Apotheke Adhoc-Herausgeber

Staatsanwalt fordert 60.000 Euro Geldstrafe für Thomas Bellartz

Berlin - 13.03.2019, 17:30 Uhr

Rechtsanwalt Carsten Wegner und sein Mandant Thomas Bellartz: Beim nächsten Termin ist ihr Plädoyer an der Reihe. ( r / Foto: Külker)

Rechtsanwalt Carsten Wegner und sein Mandant Thomas Bellartz: Beim nächsten Termin ist ihr Plädoyer an der Reihe. ( r / Foto: Külker)


Im Strafverfahren gegen den Apotheke Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz und den IT-Experten Christoph H. hat der Staatsanwalt heute sein Plädoyer gehalten. Er zeigte sich überzeugt, dass sich der „Datendiebstahl“ aus dem Bundesgesundheitsministerium so ereignet hat, wie in der Anklage beschrieben. Für Bellartz forderte er letztlich eine Geldstrafe von 260 Tagessätzen à 300 Euro – 60 davon sollen angesichts der langen Verfahrensdauer aber bereits als verbüßt gelten.

Das erste Mal nach Verlesung der Anklageschrift im Januar 2018 ergriff heute der Staatsanwalt Roland Hennicke im „Datenklau“-Prozess vor dem Berliner Landgericht für längere Zeit das Wort: Er hielt sein Plädoyer. Er zeigte sich überzeugt, dass sich der Sachverhalt nach der Beweisaufnahme so darstelle, wie schon in der Anklageschrift beschrieben.

Demnach haben sich der heutige Apotheke Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz und der Systemadministrator Christoph H. im März 2006 kennengelernt. Bellartz war seinerzeit ABDA-Sprecher und H. arbeitete als externer IT-Expterte für das Bundesgesundheitsministerium (BMG). In der Folge hätten sie verabredet, sich gemeinsam vertrauliche Daten aus den für Apotheken und Arzneimittel zuständigen Fachreferaten des BMG zu verschaffen, um durch deren Verbreitung finanziell zu profitieren. Bellartz soll es dabei um einen Informationsvorsprung bei Themen mit Apothekenbezug gegangen sein.

Konkret soll H. seine Stellung ausgenutzt haben, um sich Zugang zu kennwortgeschützte E-Mail-Postfächern von Staatssekretären und Abteilungsleitern zu verschaffen und E-Mails samt Anlagen zu kopieren und auf Datenträgern zu speichern. Dabei habe er gewusst, dass er die Test-Kennung, mit der nur die IT-Beschäftigten Zugriff auf die Konten haben durften, nicht dazu nutzen durfte, diese Postfächer auszuspähen und Inhalte zu kopieren. Die auf CDs kopierten Dateien übergab er dann Bellartz – im Gegenzug bekam er einige hundert Euro. In den beiden Fällen, über die nach einer teilweisen Einstellung weiterer Anklagepunkte noch zu entscheiden war, sollen einmal 700 und einmal 400 Euro geflossen sein.

Überwindung einer Zugangssicherung erfordert keinen erheblichen Aufwand

Der Staatsanwalt hat keine Probleme damit, die Tat unter § 202a Strafgesetzbuch zu fassen, der denjenigen mit Strafe bedroht, der „unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft“. Eine Zugangssicherung zu überwinden, umfasse jede Handlung, die geeignet ist, diese Sicherung auszuschalten – das könne auch die Eingabe eines Passworts sein, wenn der Täter dieses dafür nicht nutzen durfte. Ein erheblicher technischer Aufwand sei nicht erforderlich, um das Tatbestandsmerkmal zu erfüllen, so der Staatsanwalt. Er räumte ein, dass das Niveau der IT-Sicherheit im BMG seinerzeit „nicht annähernd dem heutigen Standard“ entsprochen habe – doch das ändere nichts daran, dass hier Zugang zu gesicherten Daten verschafft wurde.

Fast ein eingerichteter Betrieb der Informationsbeschaffung

Bewiesen sieht der Staatsanwalt all dies durch vorliegende Kurzmitteilungen, die H. und Bellartz miteinander ausgetauscht haben, zudem durch Kontobewegungen und sichergestellte Datenträger. Auch die Zeugen, nicht zuletzt H.´s Ex-Frau, die dafür sorgte, dass die Polizei auf die beiden Männer aufmerksam wurde, bestätigen aus Sicht des Staatsanwalts den Tatablauf. Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Ex-Frau und Hauptbelastungszeugin hegt er – ganz anders als die Angeklagten und ihre Verteidiger – nicht.

Was das Strafmaß anbelangt – § 202a StGB sieht einen Strafrahmen von einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor – so ist laut Staatsanwalt zu berücksichtigen, dass es sich bei den zwei verbliebenen Fällen nur um „die Spitze eines Eisbergs“ handele. Immerhin waren ursprünglich 40 Fälle angeklagt. Für Bellartz sei es „fast schon ein eingerichteter Betrieb“ gewesen, der dafür sorgen sollte, dass interessante Informationen weitergegeben wurden – immerhin über dreieinhalb Jahre hinweg. Zudem seien insgesamt mehr als 26.000 Euro von Bellartz zu H. geflossen. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass beide Angeklagten zuvor nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Und auch die überlange Verfahrensdauer rechnete der Staatsanwalt an. 

260 Tagessätze à 300 Euro

So beantragte er letztlich, gegen Bellartz eine Geldstrafe von 260 Tagessätzen à 300 Euro zu verhängen, von denen 60 Tagessätze bereits als verbüßt gelten sollen. Macht also 60.000 Euro. Und als vorbestraft würde Bellartz im Fall einer entsprechenden Verurteilung ebenfalls gelten – das ist bereits ab einer Geldstrafe von 91 Tagessätzen der Fall.

Für H. beantragte der Staatsanwalt letztlich eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, wovon vier Monate bereits als verbüßt gelten sollen. Zudem forderte er die Einziehung von 55.000 Euro Wertersatz. Dass die Strafforderung für H. so viel härter ausfällt liegt daran, dass diesem auch noch ein Wohnungseinbruch und der Besitz kinderpornografischer Video- und Bildmaterials vorgeworfen wird –  diese Anklagepunkte sieht der Staatsanwalt nach der Beweisaufnahme ebenfalls für erwiesen an. Allein für das Ausspähen von Daten hätte Hennicke auch für H. eine Geldstrafe gefordert – insgesamt plädierte er dann aber „nur“ auf eine Haftstrafe.

Beim nächsten Termin, am 27. März, werden die Verteidiger plädieren. Bellartz Anwalt Carsten Wegner kündigte bereits an: „Wir werden aufzeigen, dass heute viel heiße Luft produziert wurde!“ 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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