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Kommentar
Klare Positionierung – klare Alternativen
Die außerordentliche Mitgliederversammlung der ABDA hat für eine klare Positionierung der Apotheker gesorgt. Damit gehen sie gestärkt in die entscheidende Phase des Gesetzgebungsverfahrens. Doch die ABDA muss an der Umsetzung des Beschlusses vom Donnerstag noch arbeiten, meint DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn in einem Kommentar. Für die Politik sieht er nun drei mögliche Handlungsalternativen.
Gegenüber der Beschlussvorlage, die vor der außerordentlichen ABDA-Mitgliederversammlung kursierte, hat sich die Position der ABDA am gestrigen Donnerstag deutlich verändert. Die Forderung, den fundamentalen § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG beizubehalten, rückt in den Mittelpunkt der Stellungnahme. Die Warnungen im jüngsten Gutachten der Apothekenrechtsexperten Dr. Mand und Prof. Dr. Meyer haben offenbar bei den Delegierten gewirkt. Das Gutachten hat eindrucksvoll gezeigt, dass die Streichung dieses Satzes den anderen Regelungen den Boden entziehen würde.
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Wie lässt sich der entscheidende Satz erklären?
Allerdings muss die ABDA offenbar noch daran arbeiten, diese Position umzusetzen. Die Hintergründe um den zentralen Satz erscheinen ABDA-Vize Mathias Arnold so schwierig, dass er am heutigen Freitag auf einer Sitzung der Bayerischen Landesapothekerkammer erklärt hat, das Thema sei zu kompliziert für die Publikumsmedien. Diese Ansicht teile ich nicht. Denn der entscheidende Satz lässt sich auf eine Frage zuspitzen: Gibt die Bundesregierung den wichtigsten Grundpfeiler des bewährten Apothekensystems wegen eines einzigen EuGH-Urteils auf? Oder verteidigt sie ihre Position, wozu sie der EuGH eingeladen und der Bundesgerichtshof ermuntert hat? Das halte ich für gut vermittelbar. Denn es hat über die Apotheken hinaus eine interessante europapolitische Dimension.
Rx-Versandverbot bleibt im Spiel
Mit dem Streit um § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG wird der von Minister Spahn propagierte sozialrechtliche Verweis auf die Preisbindung fast zur Nebensache. Entscheidend ist die Gleichpreisigkeit für alle Rx-Arzneimittel und für alle Patienten. Mit einer diplomatisch geschickten und doch deutlichen Formulierung in der Vorbemerkung zur ABDA-Stellungnahme wird betont, dass das Rx-Versandverbot weiter im Spiel ist. Die Forderung nach dem Rx-Versandverbot wird zwar nicht erneut erhoben, aber die Apotheker verdeutlichen, dass es um eine gleichwertige Alternative geht – und sie erinnern an den Koalitionsvertrag. Wie von Teilnehmern zu hören war, hat die Versammlung lange um den Text gerungen. Das Ergebnis ist ein klares Signal an die Politik.
Stärkung statt Aufweichung
Der Vergleich mit der zuvor bekannt gewordenen Beschlussvorlage zeigt, wie weit sich die ABDA auf Spahn zubewegt hatte. Die Zustimmung stand im Mittelpunkt, die Kritik dagegen am Rand. Die Position der Apotheker drohte in der entscheidenden Phase aufzuweichen. Möglicherweise wird Spahn wirklich nicht mehr bieten als den bisherigen Referentenentwurf. Doch es ist nur ein Entwurf und der Minister beschließt die Gesetze nicht. Kompromisse gehören zwar zur Politik, aber niemand kann verlangen, dass eine Seite dabei ihre Existenzgrundlage aufgibt. Neue pharmazeutische Dienstleistungen und einige keineswegs sichere Zugeständnisse zum E-Rezept würden nichts nützen, wenn die Apotheken vor dem Ruin stehen.
Mit der Option die Gleichpreisigkeit auch ohne Rx-Versandverbot zu erreichen, haben sich die Apotheker durchaus bewegt. Das Rx-Versandverbot steht immerhin im Koalitionsvertrag. Es muss der Maßstab für alle denkbaren Alternativen sein. Das hat die außerordentliche Mitgliederversammlung nochmals deutlich gemacht. Damit gehen die Apotheker gestärkt in die entscheidende Phase des Gesetzgebungsverfahrens – und das ist das Verdienst der Kammern und Verbände, die diese Sitzung erwirkt haben. Nun wird es darauf ankommen, dass die Apotheker die am gestrigen Donnerstag formulierte Position klar verfolgen.
Drei Möglichkeiten für die Politik
Nach dem Bundesgesundheitsministerium sind das Kabinett und die Bundestagsabgeordneten am Zug. Sie können vor der EU-Position einknicken und das bewährte deutsche Apothekensystem aufgeben. Damit würden sie ihre eigenen Bekundungen zur Bedeutung der Apotheken verraten und den deutlichen Hinweis des Bundesgerichtshofs über die guten Aussichten für ein neues EU-Verfahren missachten.
Doch wenn es die Bundesregierung mit der Gleichpreisigkeit ernst meint, muss sie die Preisbindung für das Ausland im Arzneimittelgesetz erhalten und ihre Position vor dem Europäischen Gerichtshof entschlossen verteidigen. Eine diesbezügliche Anfrage des Oberlandesgerichts München liegt schon seit über einem Jahr unbeantwortet beim Bundesgesundheitsministerium. Ein neues europäisches Urteil könnte auf mittlere Sicht Klarheit für alle Beteiligten schaffen und die Zuständigkeiten in der EU wieder zurechtrücken. Auch die Versandbefürworter wären gut beraten, sich darauf einzulassen.
Denn wenn die Regierung diesen Weg scheut, bietet sich stattdessen das Rx-Versandverbot an. Vielleicht bekommt es für manchen Zauderer neuen Charme, weil sich damit das EU-Vertragsverletzungsverfahren erledigen würde. Denn die Frage nach der Gleichpreisigkeit würde sich dann nicht mehr stellen.
2 Kommentare
Arnold for President ... over and out ...
von Christian Timme am 03.05.2019 um 19:25 Uhr
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So so, das ist medial also zu kompliziert zu erklären...
von Marco Luckhardt am 03.05.2019 um 19:07 Uhr
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