Grünen-Vorsitzender

Robert Habeck will sich mit Amazon und DocMorris anlegen

Berlin - 12.02.2019, 07:00 Uhr

Einem Zeitungsbericht zufolge will Grünen-Parteichef Robert Habeck nicht akzeptieren, dass Internetkonzerne wie DocMorris gegenüber Vor-Ort-Händlern bevorteilt werden. (s / Foto: Imago)

Einem Zeitungsbericht zufolge will Grünen-Parteichef Robert Habeck nicht akzeptieren, dass Internetkonzerne wie DocMorris gegenüber Vor-Ort-Händlern bevorteilt werden. (s / Foto: Imago)


Die Grünen machen sich mit ihrer Apothekenpolitik nicht viele Freunde im Apothekerlager. Auf viele Probleme wollen zumindest die Gesundheitspolitiker der Grünen mit Deregulierung reagieren. Könnte sich das unter Robert Habeck ändern? In seiner jüngsten thematischen Ausrichtung richtet sich der Grünen-Chef ausdrücklich gegen die Macht der Großkonzerne. Kürzlich soll sich Habeck auch ausdrücklich über die Ungleichbehandlung von Vor-Ort-Apotheken gegenüber EU-Versendern beschwert haben. Schaut man sich Habecks Biografie an, ist das auch nicht überraschend.

Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes, Stärkung des Versandhandels, Abschaffung der Rx-Preisbindung, Umsetzung des 2HM-Honorargutachtens – die Apothekenpolitik der Grünen hat in den vergangenen Jahren nicht gerade für Begeisterung im Apothekerlager gesorgt. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung haben die Gesundheitspolitiker der Grünen die derzeitigen Regelungen im Apothekenmarkt ins Visier genommen: Die Arzneimittelexpertin der Partei, Kordula Schulz-Asche, kämpft seitdem für eine Höchstpreisverordnung und eine Umstellung des Apothekenhonorars auf Basis des 2HM-Gutachtens.

Für die „große Politik“, also für die großen Wahlkampfthemen, ist der Apothekenmarkt oft zu komplex, zu verstritten – und für viele Politiker sicherlich auch zu unwichtig. Anders scheint das Robert Habeck zu sehen, Vorsitzender der Grünen. Habeck tourt derzeit durch TV-Shows und Politik-Veranstaltungen im ganzen Land und positioniert seine Partei für die Europa-Wahl im Frühling dieses Jahres. Eines von Habecks Lieblingsthemen ist auch für die Apotheker relevant: Der Grünen-Chef legt sich öffentlich mit großen Internetkonzernen an, es geht ihm um Machtmissbrauch, die Verwendung von Daten und die Steuer-Beiträge der Konzerne.

Schon im vergangenen Jahr forderte Habeck die Entflechtung großer Internetkonzerne, wie etwa Facebook, die ihre Macht durch Übernahmen anderer Dienste (z.B. WhatsApp) vergrößern. In einem Interview mit der „Welt“ forderte Habeck eine Anpassung des Kartellrechts, schließlich seien Daten „der Rohstoff des 21. Jahrhunderts“. Einen weiteren deutlichen Fingerzeig in diese Richtung gab Habeck in einem Interview mit dem Philosophen und Buch-Autoren Richard David Precht. Titel des Gesprächs: „Frisst der Kapitalismus die Demokratie?“. Dort ging es auch um die Strategie des Versand-Konzerns Amazon und was die Politik tun könnte, um zu vermeiden, dass Amazon die „Weltherrschaft im Einzelhandel“ übernimmt. Habecks Credo auch hier: Eine Entflechtung der Internetkonzerne plus eine striktere Besteuerung. Und: Die Politik müsse sicherstellen, dass „Mensch-zu-Mensch-Beziehungen“ bei zunehmender Digitalisierung erhalten bleiben. Habeck forderte in dem Interview zudem, dass man die „Gewinnmaximierung auf Kosten des Gemeinwohls“ verhindern müsse.

Habeck: Warum zahlt DocMorris keine Steuern?

Ähnliche Entwicklungen und Gefahren sieht Habeck offenbar auch im Apothekenmarkt. Denn auf einem Neujahrsempfang der Grünen im baden-württembergischen Sindelfingen soll der Parteichef in der vergangenen Woche auch erstmals öffentlich den niederländischen Versand-Konzern DocMorris kritisch beäugt haben. Einem Bericht der Sindelfinger/Böblinger Zeitung zufolge hat Habeck auch bei dieser Veranstaltung wieder über die Macht von Großkonzernen gesprochen. Konkret soll es um das Überleben kleinerer Buchhändler und ihre Bedeutung für den Fiskus gegangen sein, woraufhin der Grünen-Chef die Frage stellte: „Warum zahlt Amazon keine Steuern?“

Und bezogen auf den Apothekenmarkt soll Habeck laut SZ/BZ gesagt haben: „Auch der Apotheker zahlt Steuern in Deutschland und baut Rollrampen vor seine Apotheke. Warum zahlt DocMorris keine Steuern?“ Insgesamt soll sich Habeck bei der Veranstaltung darüber beschwert haben, dass die Politik derzeit „an die Großen nicht rangeht“, während die „Kleinen“ angepackt würden. Seine Forderung an die Parteikollegen daher: „Lasst uns uns mit den Großen anlegen!“

Habeck ist Apothekersohn

Die Grünen wollten sich auf Nachfrage von DAZ.online nicht zu diesen Berichten äußern. Jegliche inhaltliche Fragen zu Habecks Rede als auch Interview-Anfragen wurden von der Pressestelle ausgeschlagen.

