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Antwort auf Grünen-Anfrage
Ministerium: Das Papierrezept soll nicht abgeschafft werden
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) drückt bei den E-Verordnungen aufs Tempo – erste Tests mit digitalen Rezepten gibt es sogar schon. Aber was passiert eigentlich mit dem Papierrezept, wenn das E-Rezept eingeführt wird? In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen stellt das Bundesgesundheitsministerium nun klar, dass eine vollständige Abschaffung des Papierrezeptes nicht vorgesehen ist.
Noch in dieser Legislaturperiode soll sich beim Thema E-Rezept einiges tun. Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) will die Bundesregierung Apotheker, Kassen und Ärzte dazu verpflichten, innerhalb von sieben Monaten die nötigen Vereinbarungen zu treffen, damit Arzneimittel auch digital verordnet werden können. Zur Erklärung: Derzeit ist das Papierrezept in mehreren Verträgen und Gesetzen als Verordnungsmedium vorgeschrieben. Läuft alles nach Plan, könnten diese Vereinbarungen im Frühjahr 2020 stehen. Konkret geht es um die Bundesmantelverträge, den Rahmenvertrag und die Arzneimittelabrechnungsvereinbarung.
Schon jetzt gibt es aber Projekte, in denen das E-Rezept getestet werden soll. Die Techniker Krankenkasse hat kürzlich ein Modellvorhaben in einem Hamburger Stadtteil gestartet. Und in Baden-Württemberg wollen die Apotheker (Kammer und Verband) gemeinsam mit den Kassen ein Projekt in zwei Regionen starten – mit finanzieller Unterstützung der Landesregierung. Die Grünen-Bundestagsfraktion sorgt sich in diesem Zusammenhang um die sogenannte Interoperabilität der E-Rezepte. Es geht also um die Frage, ob die einzelnen E-Rezepte überhaupt miteinander und mit der von der Gematik geplanten Version des E-Rezeptes kompatibel sind. „Es besteht die Gefahr, dass nationale Insellösungen für das elektronische Rezept wie auch den elektronischen Medikationsplan entstehen“, heißt es in einer Anfrage der Grünen an die Bundesregierung, in der es neben dem E-Rezept auch um den E-Medikationsplan und die Kompatibilität mit europäischen Netzwerken geht.
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In seiner Antwort weist das BMG auf das von der Gematik aufgebaute Interoperabilitätsverzeichnis „vesta“ hin, das es seit 2017 gibt. Das Verzeichnis diene der Förderung der Interoperabilität zwischen informationstechnischen Systemen im Gesundheitswesen. „Darin werden (…) technische und semantische Standards, Profile und Leitfäden für informationstechnische Systeme der Gesundheitsbranche aufgeführt“, so das Ministerium.
Die Grünen erkundigen sich aber auch sehr detailliert nach den Plänen des BMG in Sachen E-Rezept. Unter anderem geht es um die Frage, wie es um die Zukunft des Papierrezeptes bestellt ist, wenn digital verordnet werden kann. Das BMG stellt dazu klar, dass Ärzte auch künftig – wenn gewünscht – auf Papier verordnen können sollen. „Eine vollständige Abschaffung des Papierrezeptes ist derzeit nicht geplant“, heißt es in der Antwort. Wie das Nebeneinander von Papier- und E-Rezept aber genau ausgestaltet werden soll, erklärt das BMG nicht weiter
BMG: Gematik soll bis Juni 2020 E-Rezept-Konzept fertigstellen
Das Ministerium stellt darüber hinaus auch klar, dass nicht nur die Apotheker und Kassen an der Umsetzung des E-Rezeptes arbeiten. Auch die Gematik, die künftig mehrheitlich vom BMG selbst gesteuert wird, plant weiterhin eine Variante im Rahmen der Telematikinfrastruktur (TI), also des digitalen Netzwerkes der Akteure im Gesundheitswesen. Das Ministerium weist in seiner Antwort nochmals auf den GSAV-Entwurf hin, in dem die Gematik dazu verpflichtet wird, bis zum 30. Juni 2020 die erforderlichen technischen Festlegungen für die elektronische Verordnung zu treffen. Die Erkenntnisse aus den E-Rezept-Projekten der Apotheker und Kassen sollen aber in die Arbeit der Gematik einfließen: Laut BMG sollen Erfahrungen „für die technischen Festlegungen“ der Gematik gesammelt werden.
Aber zurück zur Interoperabilität: In Sachsen und Thüringen läuft seit einiger Zeit das Versorgungsprojekt ARMIN, bei dem Ärzte und Apotheker sich gemeinsam und digital über die Medikation ihrer Patienten austauschen und ein Medikationsmanagement anbieten. Die Grünen wollten von der Regierung wissen, inwiefern die technischen Prozesse in diesem Projekt überhaupt mit den Plänen der Regierung und der Arbeit der Gematik an der TI vereinbar sind. Hier sieht das Ministerium aber keine Probleme: „Das ARMIN-Medikationsmanagement auf Basis der elektronischen Verordnung verändert erst die Abläufe nach der Abgabe eines Arzneimittels und ist insoweit unabhängig davon, ob die Arzneimittelverordnung papiergebunden oder elektronisch erfolgt“, heißt es in der Antwort.
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Die Grünen gehen auch auf die Einführung des E-Medikationsplanes ein. Auch hier gibt es einige Testprojekte von Krankenkassen. Die AOKen wollen ihren Patienten beispielsweise einen E-Medikationsplan anbieten im Rahmen des AOK-Gesundheitsnetzwerkes. Das BMG erinnert daran, dass es auch für die Einführung der elektronischen Patientenakte einen festen Zeitplan gebe, was somit auch für den E-Medikationsplan gilt: „Der elektronische Medikationsplan kann als eines der standardisierten Formate in die elektronische Patientenakte (…), wie sie ab 1. Januar 2021 verfügbar sein wird, abgelegt werden“, heißt es in der Antwort.
Schulz-Asche: Konzepte fehlen
Die Grünen-Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche gibt sich mit den Antworten aus dem Spahn-Ministerium nicht zufrieden. „Ziel der Anfrage war es, herauszufinden, ob mit der im GSAV geplanten gesetzlichen Umsetzungsfrist für das elektronische Rezept irgendwelche konzeptionellen Vorstellungen seitens des Bundesministeriums für Gesundheit verbunden sind. Spahns Antwort ist eindeutig: Nein. Zwar suggeriert der Minister öffentlich das Gegenteil, aber sein Ministerium sagt klar: Das papierne Rezept hat noch lange nicht ausgedient“, erklärt die Gesundheitspolitikerin. Es sei beispielsweise sinnvoll, wenn die Rezeptdaten automatisch im E-Medikationsplan landen würden. „Ob das in absehbarer Zeit so kommen wird? Keine Antwort. So wird der Nutzen überschaubar bleiben“, prophezeit Schulz-Asche.
Die Grünen-Expertin stört sich auch daran, dass das Ministerium jetzt die Apotheker und Kassen damit beauftragen will, Näheres zur Umsetzung des E-Rezeptes selbst festzulegen. „Dies ist zunächst erstaunlich für einen Minister, der sich beinahe täglich kritisch über die Selbstverwaltung auslässt“, so die Grünen-Politikerin.
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