Interview mit Apothekerin Ina Richling

„Das Pharmazeutische ist unsere Zukunft“

Stuttgart - 26.03.2019, 17:45 Uhr

Medikationsanalyse als Standardleistung in Apotheken? Nach Ansicht von Ina Richling ist es an der Zeit dafür. (m / Foto: DragonImages / stock.adobe.com)

Medikationsanalyse als Standardleistung in Apotheken? Nach Ansicht von Ina Richling ist es an der Zeit dafür. (m / Foto: DragonImages / stock.adobe.com)


Werden honorierte Dienstleistungen allein die Existenz der Vor-Ort-Apotheken sichern?

DAZ.online: Aber werden honorierte pharmazeutische Dienstleistungen allein die Existenz der Apotheken vor Ort sichern?

Richling: Nein, sicher zunächst nicht. Um diese Leistungen zum Wohle des Patienten erbringen zu können, brauchen wir von der Politik sichere ökonomische und personelle Rahmenbedingungen. Die Honorierung von pharmazeutischen Dienstleistungen ist genau der richtige Schritt – wenn sie zusätzlich zur normalen Honorierung erfolgt – denn es sind zusätzlich erbrachte Leistungen. 

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DAZ.online: Welche Dienstleistungen könnten Sie sich mittelfristig in der Apotheke vorstellen?

Richling: Ich denke, es sollte erst einmal mit einer überschaubaren Anzahl von Dienstleistungen begonnen werden, die von uns Apothekern sauber definiert werden. Die Medikationsanalyse 2a ist eine komplexe Dienstleistung, die aber bereits von vielen Kollegen erbracht werden kann. Sie könnte, wie Prof. Jaehde als Ergebnis der 3A-Studie vorstellte, eine Kernkompetenz der Apotheke werden.
Zahlreiche Schulungen der Kammern dazu und die Leitlinie der BAK haben die Grundlage für eine einheitliche Vorgehensweise mit einem Qualitätsstandard gelegt.

Aber auch andere Dienstleistungen sind vorstellbar: Zum Beispiel die Überprüfung des Medikationsplans auf Vollständigkeit mit Abgleich der Medikation (Medikationsplan vs. Brown Bag); Präventionsleistungen, Screening auf chronische Erkrankungen wie Diabetes und Hypertonie oder spezielle Dienstleistungen, wie das Stellen/Neuverblistern von Arzneimitteln für Pflegepatienten zu Hause; oder auch das Ausstellen und Beliefern von Folgerezepten. Hier kann durch uns die Pflege entlastet werden, die Qualität der Versorgung steigt und Patienten können länger im häuslichen Umfeld verweilen. Es gewinnen alle Beteiligten.


Wir sollten einfach erst einmal anfangen, ich bin sicher dann können wir weitere sinnvolle Dienstleistungen entwickeln.

Ina Richling


Weiterhin sollte es eine Honorierung geben, wenn Apotheker spezielle arzneimittelbezogene Probleme entdecken, die eine zeitaufwändige und intensive Beratung erfordern, möglicherweise mit Arztkontakt – zum Beispiel bei unklarer Dosierung, Doppelverordnungen oder komplexen Wechselwirkungen.
Intensive Schulungen der Patienten bei Erstverordnung von Insulinen und anderen erklärungsbedürftigen Arzneimitteln zählen sicher auch zu den kognitiven Dienstleistungen, die honoriert werden sollten. Ein Versender bekäme ja sonst die gleiche Vergütung für weniger Leistung. Wir können unseren Mehrwert so auch deutlich machen.

Natürlich gehört auch das Impfen in allen modernen Gesundheitssystemen zu einer Leistung, die niedrigschwellig zugänglich sein muss, auch ohne Termin und nach der Arbeit. Studien haben gezeigt, dass sich so die Impfquote deutlich erhöhen lässt. Wichtig ist natürlich auch, dass wir hier mit der Ärzteschaft zusammen eine Lösung erarbeiten. Wir sollten uns als Team verstehen und gemeinsam nach tragbaren Lösungen suchen, die allerdings das Patientenwohl als Ziel haben müssen.

Aber – wir sollten einfach erst einmal anfangen, ich bin sicher dann können wir weitere sinnvolle Dienstleistungen entwickeln. So lief das in anderen Ländern auch.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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