Der neue Rahmenvertrag

Die vier preisgünstigsten Arzneimittel

Stuttgart - 05.07.2019, 09:00 Uhr

Die vier preisgünstigsten Arzneimittel hat man zur Verfügung im Generikamarkt, wenn es keinen Rabattvertrag gibt oder der Rabattartikel nicht abgegeben werden kann. (m / Foto: Matthias Geipel / stock.adobe.com)

Die vier preisgünstigsten Arzneimittel hat man zur Verfügung im Generikamarkt, wenn es keinen Rabattvertrag gibt oder der Rabattartikel nicht abgegeben werden kann. (m / Foto: Matthias Geipel / stock.adobe.com)


Eine Änderung im neuen Rahmenvertrag ist, dass im Generikamarkt, wenn es keinen Rabattvertrag gibt oder der Rabattvertrag nicht erfüllt werden kann, die vier preisgünstigsten Präparate zu Verfügung stehen und nicht, wie bisher, die drei preisgünstigsten. Allerdings ist das namentlich verordnete Arzneimittel nicht mehr automatisch dabei.

Ist man im Generikamarkt (siehe Kasten) unterwegs, und es gibt keinen Rabattvertrag oder der Rabattartikel kann nicht abgegeben werden, hat man seit Neuestem die vier preisgünstigsten Arzneimittel zur Verfügung. Das hat sich im Gegensatz zur bisherigen Regelung geändert. Da waren es nur die drei Preisgünstigsten.

Was war nochmal der Generikamarkt?

  • Ein Arzneimittel, das unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet wurde,
  • ein Arzneimittel, das namentlich, aber ohne Aut-idem-Kreuz verordnet wurde und zu dem es andere Alternativen als Importe gibt. 

Rabatte müssen berücksichtigt werden

Ebenfalls neu ist, dass zur Ermittlung, welches die günstigsten sind, die gesetzlichen Rabatte berücksichtigt werden und nicht mehr der Apothekenverkaufspreis maßgeblich ist – bei den Importen wurde das auch bisher schon so gehandhabt. Gibt es mehrere Arzneimittel in der niedrigsten Preisstufe (oder den weiteren Preisstufen), wirkt sich das auf den Auswahlbereich aus. Im Folgenden soll das Ganze an Beispielen (Quelle: Kommentar zum Rahmenvertrag) veranschaulicht werden: 

Der Auswahlbereich

Vier oder mehr Arzneimittel in der niedrigsten Preisstufe --> nur diese bilden den Auswahlbereich

  • 5 Arzneimittel à 20,00 Euro
  • 3 Arzneimittel à 21,00 Euro
  • 3 Arzneimittel à 22,00 Euro
  • 2 Arzneimittel à 23,00 Euro

Nur die fünf Präparate für 20 Euro stehen zur Auswahl.

Weniger als vier Arzneimittel in der niedrigsten Preisstufe --> der Auswahlbereich vergrößert sich um alle Arzneimittel der zweiten Preisstufe, auch wenn dann insgesamt mehr als vier zur Auswahl stehen.

  • 1 Arzneimittel à 20,00 Euro
  • 4 Arzneimittel à 21,00 Euro
  • 3 Arzneimittel à 22,00 Euro
  • 2 Arzneimittel à 23,00 Euro

Abgegeben werden können das Arzneimittel für 20 Euro und alle für 21 Euro.

Weniger als vier Arzneimittel in den ersten beiden Preisstufen --> der Auswahlbereich vergrößert sich um alle Arzneimittel der dritten Preisstufe, auch wenn dann insgesamt mehr als vier zur Auswahl stehen. Wenn in den ersten drei Stufen weniger als vier zur Verfügung stehen, kommen alle Arzneimittel der vierten Stufe dazu.

  • 1 Arzneimittel à 20,00 Euro
  • 1 Arzneimittel à 21,00 Euro
  • 1 Arzneimittel à 22,00 Euro
  • 6 Arzneimittel à 23,00 Euro

Möglich ist: das Arzneimittel à 20,00 Euro, das Arzneimittel à 21,00 Euro, das Arzneimittel à 22,00 Euro und die 6 Arzneimittel à 23,00 Euro.

Darf man das namentlich verordnete Mittel noch abgeben?

Auch neu ist – und das ist wohl eine der gravierendsten Änderungen für den Apothekenalltag –, das namentlich verordnete Arzneimittel ist nicht mehr automatisch im Auswahlbereich dabei, sondern nur noch, wenn es tatsächlich zu den vier preisgünstigsten gehört. Tut es das, darf das abgegebene Präparat allerdings nicht teurer sein als das verschriebene. Das verordnete Arzneimittel setzt den Preisanker. Das war aber bisher auch schon so.

Auch hierzu ein Beispiel:

Namentlich verordnet ist ein Arzneimittel à 21,00 Euro.

