Stichtag 20. März

Apothekerkammer Berlin: Diese fünf Listen stehen zur Wahl

Berlin - 06.03.2019, 17:55 Uhr

In Berlins Kammer wird gewählt: Fünf Listen wollen sich mit größtenteils ähnlichen Zielsetzungen für die Berliner Apotheker stark machen. Unterschiede gibt es vor allem bei den jeweiligen Zielgruppen. (s / Foto: imago)

In Berlins Kammer wird gewählt: Fünf Listen wollen sich mit größtenteils ähnlichen Zielsetzungen für die Berliner Apotheker stark machen. Unterschiede gibt es vor allem bei den jeweiligen Zielgruppen. (s / Foto: imago)


Bis zum 20. März können die Berliner Apotheker die Delegierten ihrer Kammerversammlung wählen. Fünf Listen stellen sich zur Wahl für die Versammlung, die aus 45 Mitgliedern besteht. Welche Ziele wollen diese Listen für ihre Wähler jeweils erreichen? Und strebt Dr. Christian Belgardt nach zwölf Jahren Amtszeit erneut die Präsidentschaft an? DAZ.online hat sich umgehört.

Die Liste der berufspolitischen, bürokratischen und pharmazeutischen Herausforderungen für Apotheker wird immer länger. Das ist auch den 127 Kandidaten aus fünf Listen bewusst, die sich für die Kammerwahl in Berlin aufgestellt haben.

Bis zum 20. März haben die Apotheker in Berlin Zeit, per Briefwahl eine der fünf Listen zu wählen. Gemäß der Stimmverteilung werden aus diesen Listen die 45 Plätze der Deligiertenversammlung für die nächste Legislaturperiode verteilt, die im Mai 2019 beginnt.

Offizin-Apotheker, Digitalisierung, Gleichpreisigkeit und berufliche Weiterentwicklung

Seit 2007, also drei Wahlperioden in Folge, hat Dr. Christian Belgardt die Präsidentschaft inne. Der Inhaber der Galenus-Apotheke in Mitte führt die Liste „Offizin Apotheke“ an, die sich – wie der Name vermuten lässt, auf die Interessen der öffentlichen Apotheke fokussieren will. Welche Probleme gilt es für die Offizin-Apotheker als nächstes zu lösen?

Eines der Hauptthemen werde es sein, die Digitalisierung mitzugestalten, erklärte Belgardt im Gespräch mit DAZ.online: „Eine der nächsten Herausforderungen für uns Apotheker wird es sein, sinnvolle Lösungen für den digitalen Rausch der Politik zu finden, bei denen unser Einfluss zum Wohle des Patienten zum Tragen kommt. So muss beispielsweise beim E-Rezept-Server gewährleistet sein, dass der Patient nach wie vor die freie Apothekenwahl behält.“ Bei der Nutzung von Technologien werde es auch darum gehen, wie sich Kompetenzen auf Kooperationsebene sinnvoll bündeln lassen, erläuterte der Pharmazeut.

Eine weitere Baustelle ist für Belgardt die Weiterentwicklung des Apothekerberufs: „Was unsere professionelle Entwicklung als Heilberuf betrifft, sind wir im internationalen Vergleich stark abgeschlagen. Dies gilt insbesondere für den ambulanten Bereich, also für die Offizin-Apotheker, deren Interessen unsere Liste als einzige gezielt vertritt.“

Außerdem will die „Offizin-Apotheke“ nach wie vor die Gleichpreisigkeit erreichen. „Die Arzneimittelpreisverordnung muss für alle Beteiligten gelten, die Deutschland mit Arzneimitteln versorgen. Rx-Boni haben weder im GKV- noch im PKV-Bereich etwas zu suchen“, betont Belgardt.

