ABDA gegen Abholfächer

Abholfächer: Ein Pluspunkt für die Vor-Ort-Apotheke?

Berlin - 11.07.2019, 16:00 Uhr

Abholfächer für bestellte Arzneimittel: Hier können Kunden auch nach Geschäftsschluss ihre bestellten Arzneimittel abholen. Ein Gewinn für die Vor-Ort-Apotheke? Oder sollten sie ganz verboten werden? (c / Foto: Dacos)

Abholfächer für bestellte Arzneimittel: Hier können Kunden auch nach Geschäftsschluss ihre bestellten Arzneimittel abholen. Ein Gewinn für die Vor-Ort-Apotheke? Oder sollten sie ganz verboten werden? (c / Foto: Dacos)


Das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz sieht vor, dass automatische Arzneimittelabgabestationen künftig grundsätzlich unzulässig sind. Abholfächer, die unmittelbar mit den Apothekenbetriebsräumen verbunden sind, sollen jedoch unter gewissen Voraussetzungen von dem Verbot ausgenommen sein. Die ABDA sähe es lieber, würden sämtliche Abholfächer verboten. Apotheker, die solche Fächer bereits nutzen, haben für diese Haltung keinerlei Verständnis.  

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will mit seinem Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken auch dafür sorgen, dass vermeintlich innovative zusätzliche Versorgungsoptionen wie automatische Abgabestationen à la Hüffenhardt unterbunden werden. Die wohnortnahe Apotheke vor Ort soll die Regel sein, ergänzend gibt es den Versandhandel. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es dazu: „Automatische Ausgabestationen verwischen die Grenze zwischen der Versorgung durch Präsenzapotheken und dem Versandhandel und lassen eine Beeinträchtigung des hohen Niveaus der Arzneimittelversorgung in Deutschland befürchten“.

Und so plant Spahn eine Änderung in der Apothekenbetriebsordnung: Grundsätzlich soll die Arzneimittelabgabe mittels automatisierter Ausgabestation verboten sein. Eine Ausnahme soll unter gewissen Voraussetzungen für Abholfächer gelten, die unmittelbar mit den Apothekenbetriebsräumen verbunden sind. Konkret ist in der Kabinettsvorlage vom 13. Juni 2019 folgende Regelung vorgesehen:

In § 17 Apothekenbetriebsordnung wird nach Absatz 1a folgender Absatz 1b eingefügt:

„(1b) Eine Bereitstellung und Abgabe von Arzneimitteln mittels einer automatisierten Ausgabestation ist unzulässig, wenn es sich nicht um die Ausgabestation einer Apotheke, die

1.   unmittelbar mit den Apothekenbetriebsräumen verbunden ist und

2.   ausschließlich der Abholung von Arzneimitteln dient,

a)   die zuvor bei der Apotheke bestellt wurden und

b)   zu denen bereits eine Beratung, die auch im Wege der Telekommunikation durch die Apotheke erfolgen kann, stattgefunden hat,

oder um eine Ausgabestation handelt, die der Arzneimittelzustellung im Rahmen des zulässigen Versandhandels dient.

§ 52 Absatz 1 Nummer 1 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.“

Tatsächlich gibt es einige gute Argumente für Abholfächer von Vor-Ort-Apotheken – gerade in ländlichen Regionen und wenn ein Botendienst nicht gesichert ist. Wenn ein Patient ein Arzneimittel bestellen muss, es aber nicht mehr schafft, es abzuholen, so lange die Apotheke geöffnet hat, ist es natürlich ein großer Vorteil, wenn er es dennoch am selben Tag beziehungsweise Abend aus einem Fach bei der Apotheke abholen kann. Es ist eine Lösung für den Einzelfall – aber eine, mit der die Vor-Ort-Apotheke dem Versandhandel etwas entgegensetzen kann. Denn könnte der Kunde das Arzneimittel erst am Tag drauf oder gar erst nach dem Wochenende abholen, könnte er sich auch überlegen, ob er es nicht gleich bei einem Versender bestellt.  

