Definition solcher Dienstleistungen. Das Impfen in der Apotheke steht definitiv nicht in diesem Katalog, aber wohl die Folgeverordnungen, also Wiederholungsrezepte, ausgestellt vom Apotheker. Fritz Becker, Chef des Apothekerverbands, meinte dazu, Spahn sei gegen diesen Vorschlag nicht abgeneigt. Aber werden die Ärzte aufheulen, wenn sie das hören? Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, beschwichtigt: Das ist ein lösbares Problem. Sein Wort in Gottes und der Ärzte Ohr, mein liebes Tagebuch. Und er meinte noch, honorierte Dienstleistungen könnten nur eine zusätzliche Einkommensquelle sein. Die an die Stückzahl der abgegebenen Packungen geknüpfte Honorierung bleibt unsere Haupteinnahmequelle. Also ganz einfach: Apotheker = mehr Schächtele, mehr Kohle.  


Er kämpft gegen den ganz Großen, gegen Amazon. Genauer gesagt: gegen Apotheker, die auf der Amazon-Plattform „Marketplace“ apothekenpflichtige Arzneimittel verkaufen. Der Münchner Apotheker Hermann Vogel klagt gegen diese Apotheker. Aber was ist da anders als bei einem ausländischen Versender? Für Vogel ist der Marketplace zum einen wie eine Freiwahl, bei der Arzneimittel im Rahmen der Selbstbedienung angeboten werden, und zum andern werden nach seiner Auffassung die geforderten Regelungen des Datenschutzes nicht eingehalten. Einen ersten Rechtsstreit gegen einen „Amazon-Apotheker“ hat er gewonnen, in einem weiteren Rechtsstreit hat das Gericht seine Klage abgewiesen. Doch Vogel will nicht aufgeben. Unterstützung von Kammern oder Verbänden erhält er nicht. Und Datenschutz- und Aufsichtsbehörden stellen sich taub und blind. Irgendwie seltsam, mein liebes Tagebuch, geht da eine Angst um, sich mit Amazon anzulegen? Vogel jedenfalls zeigt sich unerschrocken, er will weiter kämpfen, wenn nötig durch alle Instanzen. Was ihn antreibt: In Amazon sieht er eine weit aus größerer Gefahr als in den ausländischen Versendern: „Kein Apotheker vor Ort kann gegen Amazon konkurrieren“, meint Vogel, und „Amazon ist für DocMorris auch keine Konkurrenz, sondern die Existenzbedrohung“.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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9 Kommentare

Das eigentliche Problem...

von Dr. Radman am 28.01.2019 um 10:44 Uhr

Das eigentliche Problem, dass wir nicht genug auf das Apothekensterben Vor-Ort hinweisen und wie problematisch da ist, wenn ein Kind plötzlich krank wird. Stattdessen fordern wir ständig Honorarerhöhung. Auch wenn das berechtigt ist, kommt dies bei der Bevölkerung nicht gut an. Daher ist die Unterstützung seitens der Bevölkerung nur mäßig.

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honorierte Dienstleistungen

von Kleiner Apotheker am 28.01.2019 um 10:21 Uhr

warum sollten die Krankenkassen nicht eigene Dienstleister gründen um das Honorar sebst zu kassieren? Das wäre dann linke Tasche raus und rechte Tasche wieder rein.

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Eine Seefahrt, die ist lustig ...

von Reinhard Herzog am 27.01.2019 um 13:51 Uhr

... und so schaut es bei uns aus wie auf einem Luxusdampfer, wo die Offiziere nach einem Knall im Maschinenraum ohne Schadensbegutachtung ihre Passagiere einfach mal in die Rettungsboote aussetzen. Ohne Ufer in Sichtweite und ohne ausreichende Plätze ...

Wie ich schon einmal schrieb:
Wohlstandssaturiertheit trifft auf Inkompetenz.

Wahrscheinlich muss der Kahn erst wirklich leckschlagen, bevor dann alle möglichen "Retter" wirken dürfen und die blanke Panik auch den Letzten aus seiner "Komfortzone" treibt ...

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Schmidt

von Conny am 27.01.2019 um 13:15 Uhr

Er ist ein Versager. Ich sehe darin keine Beleidigung sondern einen Fakt. Warum dann eine Löschung ?

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Welchen Gegner hätten´s denn gern?

von Bernd Jas am 27.01.2019 um 12:46 Uhr

Schönen guten Morgen Herr Ditzel,

hören´se mal, wo Sie grad´ sagen, der Herr Spahn hätte, kumpelhaft die Schulter klopfend gesagt:

„Und die Apotheken seien angesichts der tollen Beratung, die sie bieten, doch unschlagbar und sollten keine Angst vor den Versendern haben.“

Das hört sich genauso herablassend an, wie wenn die obere Landesumweltschutzbehörde den Schäfer auf der Heide beschwört:

„Ihre Schafe seien angesichts des vielen Grases was sie fressen, keine wirklich schmackhafte Beute für den eingewanderten Wolf.“

