Oberlandesgericht Düsseldorf

Das gesamte Arzneimittelpreisrecht wankt

Berlin - 29.05.2019, 17:50 Uhr

Apotheken waren die ersten, die das EuGH-Urteil zu spüren bekamen, - nun folgen offenbar Hersteller und Großhändler. (b/Foto: Phagro)

Apotheken waren die ersten, die das EuGH-Urteil zu spüren bekamen, - nun folgen offenbar Hersteller und Großhändler. (b/Foto: Phagro)


Landgericht: Bindung an den Herstellerabgabepreis ist Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit

Das Landgericht Düsseldorf wies den Antrag auf Einstweilige Verfügung im Dezember vergangenen Jahres zurück (Urteil vom 6. Dezember 2019, Az. 14c O 105/18). Er sei bereits nicht zulässig, weil das Gericht „unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt örtlich zuständig“ sei. Allerdings setzte es sich auch mit dem geltend gemachten Anspruch als solches auseinander. Und zwar mit folgendem Ergebnis:

„Die in Rede stehenden nationalen Vorschriften in § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG und in § 1 AMPreisV, welche den einheitlichen Herstellerabgabepreis regeln, finden bei Vorliegen eines grenzüberschreitenden Sachverhalts keine Anwendung, da andernfalls gegen die vorranging anzuwendende, im europäischen Primärrecht verankerte Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 ff. AEUV) verstoßen würde“. Recht ausführlich legen die Richter dar, dass die Bindung an den deutschen Herstellerabgabepreis, wie er in der Lauerliste festgelegt ist, einen Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit darstelle. Und sie kommen natürlich auf die bereits erwähnte EuGH-Entscheidung zu sprechen.

Der EuGH habe festgestellt, dass EU-Versender auf den Preiswettbewerb angewiesen seien, wenn sie mit deutschen Apotheken konkurrieren wollten – denn schließlich hätten sie nur über den Versandhandel Zugang zum deutschen Markt. Weiter führt das Landgericht aus: „Ein Wettbewerb hierzulande ist den im EU-Ausland ansässigen Versandapotheken indes nur möglich, wenn sie auch rabattierte Arzneimittel, die für den deutschen Markt bestimmt sind (und die von Ärzten für ihre in Deutschland ansässigen Patienten verschrieben worden sind), beziehen können und sie – was ihren eigenen Einkaufspreis angeht –  insofern nicht an den einheitlichen Herstellerabgabepreis gebunden sind.“ Zwar können die Versender nach der EuGH-Entscheidung ihre Abgabepreise frei bestimmen und somit – im Gegensatz zu den inländischen Apotheken – gegenüber den Endverbrauchern einen Rabatt gewähren. „Allerdings werden sie hiervon unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten dauerhaft nur dann Gebrauch machen können, wenn ihre eigenen Einkaufspreise niedriger als der einheitliche Herstellerabgabepreis sind“.

Aus Gründen des Gesundheitsschutzes für gerechtfertigt hält das Landgericht den von ihm angenommenen Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit ebenfalls nicht. Auch hier verweist das Urteil auf den EuGH. Zudem sei zu berücksichtigen, dass in einem einstweiligen Verfügungsverfahren keine umfassende Klärung der Rechtfertigungsvoraussetzungen möglich sei.

Und dieses Urteil hat die nächste Instanz nun also bestätigt. Bislang ist lediglich der Tenor bekannt – die Berufung wurde zurückgewiesen. Wie die Gründe ausfallen, ist abzuwarten. Aber der 20. Zivilsenat dürfte erfahrungsgemäß nicht zimperlich mit seiner Argumentation sein.



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6 Kommentare

OLG Urteil

von Hans-Dieter Rosenbaum am 30.05.2019 um 11:24 Uhr

Glaubt wirklich noch irgendwer, dass die Politik sinnstiftend handeln wird ? Der geht es nunmehr um die Frage, ob Spahn Wirtschaftsminister wird. Das ist offenbar viel wichtiger. Die ABDA, die sich ausdrücklich nicht als Interessenvertreter einzelner Apotheker versteht (Originalton Schmidt), hat nun wirklich alle Hände voll zu tun mit ihrem Umzug. Was momentan passiert, passiert nun wirklich zur Unzeit. Weil jeder, der etwas bewegen könnte, sich in Scheinprobleme flüchtet. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten ...

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.

von Anita Peter am 30.05.2019 um 6:36 Uhr

Ist ja nicht so als gäbe es kein Instrument um alles (!!) wieder ins Lot zu bringen.

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Sehr schön

von Stefan Haydn am 29.05.2019 um 22:02 Uhr

Darauf habe ich gewartet.
Dann bitte sofort her mit vergleichbaren Einkaufsrabatten für mich, sonst liegt hier ebenfalls klare Inländerdiskriminierung vor.
Pech für die KrankenKassen :-)
Eine Steilvorlage für Einkaufskooperationen, noch mehr Druck auf die Hersteller.

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Das wird spannend ....

von Bernd Jas am 29.05.2019 um 21:48 Uhr

....wenn der GKV ihre Sklaven und Knechte verloren gehen.
Und die sollen bloß nicht wieder kommen mit "rückwirkend"; wir sind am Zuge, insbesondere dann wenn das SGB V auch mit ins wanken gerät.

Morituri te salutant

Dann bedien´ ich mich auch gerne noch beim Konstantin dem Wecker:
"Und am Rand sind ein paar Unverbesserliche noch verdutzt!
Die alten Ängste, pittoresk gepflanzt
Treiben sehr bunte, neue Blüten
Die Bullen beißen wieder und der Landtag tanzt –
Endlich geschafft, ein Volk von Phagozyten!"

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Jetzt noch .....

von gabriela aures am 29.05.2019 um 19:39 Uhr

...Uber billiger tanken lassen, damit sie ihre Kampfpreise halten können, während die deutschen Taxifahrer mit Auflagen überschüttet bleiben, dann paßt ja alles.

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OLG Urteil

von Küsgens,Bernd am 29.05.2019 um 19:22 Uhr

Das wars dann wohl.

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