- DAZ.online
- News
- Politik
- EU-Parlament will ...
Resolution
EU-Parlament will Cannabismedizin fördern und „vergisst“ die Blüten
Mehr Forschung und Abbau kultureller Barrieren in der Cannabismedizin – dies und mehr fordert das EU-Parlament in einer Resolution, die am gestrigen Mittwoch in Straßburg verabschiedet wurde. Außerdem wollen die Abgeordneten von der EU-Kommission eine klare Definition des Begriffs „Cannabismedizin“. Die Präferenz des Parlaments, was darunter zu verstehen ist, geht aus dem Resolutionstext bereits hervor.
Der Einsatz von Cannabis als Medizin in Europa ist ein Flickenteppich. Der langjährige Status der Pflanze als illegale Droge hatte die Forschung erschwert, Fachkreise fordern mehr Evidenz. Wissenschaftliche Debatten werden häufig emotional geführt.
Diese Baustellen sind inzwischen im EU-Parlament angekommen. Am gestrigen Mittwoch verabschiedeten die Abgeordneten in Straßburg eine Resolution, mit der die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert werden, die Nutzung und Erforschung von Cannabisarzneimitteln voranzutreiben.
Abgrenzung zur Freizeitanwendung
Darin werden die EU-Kommission und die nationalen Behörden dazu aufgefordert, eine Definition für den Begriff Cannabismedizin zu schaffen. Dabei solle zwischen Cannabisprodukten mit einer Arzneimittelzulassung und Cannabis, das nicht in klinischen Studien getestet wurde, unterschieden werden.
Außerdem soll die medizinische von der Freizeitanwendung differenziert werden. „Zu oft wird der Freizeitkonsum von Cannabis mit dem medizinischen Einsatz verwechselt“, erklärte Tiemo Wölken, SPD-Abgeordneter im EU-Parlament, nach der Abstimmung gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. „Patientinnen und Patienten, denen dieser Einsatz helfen kann, müssen legal und sicher versorgt werden können.“
Was ist Cannabismedizin?
Was bei der medizinischen Anwendung zu bevorzugen ist, dazu hat das EU-Parlament anscheinend bereits eine Meinung. So steht in der Resolution, dass seitens der Kommission sicherzustellen sei, „dass sicheres und kontrolliertes Cannabis, das für medizinische Zwecke eingesetzt wird, nur in Erzeugnissen auf Cannabis-Basis besteht, für die klinische Prüfungen durchgeführt wurden und eine Überprüfung und Zulassung durch die Regulierungsbehörden erfolgt ist.“
In Deutschland gibt es derzeit nur wenige zugelassene Fertigarzneimittel auf Cannabisbasis wie beispielsweise Sativex®. Cannabisblüten, die in der Versorgung derzeit eine größere Rolle spielen, sowie die Rezeptursubstanz Dronabinol haben dagegen keine Arzneimittelzulassung. Interessanterweise wird an einer anderen Stelle im Dokument auf die Vielfalt der in der Pflanze enthaltenen Cannabinoide und deren klinisches Potenzial hingewiesen. Hier ist anzumerken, dass Patienten von dem Inhaltsstoffspektrum vor allem dann in vollem Maße profitieren können, wenn sie die Blüten anwenden. Bei Präparaten, die auf Monosubstanzen beruhen, wie beispielsweise Dronabinol, wäre dies nicht der Fall.
Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen und Mitglied des Umwelt- und Gesundheitsausschusses im EU-Parlament hatte sich per Änderungsantrag dafür eingesetzt, dass mit der Resolution auch die Blüten gefördert werden, was allerdings nicht berücksichtigt wurde. „Ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass die medizinische Verwendung von Cannabis in Blütenform gleichberechtigt zu anderen Formen des medizinischen Cannabis gefördert wird“, erklärte Häusling am gestrigen Mittwoch in einer Mitteilung.
Barrieren abbauen
Des Weiteren will das EU-Parlament die Cannabis-Forschung fördern. Da Cannabismedizin ein weites Feld ist, soll die EU-Kommission Prioritäten bei den weiter zu untersuchenden Anwendungsgebieten vornehmen. Der Resolutionstext enthält zudem einen klaren Appell, das Potenzial der Cannabismedizin besser zu nutzen: „… fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die regulatorischen, finanziellen und kulturellen Hindernisse zu beseitigen, vor denen die wissenschaftliche Forschung zum Einsatz von Cannabis in der Medizin und die allgemeine Forschung im Bereich Cannabis steht.“
Dem Einsatz von Cannabis in der Praxis steht neben moralischen Vorbehalten häufig auch mangelndes Wissen und Erfahrung im Weg. Auch diese Hürde möchte das EU-Parlament beseitigen und fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, das medizinische Fachpersonal in der Anwendung von Cannabisarzneien auszubilden.
Therapiehoheit des Arztes
Weitere Punkte in der Resolution betreffen die Patientenversorgung in der Praxis. Hier ist im Hinblick um die aktuelle Debatte um den Genehmigungsvorbehalt durch die Kassen möglicherweise folgende Passage interessant, in der die Therapiehoheit des Arztes hervorgehoben wird: „… fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, es völlig dem professionellen Ermessen der Ärzte zu überlassen, Patienten mit entsprechenden Krankheiten offiziell zugelassene Arzneimittel auf Cannabis-Basis zu verschreiben, und es Apothekern zu gestatten, diese Rezepte einzulösen.“ Die Mitgliedstaaten sollen dafür sorgen, dass Cannabismedizin von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird.
Die Entschließung hat zwar keinen gesetzgeberischen
Charakter, stellt jedoch ein starkes politisches Signal zur Cannabismedizin auf
EU-Ebene dar. Auf internationaler Ebene bewegt sich Einiges beim Cannabis. So
hatte vor kurzem die WHO der UN empfohlen, die „Gefahrenstufe“ von Cannabis als
Droge zu verringern. Die Entscheidung der UN steht allerdings noch aus.
5 Kommentare
Heutige Rechtslage in Deutschland
von woewe am 15.02.2019 um 9:48 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Vergessen?
von Michael Mischer am 15.02.2019 um 9:25 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Vergessen
von Bettina Jung am 15.02.2019 um 16:10 Uhr
Kein "vergessen"!
von Micha Greif am 15.02.2019 um 9:09 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
die "vergessenen Blüten"
von Gabriele Gebhardt am 14.02.2019 um 19:17 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.