Dass Habeck in Sachen Apothekenpolitik anders denken könnte als die Gesundheitspolitiker seiner Partei, dafür könnte es auch biografische Gründe geben: Schließlich wuchs der 49-jährige Grünen-Politiker als Apothekersohn auf. Seine Eltern betrieben eine Apotheke im schleswig-holsteinischen Ort Heikendorf. Habeck selbst beschreibt sein Elternhaus in Interviews als „bürgerlich-konservativ“.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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6 Kommentare

Es wird, vielleicht doch

von Wolfgang Müller am 13.02.2019 um 15:35 Uhr

Sorry, aber ganz ohne zu wissen, dass da sogar ein Bezug zu unserem Beruf ist, hatte ich als sehr früher Grünen-Wähler hier genau das prophezeit, als ich Robert Habeck erstmals genauer wahrgenommen hatte. Dass sich die bisherige Linie seiner Partei ÜBERHAUPT NICHT mit grün-alternativen Werten verträgt, und dass das neue Führungs-Team das eigentlich merken und gerade rücken dürfte/müsste/könnte. Und wir u. a. genau DESHALB uns um Himmels Willen NICHT mit einem unsäglichen FS/JS-Pakt zur Boni-Freigabe und "Honorierung weg von der Packung" vorzeitig resignierend ins eigene Knie schießen sollten.

Ehrlich, dass schreibe ich nicht, um zu krähen: "Seht her, ich habe Recht gehabt!" (bekanntlich wird einem nix so übel genommen, wie Recht gehabt zu haben), sondern um zu bewirken, dass diese erfreuliche, natürlich längst noch nicht sichere Wende weg von der bisher anscheinend dominierenden Grünen-Missgunst gegenüber Ärzten und Apothekern schlicht als logisch und glaubwürdig empfunden wird. Weil die Neuen eben wieder ANDERS sind, zum Glück. Und wir uns demgegenüber bitte schnell angemessen und NICHT misstrauisch/miesjodelnd/bedrängend positionieren sollten.

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Robert harbeck

von Erika siebert am 13.02.2019 um 13:49 Uhr

Ein Wolf im Schafsfell, berechnend und in jedem Falle mit Vorsicht zu genießen, es geht schließlich wieder um Wahlkampf

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Philosophie mit R.D.Precht

von Bernd Jas am 13.02.2019 um 9:39 Uhr

Wenn die Ergebnisse des Demokratiebestrebens der Grünen in Deutschland und den EU-Grenzen so entgleisen wie bei der DS-GVO mit seiner unsäglichen Zerstörung an Wirtschaftskraft, dann bitte gerne Kapitalismus. The smart winner takes it all. Vielleicht wird dann mal mehr das Denken begonnen wie Wirtschaft funktioniert.
Aber das verstehen unsere Brutto-Verwalter nicht deren Geld auf der Straße wächst. Und die Milch gibt es nur im Supermarkt.

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Amazon &CO

von pille62 am 12.02.2019 um 13:55 Uhr

........na da hat hat ja scheinbar jemand mal echt was kapiert.
Nur blöd, das er Sohn einen Apothekers ist,
das diskredetiert in für unserere Anliegen sowieso.
Sie wissen ja Klientel-Politik usw.

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AW: Amazon & CO

von Bernd Jas am 13.02.2019 um 9:49 Uhr

Vorsicht bei solchen Vorstößen, Grün bleibt grün, da hilft auch kein Apothekers Sohn.
Der Einfluß dieser "Demokratiebrettfahrer" gewinnt mehr und mehr. Siehe die letzten beiden Landtagswahlen.

Bitte NIIIIE vergessen woher die DS-GVO stammt und es geht jetzt wieder um die Europa-Wahl.

Richtig betiteln

von Albert Bonell am 12.02.2019 um 10:32 Uhr

Könnten Sie bitte aufhören, Frau Schulz-Asche als -Expertin zu bezeichnen und sie richtiger als -Politikerin betiteln, egal ob Gesundheits- oder Arzneimittel-
Sie hat oft genug Äußerungen getätigt die sie eindeutig dem letzteren der beiden Lager zuordnen. Wiederholung des falschen Titels ändert daran auch nix.

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