ABDA will Abholfächer verbieten lassen – betroffene Apotheker halten dagegen

Doch die ABDA hat offensichtlich ein Problem mit solchen Abholfächern. In ihrer schriftlichen Stellungnahme zum Apotheken-Stärkungsgesetz heißt es zwar, die gesetzgeberische Intention, „das System der Arzneimittelversorgung durch Präsenzapotheken und deren Botendienst sowie ergänzenden Versandhandel nicht durch weitere Abgabeformen ausfasern zu lassen“, werde „nachdrücklich unterstützt“. Die Verankerung eines Verbots automatisierter Abgabestationen sei insofern sachgerecht. Dennoch reiche die vorgesehene Regelung nicht weit genug. „Insbesondere die Nutzung von Abgabestationen oder -fächern, die mit den Betriebsräumen der Apotheke verbunden sind, sollte ebenfalls einem ausdrücklichen Verbot unterworfen werden“, so die ABDA. Hierfür sprächen dieselben Gründe wie für das Verbot der automatisierten Abgabestationen im Sinne des Gesetzentwurfs. Die Stellungnahme bezieht sich zwar noch auf den ersten Referentenentwurf, der noch etwas knapper gefasst war, im Prinzip aber auf das gleiche hinauslief wie die Kabinettsvorlage vom 13. Juni 2019.

Apotheker verteidigen Abholfächer

Das kommt bei Apothekern, die in Abholfächer finanziert haben und sie für Ihre Kundschaft einsetzen, gar nicht gut an. So sagt Apothekerin Alexandra Lorenz, Inhaberin der Neuen Apotheke Baunatal: „Die Politik der ABDA macht es manchmal sehr schwer die Zusammenhänge zu verstehen. Wo das Problem mit den Abholfächern liegt, verstehe ich nicht, es ist eine Bindungsmöglichkeit für vielbeschäftigte Kunden, die ein Arzneimittel, welches nicht vorrätig war und bestellt wurde, außerhalb der Öffnungszeiten abholen möchte“. Ihre eigene Anlage sei innerhalb der vergangen zwei Jahre vielleicht zehnmal genutzt worden, so Lorenz. „Sie spielt also eine untergeordnete Rolle bei der Belieferung, hat aber für unser Image einen nicht zu unterschätzenden Effekt. Apotheken müssen auch als Vor-Ort Apotheke einen Nutzen für Kunden haben, diese Abholmöglichkeit ist ein tolles Instrument dafür. Die Beratung findet in der Apotheke statt, und es erhöht nur die Flexibiliät der Apotheken bei der Abgabe“.

Apotheker Tobias Helfer von der Bären-Apotheke in Korbach erklärt, er habe sich etwa vor einem Jahr für ein Abholfach-System entschieden, „weil wir auf dem Lande unseren Kunden eine weitere Möglichkeit anbieten wollten, ihre Arzneimittel noch am gleichen Tage abholen zu können“. Dieser Service werde von den Kunden sehr gut angenommen. „Ich verstehe nicht, was das mit Versandhandel zu tun hat. Wenn unsere Standesführung die Apotheken aus der Fläche unbedingt entfernen will, dann soll sie nur so weiter agieren.“

Auch Dr. Elke Schnörwangen, Inhaberin der Fehn-Apotheke in Apen-Augustfehn, wollte es ihrer Kundschaft auf dem Land mit den Abholfächern leichter machen. Die Abgabe über diese Fächer erfolge selbstverständlich – wie auch der Botendienst – nach eingehender Beratung des Kunden, betont sie. „Die Beweggründe der ABDA kann ich in diesem Zusammenhang überhaupt nicht nachvollziehen und halte dies für einen elementaren Rückschritt. Dies zeigt dem Kunden, dass der Versandhandel für ihn die bessere und unkompliziertere Lösung in allen Bereichen ist“, so Schnörwangen.

