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Aufgrund von zwei Fallberichten
AkdÄ warnt vor Stürzen unter Methadon
Methadon ist etabliert in der Substitutionstherapie opioidabhängiger Patienten. In der Tumortherapie ist Methadon derzeit nicht offiziell anerkannt und zugelassen, die antiproliferativen Effekte gelten als umstritten. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) weist nun auf Risiken einer Off-Label-Tumorbehandlung mit Methadon hin: Zwei Fallberichte erreichten die AkdÄ, laut derer Methadon Stürze provozieren und entstandene Frakturen durch seine schmerzhemmende Wirkung verschleiern kann. Aber: Machen das nicht alle Opioide?
Methadon ist in Deutschland lediglich zugelassen zur Substitutionsbehandlung von Opiatabhängigen. Ob Methadon daneben noch antiproliferativ auf Tumoren wirkt, diskutieren Laien und Fachkreise seit Jahren kontrovers. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bewertet den antiproliferativen Effekt von Methadon derzeit als „fraglich“. Mit dieser Einschätzung ist die AkdÄ nicht allein.
Methadon zählt zu den synthetischen Opioidrezeptoragonisten und greift vorwiegend am µ-Rezeptor an. Das enantiomerenreine Levomethadon, auch L-Polamidon genannt, darf neben der Substitutionstherapie zusätzlich auch bei starken Schmerzen eingesetzt werden.
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Dennoch setzen manche Ärzte Methadon auch in der Tumortherapie ein. Die AkdÄ warnt nun, „dass die hinsichtlich ihrer Wirksamkeit nicht belegte Tumorbehandlung mit Methadon zu schwerwiegenden Folgen für die Patienten führen kann". Die Patienten seien sturzgefährdet und Frakturen könnten durch die starke analgetische Wirkung verschleiert werden, so die AkdÄ im Deutschen Ärzteblatt vom 17.05.2019: Berichte an die AkdÄ über Stürze unter der Einnahme von Methadon: Was muss beachtet werden? „Aus der UAW-Datenbank“. „Diese Risiken sollten bei der Off-Label-Anwendung von Methadon in der Tumortherapie mit in Betracht gezogen werden“, erklärt die AkdÄ.
Zwei Fallberichte
Die von der AkdÄ vorgebrachten Sorgen stützt die Kommission auf zwei Fallberichte aus der Onkologie. Beide Glioblastompatienten erhielten nach operativen Eingriffen Bestrahlungen und Temozolamid und nahmen zusätzlich Methadon ein. Eine Patientin stürzte unter der Behandlung auf die Hüfte, die Schenkelhalsfraktur blieb zunächst unbemerkt, diese Symptomkaschierung führten die behandelnden Ärzte, so die AkdÄ, auf die Methadoneinnahme zurück. Diese lag bei 26 mg täglich und ist verhältnismäßig niedrig. Die Fachinformation zu methadonhaltigen Arzneimitteln (nur zur Substitution zugelassen!) informiert: „Die durchschnittliche initiale Tagesdosis beträgt bei Patienten, deren Opiattoleranzschwelle unbekannt oder unsicher ist, 20 mg Methadonhydrochlorid (…). In Extremfällen kann die initiale Tagesdosis bis maximal 100 mg Methadonhydrochlorid betragen“. Das zur Schmerztherapie zugelassene Levomethadon erlaubt eine Einzeldosis von 7,5 mg (entspricht 15 mg Methadon) bis maximal vier- bis sechsmal täglich, also 45 mg Levomethadon (entspricht 90 mg Methadon).
Im zweiten von der AkdÄ vorgestellten Patientenfall stürzte der Patient ebenfalls und erlitt ein schweres Schädelhirntrauma. Die tägliche Methadondosis war unbekannt.
Sturz: Klasseneffekt der Opioide?
Die AkdÄ stützt ihre wissenschaftliche Einordnung unter anderem auf eine dänische Fall-Kontroll-Studie „Fracture risk associated with the use of morphin and opiates“, veröffentlicht 2006 im Journal of Internal Medicine. Die Wissenschaftler fanden damals ein erhöhtes Frakturrisiko, und zwar jeglicher Art (unter anderem Hüfte, Wirbelsäule, osteoporotisch bedingt), bei allen Opiatanwendern:
- Morphin 1,47 (95-Prozent-KI 1,37-1,58),
- Fentanyl 2,23 (95-Prozent-KI 1,89-2,64),
- Methadon 1,39 (95-Prozent-KI 1,05-1,83),
- Oxycodon 1,36 (95-Prozent-KI 1,08-1,69).
Laut diesen Ergebnissen schnitt Methadon noch besser ab als Morphin oder Fentanyl. Bei der Aufschlüsselung nach osteoporotischen Hüftfrakturen, die mit Opioiden behandelt wurden, kamen die Wissenschaftler sogar zu dem Schluss: „Für Methadon und Ketobemidon wurde keine signifikante Erhöhung des Hüftfrakturrisikos festgestellt.“ (Anmerkung: In Deutschland ist laut der Gelben Liste, Stand 24.05.2019, kein Fertigarzneimittel mit Ketobemidon im Handel).
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Den Grund eines erhöhten Frakturrisikos vermuten die Wissenschaftler in vermehrten Stürzen aufgrund von zentralnervösen Wirkungen der Opioide, wie Schwindel.
AkdÄ korrigiert Formulierung
Die AkdÄ erklärt in ihrem Bericht zu der oben genannten Studie: „Eine dänische Fall-Kontroll-Studie zeigte ein erhöhtes Fraktur-Risiko unter der analgetischen Behandlung mit Opioiden, einschließlich Methadon.“
In einer früheren Version der AkdÄ war hier noch zu lesen: „Eine dänische Fall-Kontroll-Studie zeigte ein erhöhtes Fraktur-Risiko unter der analgetischen Behandlung mit Opioiden und speziell mit Methadon.“ Dies hatte die AkdÄ auf Nachfrage jedoch korrigiert, da erstere Formulierung Potenzial für Missverständnisse barg und suggerierte, dass die AkdÄ das Sturzrisiko für Methadon quantitativ im Vergleich zu anderen Opioiden bewertete. Auf Nachfrage von DAZ.online erklärt die AkdÄ:
„Es ging uns nicht darum, Methadon in der Schmerzbehandlung im Vergleich zu den anderen Opioiden bezüglich des Sturz- und Frakturrisikos einzuordnen. In den berichteten Fällen wurde Methadon von den Patienten nicht als Analgetikum, sondern in der Hoffnung einer antiproliferativen Wirksamkeit eingenommen. Der Ausdruck „speziell mit Methadon“ sollte lediglich auf die Tatsache hinweisen, dass in der zitierten Studie Daten speziell auch zu Methadon ausgewertet wurden. Es sollte davon nicht abgeleitet werden, dass Methadon besonders viele Stürze oder Frakturen provoziert, sondern lediglich dass Methadon dieses Risiko – genauso wie die anderen Opioide – birgt."
1 Kommentar
Die Argumente gegen Methadon werden zunehmend absurd ...
von W.Müller am 06.06.2019 um 17:36 Uhr
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