  • 1 Arzneimittel à 20,00 Euro
  • 2 Arzneimittel à 21,00 Euro (Preisanker)
  • 1 Arzneimittel à 22,00 Euro
  • 5 Arzneimittel à 23,00 Euro

Das namentlich verordnete setzt den Preisanker. Das kann dazu führen, dass weniger als vier Arzneimittel zur Verfügung stehen: Es kann nämlich nur das Arzneimittel à 20,00 Euro sowie die beiden Arzneimittel à 21,00 Euro abgegeben werden. Wenn der Preisanker das günstigste Arzneimittel ist, stehen nur dieses und gegebenenfalls gleichpreisige Präparate zur Auswahl.

Achtung: Der Preisanker kann nur nach Rücksprache mit dem Arzt überschritten werden.

Mehr zum Thema

DAP-Arbeitshilfen zum Rahmenvertrag

Das DeutscheApothekenPortal stellt Arbeitshilfen zum Rahmenvertrag zur Verfügung, unter anderem eine Arbeitshilfe zu den Sonderkennzeichen. 

 Zur Übersicht über alle Arbeitshilfen geht es hier.

Keines der vier Preisgünstigsten lieferbar, Akutversorgung oder pharmazeutische Bedenken 

Und wenn keines der vier Preisgünstigsten lieferbar ist, es dringend ist oder es pharmazeutische Bedenken gibt? Dann muss die Apotheke das nächstpreisgünstige, verfügbare Arzneimittel abgeben und die entsprechenden Sonderkennzeichen angeben.

3: Nicht-Verfügbarkeit eines preisgünstigen Artikels oder Abweichung von der Importabgabe 

4: Nicht-Verfügbarkeit eines Rabattarzneimittels sowie eines preisgünstigen oder Nicht-Verfügbarkeit eines Rabattarzneimittels sowie Abweichung von der Importabgabe

6: Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels sowie eines preisgünstigen bei Akutversorgung oder Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels sowie Abweichung von der Importabgabe bei Akutversorgung

9: Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels sowie eines preisgünstigen bei pharmazeutischen Bedenken oder Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels sowie Abweichung von der Importabgabe bei pharmazeutischen Bedenken

Wichtig: Das nächstpreisgünstige Arzneimittel muss Schritt für Schritt ermittelt werden. 

Beispiele:

  • 1 Arzneimittel à 20,00 Euro (nicht verfügbar)
  • 1 Arzneimittel à 21,00 Euro (nicht verfügbar)
  • 1 Arzneimittel à 22,00 Euro (nicht verfügbar)
  • 1 Arzneimittel à 23,00 Euro (nicht verfügbar)
  • 2 Arzneimittel à 24,00 Euro (lieferfähig???)
  • 1 Arzneimittel à 25,00 Euro (lieferfähig???)

Die vier preisgünstigsten Arzneimittel sind nicht verfügbar. Eines der Arzneimittel für 24 Euro ist lieferbar --> das für 24,00 Euro muss abgegeben. Sind auch diese nicht verfügbar, kann das für 25 Euro abgegeben werden. Und so geht es Schritt für Schritt weiter. Bis zum Preisanker.

Pharmazeutische Bedenken, Akutversorgung und Nicht-Verfügbarkeit erweitern nicht den Auswahlbereich. Das nächstgünstigste Präparat kommt erst in Frage, wenn keines der vier günstigsten verfügbar oder geeignet ist. 

  • 1 Arzneimittel à 20,00 Euro (nicht verfügbar)
  • 1 Arzneimittel à 21,00 Euro (lieferfähig)
  • 1 Arzneimittel à 22,00 Euro (nicht verfügbar)
  • 1 Arzneimittel à 23,00 Euro (lieferfähig)
  • 2 Arzneimittel à 24,00 Euro (lieferfähig)
  • 1 Arzneimittel à 25,00 Euro (lieferfähig)

Der Auswahlbereich umfasst theoretisch die Arzneimittel à 20,00 Euro, à 21,00 Euro, à 22,00 Euro oder à 23,00 Euro. Lieferfähig sind nur zwei davon, die muss die Apotheke aber abgeben. Nur wenn keines der vier preisgünstigsten abgegeben werden kann, darf das fünftgünstigste Arzneimittel (hier also eines der Arzneimittel à 24,00 Euro) zur Abgabe kommen.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Bei dieser Generika Wechselei ...

von Kritiker am 06.07.2019 um 17:30 Uhr

... müssen doch zwangsläufig immer mehr GKV Versicherte explodieren?

Angenommen, GKV Versicherte explodieren mit der Aussage, sie lassen sich diese Generika Wechselei nicht mehr bieten oder sie wollen den mutmasslichen China Ramsch nicht mehr xxessen.

Welche Handlungsoptionen hat die Apotheke dann noch?

Mit Begründung "Pharmazeutische Bedenken" oder "fehlende Compliance" das Originalpräparat aushändigen führt ja vermutlich zum Retax.

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