Warten auf die nächste Kabinettsvorlage

Ob die derzeit vorgesehene Neuregelung in der Apothekenbetriebsordnung so oder anders kommt, wird sich in Kürze zeigen. Derzeit warten alle gespannt auf eine neue Kabinettsvorlage für das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken. Nach derzeitigem Stand der Dinge dürften die geplanten Änderungen in der Apothekenbetriebsordnung aus dem eigentlichen Gesetzentwurf herausfallen – angedacht ist mittlerweile, dass die dortigen Änderungen sowie jene in der Arzneimittelpreisverordnung durch eine Änderungs-Verordnung vorgenommen werden. Diese müsste nicht durchs Parlament, sondern bedürfte nur der Zustimmung des Bundesrats.

Ob die derzeitige Fassung tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist, ist nicht gesagt. Sie ermöglicht im Grunde auch den Betrieb eines Kommissionierers mit Abgabeterminal – so lange diese Geräte nur den Räumen einer Präsenzapotheke zuzuordnen sind. Eine Klarstellung, dass vor der Abgabe über das Abholfach manuell zu prüfen ist, ob die Anforderungen aus dem Rezept erfüllt sowie die Originalverpackungen vollständig und unversehrt (Securpharm!) sind, wäre sicher nicht verkehrt.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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7 Kommentare

Abholfächer

von Birgit Wöhrle am 12.07.2019 um 15:51 Uhr

Mir fehlen die Worte: Wer solch eine Standesvertretung hat braucht wirklich keine weiteren Feinde!
Mir ist schleierhaft was ein Abholfach mit einer Versandvertriebsform zu tun.
Für mich ist es ein weiteres Serviceangebot, welches sich an meine Kunden richtet, um unproblematisch nach Ladenschluss der Apotheke bzw. nach Feierabend des Kunden oder am Wochenende an die noch dringend benötigten Medikamente heranzukommen, ohne eine oft weiter entfernt gelegene Notdienstapotheke aufsuchen zu müssen.
Der Kunde wird im Vorfeld beraten, lediglich die Übergabe findet unter anderen Voraussetzungen statt.
Die Kunden, welche unser Angebot nutzen, sind sehr dankbar für diese Möglichkeit der Abholungsform.
Um dem Versandhandel standhalten zu können, sollte man innovative Ideen unterstützen und nicht noch Steine in den Weg gelegt bekommen.

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Verbot von Abholfachanlagen

von Stephan Schuppe am 12.07.2019 um 11:47 Uhr

Ich bin fassungslos! Wie von den kommentierenden Kollegen erwähnt sind die Abholfächer ein wunderbares Instrument zur Kundenbindung. Wir können so unsere Kunden auch außerhalb der Öffnungszeiten problemlos versorgen. Anzeichen eines Versandhandels oder einer Automatenversorgung a la Hüffenhardt kann ich bei der bestmöglich objektiven Betrachtung nicht erkennen.
Ich weiß auch nicht, welchen Plan zur Arzneimittelversorgung unsere Standesvertretung in der Schublade hat, wenn wir Präsenzapotheker wegen solcher Maßnahmen endlich aufgegeben haben werden.

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Abholfächer

von Christian Köstlin am 12.07.2019 um 9:17 Uhr

Sorry, aber was unsere sog. Standesvertretung da bringt, ist einfach nur Banane. Ich fühle mich an die Diskussion erinnert, ob wir in der Apotheke Bücher vertreiben dürfen (zur Info unserer Kunden und um unserer Beratungspflicht! nachkommen zu können). Genauso habe ich eine Versorgungspflicht per Gesetz und leider, liebe ABDA, hat der Tag 24 Stunden und unsere Kunden andere Lebensrealitäten und wenn Ihr es schon nicht schafft, eine Gleichpreisigkeit oder ein Versandverbot durchzusetzen (es wäre schön, wenn Ihr das mal so laut und vehement wie die Ärzte vertreten würdet, denn in der Politik gilt leider auch, daß nur, wer sich permanent und lautstark einmischt, auch berücksichtigt wird), dann wäre es schön, wenn Ihr uns im Alltag nicht permanent mit absolut peinlichen Attacken in den Rücken fallen würdet. Meine Kunden sind für diesen Service absolut dankbar, hier kann ich dem Versand etwas entgegensetzen und habe trotzdem Feierabend. Aber klar, der Apotheker oder seine Angestellten kann das auch gerne (gegen höhere Bezahlung?) nach Feierabend leisten (da habe ich aber auch beruflich noch genug andere Sachen an der Backe).
Dieser Service wird weder mißbraucht noch als versteckter Versand benutzt, das kann man alles regeln.
Die haben echt einen an der Klatsche! Ich komme mir total verar.....t vor.

