- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
16. Juli 2019
Wort gehalten. Das Bundesgesundheitsministerium hat auch, neben dem Entwurf eines Apotheken-Stärkungsgesetzes, einen Verordnungsentwurf zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung vorgelegt und das Bundeswirtschaftsministerium einen Verordnungsentwurf zur Änderung der Arzneimittelpreisverordnung. Sinn dieser von der Apothekenreform ausgekoppelten Verordnungen liegt in formalen Gründen: Die Verordnungen müssen nicht vom Bundestag beschlossen werden. Mit der Änderung der Verordnungen sollen wir mehr Honorar bekommen für den Nachtdienst (Erhöhung des Packungszuschlags um 5 Cent von 16 auf 21 Cent), was dann pro Nachtdienst rund 350 Euro ausmacht. Außerdem wird die BtM-Dokugebühr erhöht (von 2,91 auf 4,26 Euro) und für die geplanten pharmazeutischen Dienstleistungen sollen wir 150 Mio. Euro pro Jahr bekommen – nicht gerade üppig, aber ein bescheidener Anfang. Mein liebes Tagebuch, wie das mit den Dienstleistungen im einzelnen laufen wird, ist noch offen, da dürfen wir noch gespannt sein, wie viel Euro es genau für welche Leistung geben wird. Und ja, der Medikationsplan soll auch noch honoriert werden, allerdings steht davon noch nichts im neuen Verordnungsentwurf. Änderungen stehen auch bei der Apothekenbetriebsordnung an: Der Botendienst soll nicht wie bisher nur im Einzelfall möglich sein, sondern grundsätzlich auf Kundenwunsch. Und die Beratung darf auch im Wege der Telekommunikation erfolgen, also per Telefon oder Videochat. Endlich mein liebes Tagebuch, alles andere wäre auch aus der Zeit gefallen. Was außerdem kommen soll: Aut-idem für PKV-Versicherte, Beihilfeempfänger und Selbstzahler, wenn der Arzt es nicht ausgeschlossen hat. Was nicht mit den Verordnungen geregelt wird, sondern noch im Apothekenstärkungsgesetz selbst steht, ist die Regelung zu automatisierten Ausgabestationen für Arzneimittel, die es nicht geben soll. Abholfächer einer stationären Apotheke dagegen sollen weiterhin erlaubt bleiben. Das gefällt zwar der ABDA nicht, ist aber trotzdem gut, mein liebes Tagebuch. Bleibt zu hoffen, dass das BMG weiterhin bei seiner Auffassung bleibt, dass Abholfächer sinnvoll sind.
Das „Handelsblatt“ sieht das Apotheken-Stärkungsgesetz mit Blick auf die Beibehaltung der Gleichpreisigkeit skeptisch. Das Blatt meint sogar, dass Deutschland mit dem Apothekengesetz eine erneute europarechtliche Blamage droht ähnlich wie mit der PKW-Maut. Laut „Handelsblatt“ haben sich das Justiz- und das Wirtschaftsministerium darauf geeinigt, das Vorhaben mit der EU-Kommission abzustimmen. Sollte das stimmen, mein liebes Tagebuch, dann würde dies bedeuten, dass das Apotheken-Stärkungsgesetz nach dem Kabinettsbeschluss und vor der parlamentarischen Beratung an die EU-Kommission geschickt wird, um es rechtlich bewerten zu lassen. Und sollte dann die Kommission Bedenken haben, dass die Regelungen zur Gleichpreisigkeit im Sozialgesetzbuch rechtlich nicht machbar sind, dann wären wir die Gelackmeierten. Aber soweit sind wir nicht und wer weiß, ob das alles so stimmt, was das „Handelsblatt“ da erfahren haben will. Denn eigentlich hat das Spahn-Haus doch die Regelung zur Gleichpreisigkeit mit Absicht im SGB V geregelt, damit ein EU-Notifizierungsverfahren nicht notwendig wird. Wir werden sehen.
