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Honorargutachten umsetzen, Höchstpreise einführen
Kassen: Lieber Versender-Verträge als höheres Apotheken-Honorar
Der GKV-Spitzenverband rührt erneut die Werbetrommel für eine umfassende Deregulierung des gesamten Apothekenmarktes. In seinem Jahresbericht 2018 erinnert der Kassenverband an sein Positionspapier aus dem vergangenen Jahr und erneuert – auch mit Blick auf die aktuelle politische Diskussion – seine politischen Forderungen: Im Apothekenmarkt werde zu viel über die Vergütung der Pharmazeuten und zu wenig über den Patienten geredet. Den Versandhandel wollen die Kassen forcieren und zudem ein Höchstpreismodell einführen.
Geht es nach dem GKV-Spitzenverband, würde es den Apothekenmarkt, so wie er heute existiert, nicht mehr länger geben. Schon im vergangenen Jahr stellte der Kassenverband in einem vom Verwaltungsrat beschlossenen Positionspapier zur „Neuausrichtung“ des Apothekenmarktes klar, dass aus seiner Sicht viele Veränderungen nötig sind. Mit Blick auf das Honorargutachten des Bundeswirtschaftsministeriums fordern die Kassen darin die drastische Absenkung der Apotheken- und Großhandelsvergütung, um mehr als 1 Milliarde Euro zu sparen. Außerdem ging es im vergangenen Jahr schon um die Zulassung von Apothekenketten, Apothekenbusse, Video-Apotheken und Höchstpreise.
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In seinem jetzt veröffentlichten Jahresbericht erneuert der GKV-Spitzenverband die meisten dieser Positionen. Von der Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes ist in dem Papier ausnahmsweise keine Rede, dafür fokussiert sich der Kassenverband auf die Vergütung der Pharmazeuten und den Versandhandel. Grundsätzlich wünscht sich der GKV-Spitzenverband mehr Flexibilität im Markt. Denn es könne nicht das Ziel sein, „historisch gewachsene Strukturen zu bewahren“. Vielmehr müsse sich die Versorgung an den Bedürfnissen der Patienten orientieren. Und weiter: „Der Apothekenmarkt in Deutschland zeichnet sich durch eine starke Regulierung aus, die vor allem dem Leitgedanken folgt, bestehende, historisch gewachsene Privilegien und Strukturen zu bewahren. Nicht die Patientinnen und Patienten stehen dabei im Fokus, sondern vielmehr die Vergütung der Apothekerinnen und Apotheker.“
Mobile Versorgung, flexible Öffnungszeiten, Telepharmazie
Was die Struktur betrifft, wünschen sich die Kassen weniger starre Öffnungszeiten in schwach besiedelten Regionen, eine verstärkte mobile Versorgung, telepharmazeutische Sprechstunden sowie „durch Teleassistenz unterstützte Kooperationen zwischen Haupt- und Filialapotheken, um Synergieeffekte zu schaffen“. Zudem müsse sich das Apothekenhonorar „wieder mehr auf die apothekerlichen Kerntätigkeiten“ konzentrieren. Schon seit Jahren beschwert sich der Kassenverband über mangelnde Transparenz und eine schlechte Datenlage beim Apothekenhonorar. Mit Blick auf das Honorargutachten des BMWi meint der Kassenverband zu wissen: „Die Honorare der Apothekerschaft sind ungleich verteilt, es gibt erhebliche Wirtschaftlichkeitsreserven und in vielen Regionen besteht eine unwirtschaftliche Überversorgung.“
Honorar-Erhöhungen nicht mehr zu rechtfertigen
„Überdurchschnittlich hohes Einsparpotenzial“ sieht der Spitzenverband beispielsweise in der Vergütung individuell hergestellter parenteraler Zubereitungen. Und mit einer Andeutung auf die derzeit geplanten Honorar-Anpassungen für Apotheker heißt es weiter: „Weitere Mehrausgaben für die Arzneimittelversorgung durch Apotheken sind aufgrund der aufgedeckten Wirtschaftlichkeitsreserven nicht länger zu rechtfertigen.“
Im Gegensatz zu den Apotheken hofiert der GKV-Spitzenverband den Versandhandel. Wörtlich heißt es im Jahresbericht:
Seit über einem Jahrzehnt zeigt sich, dass auch der Versandhandel eine sichere Versorgung gewährleistet. Insbesondere in Regionen mit niedriger Bevölkerungsdichte können mit seiner Hilfe längere Anfahrtswege vermieden werden. Insbesondere für Patientinnen und Patienten mit eingeschränkter Mobilität relevant. Der Versandhandel bietet in diesen Fällen erhebliche Vorteile und leistet damit einen wichtigen ergänzenden Beitrag zur flächendeckenden Arzneimittelversorgung. Er ist unbedingt beizubehalten. Nicht zu vernachlässigen ist darüber hinaus, dass der Wettbewerb durch den Versandhandel Anreize für eine intensivere Beratung setzt, von der die Patientinnen und Patienten profitieren.“
Das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz geplante Rx-Boni-Verbot für GKV-Versicherte lehnt der Kassenverband ab. Vielmehr müsse man einen „angemessenen“ Wettbewerbsrahmen schaffen und auf ein Höchstpreismodell umstellen, das so funktionieren sollte: „Eine Vergütung für Versandarzneimittel, die vom Höchstpreis abweicht, kann vertraglich zwischen Versandapotheke und Krankenkasse vereinbart werden. Dies würde den geforderten Preiswettbewerb europarechtskonform umsetzen und mögliche Fehlanreize in der Patientenversorgung abfangen.“
Wie wird sich Stoff-Ahnis zum Apothekenmarkt verhalten?
Spannend wird es sein, wie sich Stefanie Stoff-Ahnis zu diesem Thema verhalten wird. Stoff-Ahnis ist neues Vorstandsmitglied im GKV-Spitzenverband und unter anderem für alle Arzneimittelthemen verantwortlich. Ihr Vorgänger Johann-Magnus von Stackelberg war jedenfalls ein Hardliner, was den Apothekenmarkt betrifft. Von Stackelberg setzte sich jahrelang für eine Deregulierung des Marktes ein.
14 Kommentare
Reaktion
von Lukas am 05.07.2019 um 20:53 Uhr
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Kassenzulassung
von Dr. Stephan Hahn am 05.07.2019 um 16:20 Uhr
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lieber Versender...........
von pille62 am 05.07.2019 um 8:49 Uhr
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AW: lieber Versender ... der ROWA-Bus kommt ... incl. Apotheker ...
von Christian Timme am 05.07.2019 um 10:34 Uhr
gewachsene Strukturen
von ratatosk am 05.07.2019 um 8:14 Uhr
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