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Deutscher Ärztetag
Ärzte fordern Sicherstellungsauftrag für Arzneimittelversorgung
Die Ärzte haben einen Sicherstellungsauftrag für die ambulante ärztliche Versorgung: Sie und ihre Selbstverwaltung müssen dafür sorgen, dass die medizinische Versorgung flächendeckend gewährleistet ist. Den Apotheken obliegt nach dem Apothekengesetz die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Doch der Deutsche Ärztetag will mit Blick auf die zunehmenden Lieferengpässe offensichtlich mehr. In einem Antrag fordert er, „einen Sicherstellungsauftrag für die Medikamentenversorgung zu vergeben“. Wer genau diesen Auftrag erfüllen soll, beantworten die Mediziner aber nicht. DAZ.online hat die wichtigsten Beschlüsse des Ärztetages für Apotheker zusammengefasst.
In der vergangenen Woche fand in Münster der 122. Deutsche Ärztetag statt. Die Mediziner haben nicht nur ein neues Präsidium der Bundesärztekammer gewählt. Sie haben sich auch mit zahlreichen Anträgen beschäftigt, die auch für Apotheker relevant sind, weil sie die Arzneimittelversorgung betreffen. DAZ.online hat sich die wichtigsten beschlossenen Anträge des Ärztetages angeschaut. Ein Überblick:
Sicherstellungsauftrag für die Arzneimittelversorgung
In § 72 des SGB V ist der Sicherstellungsauftrag für die medizinische Versorgung festgehalten. Es handelt sich dabei um einen staatlichen Auftrag, die Versorgung der Bevölkerung mit Haus- und Fachärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und einem ärztlichen und zahnärztlichen Notdienst zu gewährleisten.
Nun heißt es in einem Beschluss des Ärztetages: „Der 122. Deutsche Ärztetag 2019 fordert die Bundesregierung auf, einen Sicherstellungsauftrag für die Medikamentenversorgung zu vergeben“. Die Mediziner begründen ihre Forderung mit den zunehmenden Lieferengpässen bei „lebenswichtigen Medikamenten“. Als Beispiele werden die onkologische Versorgung und die derzeit auftretenden Engpässe in der Valsartan-Versorgung genannt.
Wer die von den Ärzten gewünschte Aufgabe wie übernehmen soll, bleibt im Antrag unklar. Unerwähnt bleibt auch, dass in § 1 Absatz 1 Apothekengesetz geregelt ist, dass den Apotheken „die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung“ obliegt. Was unter einer ordnungsgemäßen Versorgung zu verstehen ist, ist gesetzlich allerdings nicht genauer definiert. Es gibt aber einige Anhaltspunkte. Sie gilt etwa als ordnungsgemäß, wenn sie nach den Bestimmungen des geltenden Rechts und auf Basis der allgemeinen Erkenntnisse von Wissenschaft und Forschung erfolgt. Als sichergestellt gilt sie, wenn fächendeckend und zu jeder Zeit über das notwendige Arzneimittel verfügt werden kann, heißt es in der juristischen Literatur.
Dieser Auftrag geht den Ärzten offensichtlich nicht weit genug. Und richtig ist, dass es immer wieder zu Lieferengpässen kommt, für die Apotheken nichts können. Offenbar wünschen sich die Mediziner einen Hauptverantwortlichen, der in solchen Fällen gerade steht.
Impfungen, Fremdbesitz, Biopharmazeutika
Impfungen in Apotheken
Gleich an mehreren Stellen im Beschlussprotokoll des Ärztetages sprechen sich die Mediziner gegen das Impfrecht für Apotheker aus. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plant derzeit, dass Apotheker im Rahmen von Modellvorhaben Grippeschutzimpfungen verabreichen können. Seit Monaten laufen die Ärzte Sturm dagegen. „Apothekerinnen und Apotheker erwerben während ihres Studiums der Pharmazie nicht die hierfür notwendigen Kompetenzen. Eine ärztliche Schulung – wie in dem Gesetzentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken vorgesehen – genügt ebenfalls nicht, um Apothekerinnen und Apotheker zum Impfen zu befähigen und mit den erforderlichen Notfallmaßnahmen effizient vertraut zu machen“, heißt es in einem Beschluss.
