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15. Mai 2019
Sie können’s kaum erwarten, unsere lieben Freude aus dem niederländischen DocMo-Versandlager: Auf großen Plakaten und Werbepostern verkünden sie es in freudiger Erwartung: „Das E-Rezept kommt.“ So wie sich die Marke VW (war da nicht was mit Betrug und Skandal?) in Werbeanzeigen gerne als „Das Auto“ positioniert, versucht DocMorris „Die Apotheke“ zu sein, wobei der Versender in Wirklichkeit gar keine richtige Apotheke ist, sondern ein Logistikunternehmen mit ein paar PTAs an Hotline-Telefonen. DocMorris gibt sich als innovativ, fortschrittlich, digital sowieso und jetzt will das Versandhaus Vorreiter beim E-Rezept werden. Geschickt gemacht, keine Frage, während der DAV und die anderen Plattformanbieter noch überlegen, ob sie sich beim E-Rezept an einen Tisch setzen sollen, haut DocMo schon mal eine Werbung raus und reklamiert das E-Rezept für sich. Und suggeriert, dass es bald so normal ist wie E-Mail, E-Banking und E-Mobilität. Klar, das Versandhaus möchte, dass die Patienten ihre E-Rezepte in die Niederlande schicken: Die können’s, die sind fortschrittlich. Mein liebes Tagebuch, und genau dafür „lieben“ wir unsere standeseigene Öffentlichkeitsarbeit: Von dort kommt nichts zum E-Rezept. Wäre es nicht super gewesen, wenn wir als Vor-Ort-Apotheken mit einer tollen Kampagne zum E-Rezept präsent gewesen wären, vor den niederländischen Versandfuzzis. So eine Kampagne hätte auch der Öffentlichkeit und der Politik signalisiert, dass wir Apothekers das Thema besetzen, dass wir es federführend angehen. Aber okay, unsere ABDA muss erst mal die Umzugskisten packen und sich auf ihre neuen Büros freuen.
Engelen, der Präsident der Kammer Nordrhein blieb nicht lange allein, jetzt fordert auch die Apothekerkammer Brandenburg mit Kammerpräsident Dobbert den Rücktritt der ABDA-Spitze. Ganz offiziell per Kammerbeschluss: Unser Trio infernal, Schmidt-Arnold-Becker, möge seinen Vorsitz niederlegen. Grund: Dobbert geht davon aus, dass Schmidt mit Spahn einen Deal ausgehandelt habe: Wenn wir auf das Rx-Verbot verzichten, dann gibt’s ein paar Honorarzuckerchen. Dobbert wehrt sich dagegen, die Verankerung der Rx-Preisbindung im AMG zu streichen, u.a., weil dann für PKV-Versicherte die Gleichpreisigkeit nicht mehr gelte. Der brandenburgische Kammerpräsident befürchtet Zustände in Apotheken wie an Tankstellen, wo zu bestimmten Zeiten die Preise steigen. Dobbert findet auch die von Spahn angebotenen Honorarerhöhungen vollkommen unzureichend. Zur Kostendeckung bräuchten die Apotheken keine 250 Mio. Euro, sondern 880 Mio. Euro. Außerdem habe sich die ABDA nicht an die Beschlusslage vom Januar gehalten, mit der man sich auf die Rückkehr zum Rx-Versandverbot geeinigt habe, wenn die geplanten Maßnahmen nicht zum Erhalt der Gleichpreisigkeit führen. Dobberts Fazit: „Wir brauchen einen ABDA-Präsidenten, der nicht immer nur eine brillante Rede hält und dann abtaucht. Wir brauchen auch keinen ABDA-Vizepräsidenten, der sich selbst als Medien-Experte bezeichnet, und dann sagt, dass der AMG-Satz zur Gleichpreisigkeit keinen Nachrichtenwert habe. Und wir brauchen auch keinen DAV-Chef, der die pharmazeutischen Dienstleistungen als dritte Schiene unserer Vergütung sieht.“ Mein liebes Tagebuch, damit ist in der Tat alles gesagt. Ernsthafte Folgen wird dieser Kammerbeschluss nicht haben, denn da müssten mindestens fünf Mitgliedsorganisationen den Rücktritt beantragen und die Mitgliederversammlung müsste es mehrheitlich beschließen. Aber die Fanfaren aus Brandenburg sind nicht zu überhören. Mein liebes Tagebuch, klar, mit dem Rücktritt wäre es nicht getan, wo sind die Alternativen? Soll man in Krisenzeiten die Spitze austauschen? Oder vielleicht gerade dann?
