Berichte über das Rx-Boni-Verbot

Medien: ABDA-Rückendeckung für Spahn

Berlin - 19.07.2019, 11:35 Uhr

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt im Interview mit dem Fernsehsender n-tv. (Quelle: n-tv)

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt im Interview mit dem Fernsehsender n-tv. (Quelle: n-tv)


Die ABDA kommentiert den Kabinettsbeschluss des Apotheken-Stärkungsgesetzes derzeit in mehreren Medien. Dabei fällt auf: Die Einordnung des Vorhabens durch die Standesvertretung ist auffällig positiv. In einem Interview mit dem Fernsehsender n-tv erklärt ABDA-Präsident Friedemann Schmidt beispielsweise, warum die Gleichpreisigkeit so wichtig für die Versorgung ist. Dass durch das Gesetz genau diese Gleichpreisigkeit im PKV-Bereich aufgehoben wird, wird in dem Beitrag nicht erwähnt.

Die Rx-Preisbindung scheint in den Massenmedien angekommen zu sein. Der Fernsehsender n-tv, die Tagesschau, das Handelsblatt und auch die Nachrichtenagentur dpa – sie alle berichten in diesen Tagen über den Kabinettsbeschluss des Apotheken-Stärkungsgesetzes. Im Fokus der Debatte: das umstrittene Rx-Boni-Verbot, das Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im SGB V festschreiben will. Derzeit steht dieses Verbot ausdrücklich für EU-Versender im Arzneimittelgesetz. Zwar wird es seit dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 ohnehin nicht mehr angewendet. Doch Spahn will es streichen, weil die EU-Kommission dies in einem Vertragsverletzungsverfahren verlangt.

Auch in einem kurzen Nachrichtenbeitrag des Fernsehsenders n-tv wird die Apothekenreform aufgegriffen. Die Moderatorin erklärt, dass „Spahn Online-Apotheken dazu verpflichten“ wolle, dass sie sich an die Preisbindung halten müssen. Auch die Honorar-Anpassungen in Höhe von insgesamt 205 Millionen Euro und die Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen werden erwähnt. In dem Beitrag kommt auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zu Wort. Die Moderatorin dazu: „Von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände bekommt er (Spahn) für sein Vorgehen natürlich Rückendeckung.“

Schmidt erklärt dann, wie wichtig die Rx-Preisbindung für die Arzneimittelversorgung ist. „Stellen Sie sich eine Situation vor, in der in innerstädtischen Gebieten mit hohem Wettbewerbsdruck zwischen Apotheken, Patienten Preisvorteile genießen könnten. Während auf dem flachen Land, wo ohnehin die Versorgung ausgedünnt ist, die Apotheken weniger Wettbewerbsdruck haben, die Patienten höhere Preise in Kauf nehmen müssten.“ Schließlich wird in dem Beitrag auch der „Konfrontationskurs mit der EU“ erwähnt, den Spahn mit seinem Gesetz eingehe.

               
Quelle: n-tv


Aus Sicht der Apotheker bleibt aber festzuhalten: Dass die von Schmidt gepriesene Gleichpreisigkeit künftig nur noch für den GKV-Bereich gelten soll und der PKV- sowie der Selbstzahler-Bereich vom Gesetz nicht erfasst ist, wird nicht erwähnt. 

ABDA-Beschluss: Gleichpreisigkeit für alle!

Ein ähnliches Muster zeigt sich auch in anderen Medienberichten. In einem Interview mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, das in einigen lokalen Zeitungen veröffentlicht wurde, wird der ABDA-Präsident auf die geplante Reform angesprochen. Diese sehe vor, „dass ausländische Versandapotheken wie DocMorris an deutsche Kunden keine Boni oder Rabatte mehr geben dürfen“ – auch hier keine Erwähnung davon, dass genau diese Regelung für Privatversicherte nicht gelten soll. Schmidt stellt in seiner Antwort zwar klar, dass sich alle Anbieter in der Versorgung „gesetzlich Versicherter“ an die einheitlichen Preise halten müssen. Kritik an dieser Regelung übt er allerdings nicht.