Tja, der reißt dann halt nur, genauso wie die ausländischen Versender. Mit Hilfe der Krankenkassen und ihren Rabattverträgen, mit Hilfe der Europa-Grünen (-hinter den Ohren) und ihrer DSG-VO, mit Hilfe der deutschen schräglagen Steuergesetzgebung und Ihrer (unter anderem 19% MwSt) auf Medikamente, mit Hilfe von PHAGRO und ihrer Klagen zur Begrenzung der Skonti, mit Hilfe des EU-Gerichtshofs und ihrer Gestattung von Boni für die ausländischen Versender, mit Hilfe der ABDA, die uns mit APOBetr.Verordnungen nicht nach links, rechts, hinten und vor allem nicht nach oben und vorne schauend fleißig am Grasen hält, mit Hilfe der Pharmaindustrie und ihrem Securpharm, die unter dem Deckmantel der Arzeimittelsicherheit versuchen auf allen irrsinnigen Wegen an unsere Abverkaufszahlen zu kommen (man sollte hier mal eine Statistik über den Bedarf an IMS-Statistiken in der Zukunft führen) und nicht zuletzt mit Hilfe der kalten Progression, die uns langsam, aber so sicher wie das Leben tödlich ist ausbluten lässt, wenn wir nur alle zehn Jahre mit einem Hämostyptikum von 25 Cent zwangsernährt werden.

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Sündenfall

von Reinhard Rodiger am 27.01.2019 um 12:04 Uhr

Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen:

" Laut Schmidt sitzt die ABDA bereits an einer Definition solcher Dienstleistungen. "

Ohne detaillierte Vorarbeit in Verhandlungen zu gehen ist fahrlässig und fordert die erkenntlich zu geringe Dimension heraus.So macht wird es der Politik einfach gemacht, uns nicht ernst zu nehmen.Gleiches gilt für die vorschnelle Forderung nach der Autorisierung für Folgeverschreibungen. Wie beim Impfen steht dem ein unberechenbarer Krieg im Wege. Dass Spahn das gut findet ist klar - wie bei seinem Vorschlag geht es um einen Fehdehandschuh.Wenn es darum ginge, die zugestandene Entscheidungskompetenz zu erhöhen, dann muss das direkt formuliert werden. Verantwortliches Handeln erfordert das. Aber der Minimierung der Handlungsspielräume wird einfach nur zugesehen- zur Freude der Politik.

Nur überzeugende, durchdachte und nachvollziehbar nützliche UND wirtschaftlich tragfähige Vorschläge führen weiter.Hier besteht eine riesige Lücke. Entscheidend jedoch ist, dass zugunsten unklarer und erst zu definierender Zusatzleistungen der Bereich der BASISFINANZIERUNG VÖLLIG AUSSEN VOR gelassen wurde.Es ist leicht zu sehen, dass die folgende Abwertung der Meisten Spahns Zustimmung findet. Wäre es anders, müsste er viel mehr anbieten. Doch da fehlt die Grundlage.

So wird im luftleeren Raum debattiert und nach wie vor auf das Heranziehen vorliegender Argumente aus Analysen/Gutachten verzichtet. Inhaltsleere, selbstlobende Veranstaltungen füllen das Vakuum nicht.

Fehlende Fundierung von Forderungen und gefährliches Anbiedern an ungeprüfte Imagetaten zu Lasten der Basisfinanzierung hat Schwächung ALLER zur Folge.
Hoffentlich ist das nicht nur meine Sicht. Die Konsequenzen liegen auf der Hand.

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Es entsteht langsam das Bild einer „Apotheker-Marionette“ ...

von Christian Timme am 27.01.2019 um 10:12 Uhr

Wechselnde „Spieler“ und immer kürzere und auch mal verknotete Fäden lassen die Glieder der „Apotheker“ in diesem Kasperletheater „erlahmen“ ...

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Reicht „unschlagbar“ gut zu sein...?

von Gunnar Müller, Detmold am 27.01.2019 um 9:52 Uhr

Nein. Denn die traditionellen („beratenden“) Apotheken vor Ort sind nach wie vor und weiterhin einer unfassbaren und vor allem: ungleich aufgestellten Konkurrenz politisch seit Jahren geduldet wehrlos ausgesetzt.

Und daran ändert auch das ABDA-Papier nix. Keine Strukturveränderung. Keine strukturierte Erhöhung der Packungspauschale. Keine nachvollziehbar regelmäßige Anpassung.

Und die Reaktion auf die seit Jahren bestehende (und auch hier: politisch geduldete!) Bevorzugung ausländischer Versender durch ungleiche Einkaufsvorteile?
Was nützt die Forderung eines Boni-Gebe-Verbotes im SGB? Es MUSS ein Verbot geben, dass derart ungleich agierende Partner an den Rahmenverträgen der KrankenKassen teilnehmen dürfen!

Ums noch einmal deutlich zu sagen:
Wer sich der inländischen deutschen Gesetzgebung nicht vollumfänglich unterwirft, der darf nicht länger an der Versorgung deutscher Patienten teilnehmen!

Und dass offenbar auch schon die ABDA inzwischen von einem Aufgeben der Forderung eines Rx-Versandverbotes redet - und derartigen Stimmen anderswo nicht sofort vehement widerspricht, schlägt dem Fass den Boden aus:
Können die denn nicht einmal ihr eigenes „Eckpunkte“-Papiere bis Punkt 4 lesen?!!
Wieso verkauft sich die Apothekerschaft derart unter Wert!

DIESE (!) ABDA braucht kein Mensch ...

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Diskussionen im Schnee

von Ulrich Ströh am 27.01.2019 um 8:58 Uhr

Zur aktuellen berufspolitischen „Diskussion“ in Schladming:

Lieber Herr Ditzel,es ändert sich nur etwas ,wenn es sich ändern muß !

Aber offensichtlich ist kein Bedarf bei uns.

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