Viel Schönes und Gutes, aber auch ein bisschen was Gefährliches steht da in der Begründung zum jüngsten Entwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes, meint DAZ-Wirtschaftsexperte Müller-Bohn. Das Schöne und Gute: ein überzeugendes Plädoyer, warum es wichtig ist, den einheitlichen Apothekenabgabepreis im GKV-System beizubehalten. Und für PKV-Versicherte und Selbstzahler: Da wird die Preisbindung offenbar als weniger notwendig eingestuft, meint Müller-Bohn. Und dabei bieten die Selbstzahler-Rezepte den Apotheken doch die höchste Spanne – ein Argument, das in der Begründung zum Gesetzentwurf fehlt. Was Müller-Bohn auch zu Recht moniert: Laut neuestem Gesetzentwurf sollen automatisierte Ausgabestationen auch „den besonderen Bedingungen des Versandhandels Rechnung tragen“. Da heißt, diese Ausgabestationen müssen nicht innerhalb der Betriebsräume der Versandapotheke liegen und nicht vom Personal der Versandapotheke bestückt werden – eine Bastelanleitung für einen Automaten vom Typ Hüffenhardt 2.0. Mein liebes Tagebuch, eine Ausgabestation außerhalb der Betriebsräume geht gar nicht, da haben die Gesetzesformulierer wohl etwas durcheinander gebracht. Eigentlich will das Gesetz doch die Vor-Ort-Apotheke stärken, Automaten von Versandapotheken würde das aber grottenmäßig unterlaufen. Da muss dringend nachgebessert werden.
Der ABDA-Präsident meldet sich per Video-Statement zur Kabinettsvorlage der Apothekenreform zu Wort. Kurz zusammengefasst: Im Prinzip sind viele Teile der Reform zu begrüßen, meint Friedemann Schmidt. Man sehe, dass das BMG die Regelungen zur GKV-Gleichpreisigkeit in einem möglichen EuGH-Verfahren verteidigen wolle. Und es gebe „hoch interessanten Ansätze“, die darüber hinaus im Gesetz enthalten seien. Und was ist zu kritisieren? Da gibt sich der Präsident bedeckt. Klar, es gebe sinnvolle Veränderungen und Verbesserungen, aber welche genau das sind, verrät er nicht. Die ABDA werde das Verfahren konstruktiv begleiten, lässt er uns wissen. Na, mein liebes Tagebuch, dann sind wir beruhigt, da kann ja nicht mehr viel passieren.
21 Kommentare
Leserbrief an unsere Tageszeitung
von Christine Jöntgen am 22.07.2019 um 8:22 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Rezo ... Amthor, Ziemiak, AKK ...
von Christian Timme am 22.07.2019 um 11:39 Uhr
Schmidt und Becker
von Conny am 21.07.2019 um 22:09 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Immer billiger
von Reinhard Rodiger am 21.07.2019 um 15:08 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Immer billiger oder Wie wir der Schraube abwärts folgen
von Bernd Jas am 21.07.2019 um 22:07 Uhr
Herrlich
von Karl Friedrich Müller am 21.07.2019 um 14:30 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Apotheker*innen ...
von Reinhard Herzog am 21.07.2019 um 13:12 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Apotheker*innen "ohne Ausnahme"
von Christian Giese am 21.07.2019 um 14:04 Uhr
Stundenlohn Notdienst
von Kassensklave am 21.07.2019 um 12:52 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Aktuelles
von Dr.Diefenbach am 21.07.2019 um 11:30 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Aktuelles und neue Schikanen
von Bernd Jas am 21.07.2019 um 22:30 Uhr
Petition von Herrn Bühler
von Uwe Hüsgen am 21.07.2019 um 10:26 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten
AW: Petition von Herrn Bühler
von Peter Ditzel am 21.07.2019 um 10:56 Uhr
AW: Petition von Herrn Bühler
von Peter Ditzel am 21.07.2019 um 11:00 Uhr
AW: Petition von Herrn Bühler ... Ich bin neu hier ...
von Christian Timme am 21.07.2019 um 17:57 Uhr
Es gibt immer eine Alternative: Plan C…!
von Gunnar Müller, Detmold am 21.07.2019 um 8:58 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Weiterarbeiten!
von Ulrich Ströh am 21.07.2019 um 8:57 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
"Trostloses" für die Sommerpause ...
von Christian Timme am 21.07.2019 um 8:33 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Sie haben es wieder getan
von Karl Friedrich Müller am 21.07.2019 um 8:17 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Sie haben es wieder getan
von Gabi Umminger am 22.07.2019 um 11:36 Uhr
AW: Sie haben es wieder getan
von Heiko Barz am 22.07.2019 um 13:10 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.