Unser Bundesgesundheitsminister flitzt mal wieder schnell wie Bits und Bytes durchs Netz. Ihm geht’s mit der Digitalisierung nicht zügig genug vorangeht. Deshalb hat er noch ein separates E-Health-Gesetz auf den Weg gebracht: „Digitale Versorgung Gesetz“ (DVG) heißt es im holprigen amtsdeutsch. Mit dem Gesetz sollen z. B. die Apotheken bis zum 31. März 2020 an die Telematikinfrastruktur angebunden sein. Und, Achtung, Apotheken sollen für ihre Dienstleistungen rund um den elektronischen Medikationsplan honoriert werden. Mein liebes Tagebuch, dass wir das noch erleben dürfen. Es wird aber auch Zeit! Wie viel an Cents konkret für unsere Mühen da drin stecken, steht natürlich noch nicht im Entwurf. Die Ausarbeitung der Vergütungsstruktur könne im Rahmen der Gesetzgebung zum Apotheken-Stärkungsgesetz erfolgen, war aus dem Ministerium zu hören. (Mein liebes Tagebuch, warum wird mir da spontan immer so speiübel, wenn ich das Wort Apotheken-Stärkungsgesetz schreibe? Vielleicht, weil mir beim Apotheken-Stärkungsgesetz nichts Gutes schwant?) Und alles soll laut Spahns Wunsch schnell gehen: Der elektronische Medikationsplan soll zusammen mit der elektronischen Patientenakte ab dem 1. Januar 2021 an den Start gehen. 2021? Da sollte eigentlich auch der Stuttgarter Bahnhof fertig sein, mittlerweile ist die Eröffnung auf 2025 verschoben.
13 Kommentare
F.Schmidt und Co müssen gegangen werden!
von Heiko Barz am 19.05.2019 um 19:35 Uhr
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AW: F.Schmidt und Co müssen gegangen werden ...
von Christian Timme am 19.05.2019 um 21:47 Uhr
Prophet Wolf
von Anita Peter am 19.05.2019 um 18:40 Uhr
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AW: Prophet Wolf
von Conny am 19.05.2019 um 22:22 Uhr
Raus aus der Deckung
von Reinhard Rodiger am 19.05.2019 um 14:58 Uhr
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Warum hatte sie nicht den Mumm, am Rx-Versandverbot festzuhalten?
von Uwe Hansmann am 19.05.2019 um 13:52 Uhr
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Rücktritt ABDA Spitze
von Veit Eck am 19.05.2019 um 11:28 Uhr
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AW: Rücktritt ABDA Spitze
von Conny am 19.05.2019 um 12:45 Uhr
Was sonst noch so passiert ist…
von Gunnar Müller, Detmold am 19.05.2019 um 9:33 Uhr
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Resultate
von Ulrich Ströh am 19.05.2019 um 8:37 Uhr
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TI
von Karl Friedrich Müller am 19.05.2019 um 8:30 Uhr
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AW: Technische Inkompetenz made by Spahn ...
von Christian Timme am 19.05.2019 um 9:47 Uhr
Wenn einer Standesvertretung der Berufsstand abhanden kommt ...
von Christian Timme am 19.05.2019 um 8:18 Uhr
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