Auch in einem Radio-Beitrag des ARD-Hörfunks wird die Stückelung der Rx-Preisbindung in einen GKV- und in einen PKV-Bereich nicht erwähnt. Die ARD bezieht sich auf das Gesetz und seine Begründung: „Die Preisbindung wird aus dem Arzneimittelgesetz gestrichen und kommt dafür ins Sozialgesetzbuch. Spahn hält diesen Schritt wegen der gesetzlichen Krankenversicherung für möglich: Rabatte würden das Sachleistungs- und das Solidaritätsprinzip unterlaufen (…)“, heißt es in dem Beitrag. Und auch hier wieder das gleiche Verhaltensmuster der ABDA. Pressesprecher Reiner Kern kommt zu Wort und weist auf die möglichen Auswirkungen eines Verlustes der Rx-Preisbindung hin. „Das hätte zur Folge, dass das bis jetzt noch recht gute und engmaschige, wohnortnahe Apothekennetz ausgedünnt würde, und das wiederum würde die Versorgung der Patienten verschlechtern, vor allem die Akutversorgung“, sagt Kern.

Auch in einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa kommt die ABDA nur mit begrüßenden Tönen zu Wort: „Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) begrüßte die Reform. Darin würden Vorschläge der Apothekerschaft aufgegriffen, die zu einer wesentlichen Verbesserung der Situation der Patientinnen und Patienten führen könnten, sagte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt“, heißt es dort.

Funke und Michels bestehen auf Gleichpreisigkeit für alle

Dass die ABDA-Mitgliederversammlung eigentlich erst kürzlich beschlossen hatte, sich weiter für den Erhalt des Rx-Boni-Verbots im Arzneimittelgesetz (§78) einzusetzen – um somit die Rx-Preisbindung auch für PKV-Versicherte zu bewahren – kommt in der Medienberichterstattung bislang nicht vor. Erst am heutigen Freitagvormittag meldete sich Dr. Klaus Michels, Chef des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, zu Wort und erklärte, dass er sich mit dem Gesetz nicht zufriedengebe, weil er befürchte, dass die Rx-Preisbindung komplett kippen könnte. Zuvor hatte auch Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, erklärt, dass sie weiterhin an der Erhaltung des Rx-Boni-Verbots im AMG festhält.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

untertänigst

von Thomas Kerlag am 20.07.2019 um 22:11 Uhr

Bei ein bisschen vermeintlich positiver Aufmerksamkeit wedeln die Apotheker sogleich willig mit dem Schwanz.

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Wie wäre es eigentlich bei den Ärzten?

von Benjamin Schäfer am 19.07.2019 um 13:28 Uhr

Bei den Ärzten sähe die Presse in etwa so aus: Aufgrund einer massiven Niederlage der Ärztelobby gegen die Onlinemedizin legen Klinik- und Hausärzte die Versorgung bis auf unbestimmte Zeit nieder. Eine Gesetzänderung im Sozialgesetzbuch zwingt die Ärzte einen Preiskampf für Privatversicherte gegen Internetärzte aufzunehmen der finanziell nicht zu gewinnen ist., denn privatleistungen sollen in Zukunft keiner Preisbindung mehr unterliegen. Die Ärztekammern wollen mit ihrem Streik aufzeigen, wie die Versorgungsreallität schon in wenigen Jahren aufgrund des vernichtenden Preiskampfes aussehen könnte. Dazu ein Sprecher der Bundesärztekammer: "So schwer es auch ist, lieber zeigen wir der Bevölkerung jetzt als letztes Mittel kurz und schmerzvoll auf, wie sich die medizinische Versorgung der Zukunft anfühlt, als dass wir in einigen Jahren vor irreversiblen Zuständen stehen. So hart es auch klingen mag, es verstößt nicht gegen den Eid des Hippokrates, weil wir nicht nur für den status quo, sondern auch für die Zukunft eine große Verantwortung tragen. Bisher konnten wir in dieser Hinsicht auf die Politik zählen, aber unergründlicherweise sind die politischen Entscheidungen der letzten Jahre in Hinblick auf das Wohl der Bürger immer schwerer zu verstehen. Also liebe Patienten geht auf die Straße, damit die Versorgung so bleibt, wie sie es gewohnt sind und glaubt nicht den Preiskämpfern aus dem Ausland. Denn jeder Euro, den sie jetzt dort sparen, fehlt in der Versorgungsinfrastruktur ihrer Kinder und Enkel!"

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Halbwahrheiten schaden dem Ruf der Apotheken ...

von Christian Timme am 19.07.2019 um 12:12 Uhr

Unterstützen die Apotheker die „Zweiklassen-Medikation“ zugunsten der Privat-Versicherten oder ist das nur ein kleiner Fall von „verkämpfen“ ... Herr Präsident?

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