Hauptstadtapotheker: Angestellte ticken anders

Neben Belgardts Liste wollen, ähnlich wie bei einem Parteiensystem, vier weitere Listen nur das Beste für die Berliner Apotheker: Die Hauptstadtapotheker, Aktive Apotheker, Allianz Aller Apotheker, sowie Apotheker aus Wissenschaft, Industrie und Verwaltung. Dabei differenzieren sich die Gruppierungen vor allem durch die verschiedenen Zielgruppen, die sie ansprechen wollen. Die Wahlprogramme an sich unterscheiden sich wenig, wie sich am Beispiel der Hauptstadtapotheker zeigt. Diese Liste unter Leitung der Apothekerin Annette Dunin von Przychowski tritt zum ersten Mal an und könnte dadurch eine neue Dynamik in die Deligiertenversammlung bringen.

Die neue Liste will die Interessen aller angestellten Apotheker vertreten, unabhängig vom Tätigkeitsfeld. Und dass diese Spezialisierung sinnvoll ist, untermauert die Angestellten-Fraktion durch eine eigens initiierte Umfrage mit 40 Apothekern. Den Ergebnissen zufolge schätzen angestellte Apotheker die Zukunft ihres Berufsstandes positiver ein als Apothekenleiter. Außerdem finden es Angestellte wesentlich wichtiger, neue pharmazeutische Tätigkeitsfelder zu erschließen, als ihre Vorgesetzten, die ihrerseits mehrheitlich den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der Arzneimitteldistribution sehen.

Allianz Aller Apotheker: Berufsbild ausbauen, Bürokratie abbauen

Im Gegensatz zu den oben genannten Listen will die Allianz Aller Apotheker (AAA) die Interessen aller Pharmazeuten vertreten, unabhängig davon, wo sie arbeiten und ob sie angestellt oder selbstständige Unternehmer sind. „Wir sind damit die einzige Liste, die diese gemeinsamen Stärken seit jeher in den Vordergrund stellt und aus der Apothekerkammer eine Mitgliedsorganisation für alle Apotheker machen will, die diese Mitglieder nicht nur in die Pflicht nimmt, sondern viel mehr mitnimmt. Dazu gehören Information und Einbindung genauso wie transparente und vielfältige Berichterstattung“, betont die Listenführerin Dr. Kerstin Kemmritz.

Ähnlich wie die „Offizin-Apotheke“ hat sich die AAA auf die Fahne geschrieben, die Entwicklung pharmazeutischer Kompetenzen voranzutreiben und sich bei der geplanten Apothekenreform von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) konstruktiv einzubringen. Der Unterschied zu den anderen Listen liege an der Herangehensweise der AAA, erläuterte die Inhaberin der Falken-Apotheke. „In der Allianz Aller Apotheker haben wir auch als Offizin-Apotheker keine Berührungsängste mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Berufsbereichen, denn wir empfinden die gemeinsamen Diskussionen jedes Mal als sehr bereichernd“, so Kemmritz.

Als ein Beispiel für ein Problemfeld, das sich über die pharmazeutischen Tätigkeitsfelder erstreckt, nennt die Apothekerin den Bürokratiezuwachs: „Diese Problematik betrifft ja nicht nur die Offizin-Apotheker. Wir müssen gemeinsam diese Probleme auch politisch viel deutlicher ansprechen und nach Lösungen suchen, die nicht in noch mehr Bürokratie und Dokumentation münden, sondern in mehr Verantwortung, mehr Entscheidungsspielräume und mehr Kompetenzen.“

WIV: unmittelbar von gesetzlichen Änderungen betroffen

Während die AAA-Liste alle Disziplinen vertreten will, spezialisiert sich die WIV-Liste auf alle Apotheker, die nicht in einer Apotheke arbeiten, also in Wissenschaft, Industrie und Verwaltung. Angeführt wird die Liste von Björn Wagner, Director Market Access bei Pfizer. Aufgrund dieses Zielgruppenprofils weichen die Schwerpunkte der WIV von denen der anderen Listen ab. „Für unsere Liste stehen da ganz klar die Europawahl und der Brexit im Vordergrund. Hier sind Auswirkungen für Kolleginnen und Kollegen in allen Tätigkeitsbereichen, auch hier in Berlin zu erwarten“, erklärte Wagner gegenüber DAZ.online.