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praktische Erfahrung Fehlanzeige

von Hummelmann am 12.07.2019 um 3:22 Uhr

Ich habe kein Abholfach und habe auch noch nie eins gebraucht. Aber ich wohne direkt im Haus der Apotheke und meine Kunden wissen das natürlich. Trotzdem hat mich in 30 Jahren noch nie ein Kunde gefragt, ob er sein Medikament spät am Abend oder sehr früh am Morgen bei mir abholen kann.
Das muss er auch nicht. Denn wir liefern die dringend benötigten Arzenimittel in solchen Fällen ins Haus - auch außerhalb unserer Öffnungszeiten. Und wenn es ganz eilig ist, warten wir auch nicht auf die Großhandelstour, sondern fahren selbst zum Großhandel. Trotzdem haben wir aus reinen Imagegründen schon mehrfach über die Anschaffung solcher Abholfächer nachgedacht. Wie sollen wir denn sonst dem Kunden klar machen, dass es die Abholfächer bei der Deutschen Post nicht braucht?
Aus diesem Grund wundert es mich immer wieder, wie weltfremd unsere Standesvertretung argumentiert. Das geht schon los, wenn ich mir den neuen Rahmenvertrag bezüglich des "Preisankers" ansehe. Immerhin wurde der Vertrag ja von zwei Seiten unterschrieben. Da frage ich mich jedes Mal: "Haben die denn überhaupt keine eigene praktische Erfahrung mit unserem Berufsalltag?"

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Wenn das Ziel kein Ziel ist ... dann gleich ABDA ...

von Christian Timme am 11.07.2019 um 20:30 Uhr

Wer „Einfalltore“ verschließen will und dabei die Apotheke vom Kunden trennt ... hat seine Aufgabe nicht verstanden. Nicht alle „Annäherungsversuche“ der Versandapotheken sind nur deshalb abzulehnen weil sie vom falschen Absender kommen. Eine differenzierte Auseinandersetzung aus dem Blickwinkel des Kunden ... bei gleichzeitiger Berücksichtigung der „juristischen Ungenauigkeiten“ machen die Entscheidung nicht leichter aber nicht unmöglich. Hier fehlt der nachgenannten Organisation die notwendige Nachhaltigkeit, Kompetenz und die erforderliche Durchsetzungsfähigkeit. Für dieses „Versagen“ stehen seit Jahren vier Buchstaben: A B D A.

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Echt sprachlos

von Stefan Haydn am 11.07.2019 um 19:41 Uhr

Da sitzen gefühlt nur noch Null-checker an entscheidenden Positionen.
Hier wird nur absolute Ahnungslosigkeit bewiesen, vielleicht erst informieren, dann reflektieren und dann entscheiden.
Hier kann man dem Versand deutlich etwas entgegen setzen und dem Kunden eine wirkliche Service-Alternative bieten.
Das ist doch keine Regel-, sondern eine Notfallversorgung!

Nur weiter so, dann ist der Begriff der "Standeszertretung" wenigstens gerechtfertigt.

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AW: Echt sprachlos

von C.A.Koch am 11.07.2019 um 21:18 Uhr

Genau meine Meinung. Der ABDA ist nicht mehr zu helfen. Sie handelt so dermassen gegen die Interessen gerade der selbständigen Apotheker, die innovativ Lösungswege aus der harten Existenzkrise suchen....damit es auch in 5Jahren noch Vor Ort Apotheken gibt. Wir haben eine Apotheke mit hoher Kundenfrequenz auf dem Land, haben seit 6Jahren einen PSS Abholautomaten, der extrem rege genutzt wird. UND DAS WERDE ICH MIR NICHT VON EINER STANDESZERTRETUNG VERBIETEN LASSEN

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