Therapierelevanten Kriterien fehlen
Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BAH, äußerte sich in einem Interview mit der Presseagentur Gesundheit im September 2018 bereits skeptisch, über das rigide System der Festbeträge: „In vielen Fällen fasst der Gemeinsame Bundesausschuss unterschiedliche Darreichungsformen wie Tabletten und Säfte, in einer Gruppe zusammen, ohne die aus Patientenperspektive notwendige Differenzierung vorzunehmen.“ Jedoch sei die pharmazeutisch-technologische Herstellung flüssig-oraler Darreichungsformen aufwendig, zusätzlich sei die Patientenpopulation klein, dass in der Herstellung keine kostenmindernden Skaleneffekte zu erwarten sind. „Das Nachsehen haben in diesem Fall Patienten mit Schluckbeschwerden“.
Seiner Ansicht nach ist das Raster der Festbeträge recht grob, es orientiert sich im Wesentlichen an Wirkstoffmenge und Packungsgröße. Eine „differenziertere Gruppenbildung“ einzelner Patientenkollektive, „die vulnerable Patientengruppen, wie etwa Ältere mit Schluckbeschwerden, besonders berücksichtigen“, sei Aufgabe des Gesetzgebers. Es sollte grundsätzlich bei der Bildung von Festbeträgen mehr nach „therapierelevanten Kriterien differenziert“ und nach der Lebensqualität der Patienten gefragt werden. Allerdings verfolgt der Gesetzgeber wohl eher einen Sparkurs. „Wir stellen immer wieder fest: Das Hauptziel des GKV-Spitzenverbandes ist es, Geld zu sparen“. Was er mit Festbeträgen und Rabattverträgen durchaus tut.
Kortland bezifferte das Einsparvolumen durch Rabattverträge auf vier Milliarden und durch Festbeträgen auf acht Milliarden Euro. Angesichts dieser Zahlen erachtete es der BAH durchaus für „gerechtfertigt und finanziell verkraftbar, dass die Krankenkasse beispielsweise bei älteren Patienten eine flüssige anstatt einer festen Darreichungsform erstattet“.
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