Neue S2k-Leitlinie

Trocken oder verschleimt? Bei Husten nicht mehr die Frage

Stuttgart - 23.04.2019, 15:15 Uhr

Ob eher ein Reizhusten oder ein schleimiger Husten vorliegt, ist laut einer aktuellen Leitlinie nicht therapierelevant. (m / Foto: contrastwerkstatt
                                        
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Ob eher ein Reizhusten oder ein schleimiger Husten vorliegt, ist laut einer aktuellen Leitlinie nicht therapierelevant. (m / Foto: contrastwerkstatt / stock.adobe.com)


Ist der Husten trocken oder verschleimt? Diese Frage beim Wunsch nach „etwas gegen Husten“ zu stellen, ist bei vielen Apothekern und PTA in Fleisch und Blut übergegangen.  Laut der neuen Husten-Leitlinie der Lungenfachärzte, scheint diese Unterscheidung für die Therapie aber gar nicht relevant zu sein. Entscheidend für das therapeutische Vorgehen sei vor allem die Dauer des Hustens, heißt es. 

Die kürzlich veröffentlichte S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) richtet sich primär an Lungenfachärzte. Doch nicht nur für Pneumologen sind die 48 im Konsensusverfahren abgestimmten Empfehlungen und 16 Statements interessant. In dem Dokument findet sich auch für Apo­theker allerhand Wissenswertes zur Beratung von erwachsenen Patienten mit Husten. So ist in der Leitlinie zu lesen, dass die Unterscheidung zwischen produktivem Husten und Reizhusten aus therapeutischer Sicht nicht bedeutsam sei. Denn zur Wirkung von Sekretolytika und Mukolytika auf den Husten fehlt die Evidenz. Dass Substanzen wie Ambroxol und N-Acetylcystein Hustenbeschwerden dennoch lindern können, ist womöglich auf deren antientzündliche und antioxidative Effekte zurückzuführen. Zudem ist bei pflanzlichen Arzneimitteln oft keine eindeutige Trennung zwischen der Wirkungsweise als Hustenblocker oder Expektorans möglich. Ohnehin können Patienten die Frage nach der Art des Hustens meist gar nicht so leicht beantworten. So wird die Sputummenge häufig überschätzt. Auch die Unterscheidung von Speichel und Bronchialsekret ist im Einzelfall oft schwierig. Zudem kann sich ein Reizhusten für den Patienten wie eine Verschleimung anfühlen. Die Grenzen zwischen trockenem und produktivem Husten sind fließend.

Hustendauer ist entscheidend für die Therapie

Entscheidend für das therapeutische Vorgehen ist die Dauer des Hustens. Halten die Beschwerden maximal zwei Wochen an, spricht man von akutem Husten. Meist handelt es sich hierbei um einen klassischen „Erkältungshusten“, der auf eine virale Infektion der oberen und/oder der unteren Atemwege zurückzuführen ist – laut Leitlinie die Domäne der Selbstmedikation. Weisen Alarmzeichen auf andere Ursachen oder einen schweren Verlauf hin, sollte sich der Patient jedoch umgehend in ärztliche Behandlung begeben.

Alarmzeichen bei akutem Husten

  • blutiger Auswurf
  • Atemnot in Ruhe
  • Heiserkeit
  • Verdacht auf Lungenentzündung
  • Fieber ≥ 38,5 °C
  • Verdacht auf Tuberkulose (Tbc): Aufenthalt in Ländern mit hoher Tbc-Prävalenz, Tbc-Kontakt­personen, Obdachlose
  • anamnestisch bekannte Malignome
  • Immundefizienz, HIV-Infektion, immunsuppressive Therapie
  • extrem starke Raucher
  • akute Herzinsuffizienz
  • akute Intoxikation durch inhalative Noxe

Wenn es mal wieder länger dauert

Erkältungsviren können dem Patienten aber auch deutlich länger als 14 Tage zu schaffen machen: Dauern die Hustenbeschwerden über drei bis acht Wochen an und klingen dann wieder spontan ab, handelt es sich um einen subakuten Husten. Auch eine Infektion mit Bordetella pertussis, dem Keuchhusten-Erreger, kann der Grund für solch einen protrahierten Verlauf sein. Klagen erwachsene Patienten über Erbrechen, sollte man hellhörig werden. Denn bei einer Pertussis-Infektion ist eine Therapie mit Makrolid-Antibiotika innerhalb der ersten zehn Tage nach Symptombeginn indiziert.

Was hilft bei Husten laut Leitlinie? Lesen Sie mehr in der aktuellen DAZ!

Unterscheidung zwischen schleimig und trocken ist nicht therapierelevant

Gereizt? Bei Husten keine Frage

Mehr als acht Wochen: Weiterführende Diagnostik unerlässlich

Bei Hustensymptomen, die über mehr als acht Wochen fortbestehen, ist eine weiterführende Diagnostik unerlässlich. Dann liegt ein chronischer Husten vor, der verschiedenste Ursachen haben kann – auch solche, die nicht pulmonal bedingt sind. Hier ist beispielsweise an einen medikamentös induzierten Husten (z. B. ACE-Hemmer oder Sitagliptin) oder an eine gastroösophageale Refluxkrankheit zu denken. Klagen Patienten unter ACE-Hemmern über Husten, ist ein Auslassversuch angebracht. Auch kardiale Erkrankungen mit Lungenstauung können zu Hustensymptomen führen.



Dr. Carolin Julia Straub, Apothekerin, DAZ-Redakteurin
redaktion@daz.online


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