Außerdem seien Apotheker, die in WIV-Berufen tätig sind, direkt von Änderungen in der Arzneimittelgesetzgebung betroffen und könnten daher wertvolle Erkenntnisse und Perspektiven in die Deligiertenversammlung einbringen. Als Beispiele nannte Wagner die angedachten Änderungen  bei der Impfstoff- und Hämophilieversorgung oder der angedachte Austausch von Biosimilars.

Aktive Apotheker: Inspiration durch Vielfalt

Die Liste der „Aktiven Apotheker“ ist ähnlich wie die Allianz Aller Apotheker breit aufgestellt und will die Interessen des gesamten Berufsstandes vertreten.  Listenführer Maximilian Buch fasst die Ziele seiner Liste sehr kompakt zusammen: „Für uns gibt es nur eine große Herausforderung, die uns dieses Jahr erwartet, und das ist nichts weniger als die öffentliche Apotheke und das Berufsbild der Apotheker*innen zukunftsfähig mitzugestalten.“

Bei ihrer berufspolitischen Arbeit setzen die Aktiven Apotheker vor allem auf Diversität: „Wir sind gelebte Vielfalt, da sich ebenso junge wie erfahrene Apotheker*innen aus vielen unserer Berufsfeldern bei uns an einen Tisch setzen, austauschen und diskutieren. Nur dadurch können Meinungen und Ideen entstehen, die die vielen Perspektiven und Vorstellungen aller Apotheker*innen mit einbeziehen.“

Wer wird nächster Präsident?

Derzeit befindet sich Buchs Liste in einer Koalition mit Belgardts „Offizin Apotheke“. Belgardt erklärte rückblickend, er habe die Zusammenarbeit mit den Aktiven Apothekern als konstruktiv empfunden. „Wie es nun weiter geht und welche Bündnisse entstehen könnten, hängt vom Wahlergebnis ab. Sollten die Wähler unserer Liste erneut das Mandat erteilen, bin ich gerne bereit mich auch in der kommenden Wahlperiode für die Berliner Apotheker als Kammerpräsident einzusetzen“, erklärte der amtierende Präsident. 

Auch bei den anderen Listen besteht die Bereitschaft, mehr Verantwortung zu übernehmen. So erklärt Koalitionspartner Maximilian Buch: „Diese Entscheidung trifft letztlich der Wähler, aber natürlich hat jeder Listenführer dieses Amt inne, weil er bereit ist selbst Verantwortung zu tragen.“ Auch die WIV-Liste tritt nicht mit dem Ziel an, die Oppositionsbank zu drücken. „Jede Liste und damit auch jede/r Listenführer/-in sollte mit dem Willen antreten, Verantwortung zu übernehmen“, findet Wagner.

Nur wer wählt, kann etwas verändern

Etwas vorsichtiger drücken sich die beiden Listenführerinnen aus. So erklärte Dunin von Przychowski: „Allein die Berliner Apotheker*innen entscheiden, welche Liste die meisten Delegierten für die neue Legislaturperiode stellt und damit ziemlich sicher auch die/den Kammerpräsident*in. Wir wollen konstruktiv mitarbeiten und das ist vor allem möglich, wenn wir im Vorstand sind.“ 

Und Kemmritz: „Als Listenführerin der Allianz Aller Apotheker bin ich mir der damit verbundenen Verantwortung natürlich auch bewusst, aber wer als Präsidentschaftskandidat antritt, wird sich nach dem Wahlergebnis und vor der ersten Delegiertenversammlung entscheiden“. Der Apothekerin ist es auch ein großes Anliegen, dass die Kammermitglieder überhaupt wählen gehen. Denn die Wahlbeteiligung war 2015 mit 38 Prozent erschreckend niedrig. „Wer nicht wählen geht, drückt damit keinen Protest aus, sondern zementiert nur den status quo“, findet Kemmritz.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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