Landesapothekerkammer Thüringen

Schreiber wird wiedergewählt und warnt vor Botendienst-Regelung

Berlin - 17.05.2019, 11:30 Uhr

Der neue Vorstand der Landesapothekerkammer Thüringen (v.l.): Dr. Jörg Wittig (1. Vize-Präsident), Sylvia Fandrei, Matthias Zink, Sabine Kratky (2. Vize-Präsidentin), Ronald Schreiber (Präsident), Dr. Anke Ritter und Andrea Kern. (m / Foto: LAKT)

Der neue Vorstand der Landesapothekerkammer Thüringen (v.l.): Dr. Jörg Wittig (1. Vize-Präsident), Sylvia Fandrei, Matthias Zink, Sabine Kratky (2. Vize-Präsidentin), Ronald Schreiber (Präsident), Dr. Anke Ritter und Andrea Kern. (m / Foto: LAKT)


Die Delegiertenversammlung der Landesapothekerkammer Thüringen hat einen neuen Vorstand gewählt. Auf der konstituierenden Sitzung am vergangenen Mittwoch wurde Präsident Ronald Schreiber erneut ins Amt gewählt, im weiteren Vorstand gab es aber Bewegung. In seiner Rede war Schreiber zuvor auf das Apotheken-Stärkungsgesetz eingegangen. Er warnte insbesondere vor dem Verlust der Gleichpreisigkeit und den derzeit geplanten Regelungen zum Botendienst.

Die Delegiertenversammlung der Landesapothekerkammer Thüringen (LAKT) ist am vergangenen Mittwoch in Erfurt zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Die 35 anwesenden Apotheker wählten einen neuen Vorstand: Als Präsident wurde Ronald Schreiber aus Erfurt wiedergewählt. Schreiber ist seit 2003 als Präsident im Amt. Er erhielt 33 Stimmen, es gab zwei Enthaltungen.

Im restlichen Vorstand der LAKT gab es aber einige Neuigkeiten: Dr. Jörg Witting aus Schleiz ist nun erster Vize-Präsident, Sabine Kratky aus Saalfeld wurde zur zweiten Vize-Präsidentin gewählt. Ausgeschieden aus dem Vorstand sind Dr. Antje Mannetstätter sowie Dr. Lutz Gebert. Als neue Beisitzer wurden dafür Andrea Kern aus Suhl sowie Matthias Zink aus Rudolstadt in das Gremium gewählt. Sylvia Fandrei aus Bad Blankenburg sowie Dr. Anke Ritter verbleiben eine weitere Wahlperiode als Beisitzer im Vorstand.

Schreiber: So kann das Gesetz die Apotheken nicht stärken!

In seiner Rede beschäftigte sich Schreiber unter anderem mit dem geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz. Seine rhetorische Frage, ob das Vorhaben in seiner jetzigen Form eine wirkliche Stärkung der Apotheken mit sich bringen könne, beantwortete er selbst mit „Nein!“. In erster Linie beruht Schreibers Skepsis auf der vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Streichung des „alten“ Rx-Boni-Verbotes aus dem Arzneimittelgesetz (AMG). Zur Erklärung: Als Reaktion auf das EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den AMG-Satz zur Rx-Preisbindung für EU-Versender streichen. Dafür soll die Gleichpreisigkeit künftig im SGB V verankert werden.

„Die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG wird ein zentrales Kriterium der Bewertung sein, verschiedene Juristen warnen in ihren Stellungnahmen ausdrücklichst vor einer solchen Streichung und sehen das komplette Preisgefüge für AM in Deutschland in Gefahr“, erklärte der Kammerpräsident. Zur Erinnerung: Die beiden Apothekenrechtsexperten Dr. Elmar Mand und Prof. Hilko Meyer warnen in einem Gutachten davor, dass die gesamte Rx-Preisbindung kippen könnte, wenn der AMG-Satz gestrichen wird. Schreiber will für die Gleichpreisigkeit kämpfen. Auf der Kammerversammlung erklärte er warum:


Sie garantiert die Gleichbehandlung der Versicherten unabhängig von Ort und Zeit ihres Arzneimittelbedarfs und trägt dem Charakter des Arzneimittels als besonderem Gut Rechnung, für das es keine Nachfrageelastizität gibt. Es ist Aufgabe und Verpflichtung des Staates, das Primat der öffentlichen Apotheken vor Ort in Abgrenzung zum Versandhandel weiterhin sicherzustellen und zu unterstützen, wenn er für eine optimale Arzneimittelversorgung Sorge tragen will. Er hat dabei auch einer Trivialisierung des Arzneimittels entgegenzuwirken, die zwangsläufig entsteht, wenn es im Hinblick auf Vertrieb und Liefervorgang von einem beliebigen Konsumgut nicht mehr unterscheidbar ist. Patienten, die den besonderen Charakter des Arzneimittels nicht mehr erkennen, nehmen auch die Medikation nicht mehr als Risikoprozess wahr, für den sie erforderlichen Rat suchen, annehmen und dauerhaft befolgen sollten.“

LAKT-Präsident Ronald Schreiber


Schreiber: Vielleicht braucht es dann irgendwann gar keine Apotheke mehr

Änderungsbedarf sieht Schreiber auch bei den geplanten Botendienst-Regelungen. Das BMG will mit dem geplanten Gesetz die Botendienste erstmals gesetzlich verankern und regeln. Er wird legal definiert als „Zustellung durch Boten der Apotheke“. Hierunter ist laut Begründung die Zustellung durch Personal der Apotheke oder auch externes Personal, das der Weisungshoheit der Apothekenleitung untersteht, zu verstehen. „Im Gegensatz hierzu handelt es sich bei der Zustellung durch nicht durchgehend weisungsgebundene beauftragte externe Dienstleister um Versandhandel.“ Zudem wird die Begrenzung des Botendienstes auf den Einzelfall aufgegeben. Künftig soll der Botendienst auf Kundenwunsch grundsätzlich zulässig sein. Es wird auch klargestellt, dass die Zustellung von Rx-Arzneimitteln durch pharmazeutisches Personal erfolgen muss, wenn die Beratung nicht zuvor in der Apotheke stattgefunden hat. Alternativ kann auch im Wege der Telekommunikation aus der Apotheke beraten werden.

Kammerpräsident Schreiber hinterfragt unter anderem, über welche Telekommunikationswege die Beratung denn stattfinden soll. Und: Durch die geplante Streichung des Wortes „Einzelfall“ in Bezug auf den Botendienst befürchtet er, dass die Abgrenzungsmöglichkeiten zum Versandhandel vollständig verschwimmen könnten. „Die Aufweichung des Botendienstes in Richtung Versandhandel ist so nicht hinnehmbar, unter Umständen braucht es dann gar keine Apotheke mehr?“, sagte der Kammerpräsident.

Schreiber kritisierte auch die vom BMG veranschlagte Vergütungshöhe für die geplanten pharmazeutischen Dienstleistungen. Das Ministerium plant derzeit einen Fonds einzurichten, in den pro Packung 20 Cent eingezahlt werden, das entspräche einer Gesamtvergütung von etwa 120 Millionen Euro pro Jahr. Schreiber sagte, dass dieser Finanzrahmen „deutlich zu klein“ sei, wenn man die Leistungen allen Anspruchsberechtigten immer anbieten wollen würde. Und weiter: „Glauben wir wirklich, dass mit 10.500 Euro pro Apotheke das Apothekensterben einzudämmen ist?“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.