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Generalanwalt Maciej Szpunar
EuGH kippt deutsche Honorarordnung für Architekten
Nicht nur die Festpreise im deutschen Arzneimittelwesen sind
der EU ein Dorn im Auge. Schon seit längerer Zeit lief
auch ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik wegen der
Honorarordnung für Architekten. Nun steht das Urteil fest: Die in der
Honorarordnung festgelegten Mindest- und Höchstpreise für Architekten in
Deutschland verstoßen gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie, urteilte das Gericht. Generalanwalt war
übrigens der Pole Maciej Szpunar, der auch im EuGH-Verfahren zur
Rx-Preisbindung involviert war. Auch sonst gibt es auffällig viele Ähnlichkeiten in der Argumentation.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die in Deutschland geltende Honorarordnung für die Vergütung von Architekten größtenteils gekippt. Konkret geht es um die „Honorarordnung für Architekten und Ingenieure“ (HOAI), die die Honorierung der Architekten verbindlich regelt, wobei Beratungsleistungen der Architekten nicht zu diesem verbindlichen Vergütungsspektrum gehören. Grundsätzlich können die Vertragspartner die Vergütung frei vereinbaren, allerdings müssen sie sich der HOAI zufolge innerhalb gewisser Höchst- und Mindestgrenzen bewegen. Nur in begründeten Ausnahmefällen dürfen diese Grenzen unter- und überschritten werden.
Die EU-Kommission hatte gegen die Bundesrepublik wegen dieser Regelungen ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Der Konflikt ging von den EuGH und dieser musste nun prüfen, ob die HOAI gegen EU-Recht verstößt – konkret gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie. Danach dürfen Mindest- und oder Höchstpreise nur vorgeschrieben werden, wenn sie keine Diskriminierung darstellen und zur Verwirklichung eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses erforderlich sind. Das Verfahren gegen die Bundesrepublik lief seit 2015, nach den ersten Schritten des Vertragsverletzungsverfahrens erhob die Kommission 2016 Klage.
Während des Verfahrens vertrat die EU-Kommission die Ansicht, dass die HOAI Marktteilnehmern aus anderen EU-Staaten durch die Mindest- und Höchstpreise den Zugang zum Markt erschwere. Die Argumentation ist sehr ähnlich zum Vorgehen der EU im Verfahren gegen die Festpreise bei Rx-Arzneimitteln. Auch bei den Architekten vertrat die Kommission im EuGH-Verfahren die Ansicht, dass es Teilnehmer aus anderen Staaten grundsätzlich schwerer hätten, hierzulande zu konkurrieren. Und: Die HOAI regele zwar nicht direkt und formell den Marktzugang für Architekten, allerdings bestehe durch die Preisregelung eine Anreizwirkung, so die Kommission.
Szpunars Argumente fast deckungsgleich
Die Bundesrepublik verteidigte die Preisregulierungen im Inland. Sie wies darauf hin, dass die Preisgrenzen nicht für alle Leistungen, sondern nur für Planungsleistungen der Architekten gilt. Ähnlich wie bei den Arzneimittelpreisen versuchte die Bundesrepublik auch hier mit dem Allgemeinwohl zu argumentieren: Schließlich bestehe ein „besonderes öffentliches Interesse an der Gewährleistung hoher Qualitätsstandards“, heißt es in den Schlussanträgen des Generalanwalts zur Position der Bundesrepublik. Konkret gehe es um „die Qualität der Planungsleistungen, den Verbraucherschutz, die Bausicherheit, die Erhaltung der Baukultur und das Ziel des ökologischen Bauens. Das Hauptziel bestehe darin, ein hohes Qualitätsniveau zu gewährleisten, was auch das Erreichen der anderen genannten Ziele erleichtere“. Die Vertreter Deutschlands verwiesen auch auf vorangegangene EuGH-Urteile, aus denen hervorging, dass Honorarordnungen kein Hindernis darstellten, so lange es Flexibilität gebe.
Generalanwalt in diesem Verfahren war übrigens kein Unbekannter für die Apotheker: Der Pole Maciej Szpunar beschäftigte sich mit der Honorarordnung der Architekten. Szpunar hatte 2016 in den Schlussanträgen erklärt, dass die Bundesrepublik aus seiner Sicht nicht genügend Argumente dafür vorgebracht habe, die die Einschränkung der freien Warenverkehrsfreiheit für EU-Versender rechtfertigen könnten. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Der EuGH folgte der Meinung Szpunars und kippte die Rx-Preisbindung, die im Arzneimittelgesetz für EU-Versender festgehalten ist.
Szpunar: Deutschlands Argumente nicht ausreichend
Und auch im Verfahren zur Honorarordnung der Architekten in Deutschland legte Szpunar eine fast deckungsgleiche Argumentation vor. Er könne aus den Argumenten der Bundesrepublik schlichtweg nicht erkennen, warum sich die Preisgrenzen auf das Allgemeinwohl auswirken sollten. Wörtlich erklärte er zu diesem Punkt: „Jedoch, und hier teile ich die Auffassung der Kommission, kann ich nicht erkennen, wie das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland in konkretem Zusammenhang mit der Bausicherheit, der Erhaltung der Baukultur und dem Ziel des ökologischen Bauens steht. Das Vorbringen ist vielmehr vollständig auf die Gewährleistung der Qualität der Planungsleistungen und den Verbraucherschutz ausgerichtet. Um die anderen drei Rechtfertigungsgründe im vorliegenden Fall wirksam zu machen, hätte die Bundesrepublik Deutschland speziell vortragen müssen, warum und wie die betreffenden streitigen Maßnahmen dazu dienen, diese Ziele zu erreichen.“
Und auch in diesem Verfahren folgten die Richter Szpunars Argumenten. In ihrem Urteil erklärten die Richter, dass die Preisgrenzen für Architekten dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprächen. Denn: Die Mindestsätze gelten nur für Architekten und Ingenieure. Die Leistungen könnten aber auch von anderen Dienstleistern erbracht werden, die ihre fachliche Eignung nicht nachweisen müssten. Daher seien die Mindestsätze ungeeignet, hohe Qualitätsstandards und den Verbraucherschutz zu sichern. Außerdem habe die Bundesrepublik nicht nachgewiesen, warum ausführliche Preisinformationen für Kunden den Verbraucherschutz nicht sicherten.
5 Kommentare
Apotheken waren erst der Anfang
von ratatosk am 04.07.2019 um 18:17 Uhr
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AW: Apotheken waren erst der Anfang
von Heiko Barz am 04.07.2019 um 21:02 Uhr
Ja nu
von Peter am 04.07.2019 um 15:26 Uhr
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AW: Ja nu
von Udo Tjaden am 05.07.2019 um 12:06 Uhr
Aha.
von A. Fischer am 04.07.2019 um 15:07 Uhr
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