USA: Zulassung von Mavenclad bei Multipler Sklerose

Cladribin bei sekundär progredienter MS

Stuttgart - 02.04.2019, 14:00 Uhr

Nach Siponimod folgt Cladribin in der FDA-Zulassung zur Therapie der sekundär progredienten MS. (Foto: picture alliance)

Nach Siponimod folgt Cladribin in der FDA-Zulassung zur Therapie der sekundär progredienten MS. (Foto: picture alliance)


Pay for (Non-)Performance bei Cladribin in Deutschland

Merck untersuchte Cladribin im Rahmen des klinischen Studienprogrammes an 1.976 Patienten. Die durchschnittliche Zeit der Studienteilnahme einschließlich Nachbeobachtung betrug etwa 4,8 Jahre. 81 Prozent der Cladribin Patienten waren nach zweijähriger Kurzzeittherapie schubfrei, in der Placebogruppe waren es 63 Prozent. Außerdem reduzierte sich bei den mit Cladribin behandelten Patienten das Risiko einer bestätigten Behinderungsprogression über drei Monate gemäß den Kriterien der Expanded Disability Status Scale (EDSS) im Vergleich zu Placebo um 33 Prozent. Häufige Nebenwirkungen waren laut Merck Infektionen der oberen Atemwege, Kopfschmerzen und Lymphopenie. Maligne Erkrankungen zeigten sich unter Cladribin mit einer Häufigkeit von 0,27 Ereignisse pro 100 Patientenjahre im Vergleich zu 0,13 Ereignissen pro 100 Patientenjahre unter Placebo. Ebenso war das Risiko von Herpes-Zoster-Infektionen mit 2 Prozent versus 0,2 Prozent unter Placebo und Mundherpes mit 2,6 Prozent unter Cladribin versus 1,2 Prozent unter Cladribin erhöht.

Was ist der EDSS?

Behinderung bei Patienten mit Multipler Sklerose. Die Skala reicht von null bis zehn (in 0,5-er Schritten) und bewertet Störungen in unterschiedlichen Funktionellen Systemen (FS) des Körpers:

  • Pyramidenbahn, zum Beispiel Lähmungen,
  • Kleinhirn, zum Beispiel Störungen des Bewegungsablaufs, Tremor,
  • Hirnstamm, zum Beispiel Sprach- und/oder Schluckstörungen,
  • Sensorium, zum Beispiel verminderter Berührungssinn,
  • Blasen- und Mastdarmfunktion, zum Beispiel Harn- und/oder Stuhlinkontinenz,
  • Sehfunktion, zum Beispiel eingeschränktes Gesichtsfeld,
  • Zerebrale Funktionen, zum Beispiel Wesensveränderung, Demenz.

Je nach Anzahl der betroffenen Funktionsbereiche und dem Ausmaß der Einschränkung erfolgt die Abstufung von EDSS null (keine Symptome, kein Funktionsbereich betroffen) bis EDSS zehn (Tod durch MS).

Pay for (Non-)Performance bei Mavenclad

In Deutschland ist Mavenclad® bereits seit August 2017 zur Therapie der schubförmigen multiplen Sklerose zugelassen. Im Oktober 2018 schloss Merck der GWQ Service Plus AG eine Pay-for-Performance-Vereinbarung für sein MS-Arzneimittel: Bei unzureichendem Therapieerfolg mit Cladribin übernimmt Merck Mehrkosten, wenn Patienten mit hochaktiver schubförmiger Multipler Sklerose auf eine andere Therapie umgestellt werden müssen. Erhalten also Patienten mit hockaktiver schubförmiger Multipler Sklerose Cladribin und benötigen dennoch innerhalb des vierjährigen Therapiezyklus mit Mavenclad® eine Therapiealternative, so übernimmt Merck die sodann entstehenden „Mehrkosten“. Wenn man es also genau nimmt, zahlt die Krankenkasse die Therapie nicht bei Erfolg von Cladribin (Pay for Performance), sondern Merck zahlt bei Nichterfolg seines MS-Arzneimittels (Pay for Non-Performance).

Mehr zum Thema

Allerdings berechnen sich diese „Mehrkosten“, wie Merck diese potenziellen zusätzlichen Kosten bezeichnet, nicht einfach an dem dann benötigten Arzneimittel und dessen Preis. Vielmehr wurde zwischen Merck und GWQ eine Pauschale vereinbart, die „dann ausgelöst wird, wenn medizinisch begründet und nach Ermessen des Arztes eine Therapiealternative erforderlich ist“, erklärte Dr. Berthold Deiters von GWQ im Oktober 2018 im Gespräch mit DAZ.online. Für diese Pauschale habe man sich an den Therapiekosten der dann möglichen Behandlungsoptionen orientiert. Bei hochaktiver schubförmiger MS kommen neben Cladribin auch Alemtuzumab (Lemtrada®), Fingolimod (Gilenya®), Natalizumab (Tysabri®) und seit Januar 2018 auch Ocrelizumab (Ocrevus®) zum Einsatz.

Der Artikel wurde am 4.4.2019 geändert, Mavenclad hat auch bereits in Deutschland die Zulassung zur Therapie der aktiven sekundär progredienten MS. In einer früheren Version wurde nur auf die remittierend schubförmige MS eingegangen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.