Fremdbesitz verhindern
Die Ärzte kritisieren die „fortschreitende Übernahme ambulanter Versorgungsstrukturen durch Fremdinvestoren“. Die Ökonomisierung könne „durch Aufkauf von Einzelpraxen oder Gemeinschaftspraxen und durch Ausbildung monopolartiger Strukturen nicht nur das Prinzip der freien Arztwahl, sondern auch das bewährte, auf Vertrauen und Verantwortung basierende Patient-Arzt-Verhältnis von Patient/in und Ärztin/Arzt in Frage stellen“, heißt es. Auch mit Verweis auf das Fremdbesitzverbot im Apothekenmarkt fordern die Mediziner daher den Gesetzgeber auf, Regeln für „juristische Personen des Privatrechts in der ambulanten ärztlichen Versorgung zu schaffen, die ordnenden Charakter haben. Es gilt, die Trennung von freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit zu erhalten, wie dies auch bei den anderen freien akademischen Berufen wie Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Architekten et cetera gelingt“.
Kein Aut-idem-Austausch in der Apotheke für Biopharmazeutika
Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) will die Bundesregierung einen ersten Schritt in Richtung Aut-idem-Regelung für Biopharmazeutika gehen. Nach einer mehrjährigen Übergangszeit sollen solche Arzneimittel auch in Apotheken ausgetauscht werden dürfen. Die Mediziner warnen davor. Denn die Entscheidung zum Einsatz eines Biosimilars müsse der behandelnde Arzt treffen. „Nur so ist sicherzustellen, dass weder die Patientensicherheit noch die Adhärenz noch der Therapieerfolg aus ökonomischen Gründen kompromittiert werden.“ Auch hier bezweifeln die Ärzte, dass die Apotheker ausreichend Kompetenzen haben, um einen Austausch selbstständig vorzunehmen. „Im Fall einer schweren Nebenwirkung ließe sich bei einer automatischen Substitution in der Apotheke nicht sofort erkennen, welches biologische Arzneimittel der Patient genau erhalten hat. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, kann aber die Behandlung patientenindividuell angepasst werden“, heißt es.
BtM aus Kliniken, Antibiotika
Kliniken sollen BtM zur Überbrückung mitgeben dürfen
Krankenhausärzte sollen Patienten künftig auch Betäubungsmittel zur Überbrückung eines Wochenendes oder Feiertages mitgeben dürfen. Einen entsprechenden Beschluss hatte kürzlich die Hauptversammlung des Marburger Bundes gefasst. Nun hat auch der Ärztetag einen ganz ähnlichen Beschluss formuliert. „Die derzeitige Regelung mit individuellen Betäubungsmittelrezepten für jeden Krankenhausfacharzt oder den Weg über die Krankenhausapotheke ist mit viel Aufwand verbunden und wird daher in der Praxis kaum umgesetzt und setzt die Ärztinnen und Ärzte derzeit einem strafrechtlichen Risiko aus“, heißt es zur Erklärung.
Antibiotikaproduktion zurück nach Europa
Die Ärzte fordern, dass die Antibiotikaproduktion zurück nach Europa kommen soll. Dies solle gesetzgeberisch unterstützt werden. „In Europa ist eine hochwertige Produktion unter Einhaltung aller notwendigen Qualitäts- und Umweltkriterien möglich, was zu einer Verbesserung der Versorgung führen würde“, heißt es in dem entsprechenden Antrag.
Derzeit finde die Produktion von Antibiotika und deren Wirkstoffen zu einem großen Teil in Schwellenländern statt und sei dort zusätzlich auf wenige Standorte konzentriert, heißt es zur Begründung. Komme es dort etwa zu einem hygienischen oder technischen Problem, stehe die Versorgungssicherheit auf dem Spiel. Die Mediziner sorgen sich aber auch um etwaige Trinkwasser-Verschmutzungen mit Antibiotika, die in Schwellenländern bereits mehrfach nachgewiesen worden seien, heißt es.
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