Kammergericht

EAV darf HIV-Infizierte mit „smarter“ Therapiebegleitung umwerben

Berlin - 06.03.2019, 17:00 Uhr

Smart HIV soll HIV-Infizierte besser durch die Therapie begleiten. Der Verband Sozialer Wettbewerb sieht die Werbung hierfür jedoch kritisch. (Foto: EAV)

Smart HIV soll HIV-Infizierte besser durch die Therapie begleiten. Der Verband Sozialer Wettbewerb sieht die Werbung hierfür jedoch kritisch. (Foto: EAV)


Kammergericht: Imagewerbung, die nicht unter das Heilmittelwerbegesetz fällt

Die Europa Apotheek legte erneut Rechtsmittel ein – und hatte damit vor dem Kammergericht Berlin Erfolg. Dieses entschied, dass die beanstandete Werbung gar nicht unter das Heilmittelwerbegesetz falle. Zudem werbe der Versender nicht für ein Verfahren im Sinne des § 12 Abs. 2 HWG, das sich auf die Linderung einer Krankheit beziehe. Es hob daher die Einstweilige Verfügung auf.

In seinem Urteil legt das Kammergericht zunächst dar, dass das Heilmittelwerbegesetz allein für produktbezogene Werbung, nicht aber für allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung) gilt. Welche Form der Werbung vorliegt, sei nach dem Gesamterscheinungsbild zu beurteilen – Maßstab sei hier der angesprochene Verkehr, hier also HIV-Infizierte. Die Richter kommen zu dem Schluss, dass die Werbung HIV-Infizierten Leistungen verspreche, die ohnehin zu den Aufgaben eines Apothekers gehörten (insbesondere Beratung, Verantwortung für die Erfassung von Arzneimittelrisiken, die Information und Beratung) – wenn auch in einer besonderen Qualität. Es sei kein spezielles Behandlungsangebot, sondern eine Beratung, die auf einer verordneten Therapie aufbaue. Auszuschließen sei damit ein Produktbezug, es liege vielmehr eine allgemeine Firmenwerbung vor, die ohne Bezugnahme auf bestimmte Produkte für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit des Unternehmens werbe.

Ohnehin sei in der Werbung kein konkretes Produkt, das man als „Verfahren oder Behandlung“ im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes (§ 1 Nr. 2, § 12 Abs. 2 Satz 1 HWG) bezeichnen könnte. Es gehe vielmehr um einen „Service“. Und darunter sei im vorliegenden Zusammenhang der Dienst am Kunden beziehungsweise ein besonderes Bemühen um Kundenzufriedenheit zu verstehen.

Beim Verband Sozialer Wettbewerb überlegt man nun, ob er nach diesem letztlich erfolglosen Eilverfahren ein Hauptsacheverfahren in die Wege leiten will. Gegenwärtig prüfe man die Erfolgsaussichten einer solchen Klage. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen.

Urteil des Kammergerichts vom 29. Januar 2019, Az.: 5 U 108/18 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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