Versorgung ländlicher Regionen

„Unser Plan“ der Bundesregierung: Apotheken und Versender sollen sich abstimmen

Berlin - 06.08.2019, 07:00 Uhr

Familienministerin Franziska Giffey (SPD), Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) stellten im Juli dieses Jahres ihren Deutschland-Plan vor, dabei sind auch Apotheken und Versandhändler. (b/Foto: imago images / J. Schicke)

Familienministerin Franziska Giffey (SPD), Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) stellten im Juli dieses Jahres ihren Deutschland-Plan vor, dabei sind auch Apotheken und Versandhändler. (b/Foto: imago images / J. Schicke)


Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist ein Schwerpunktthema im Koalitionsvertrag der Großen Koalition. Im Juli 2018 formierte sich unter der Leitung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) daher eine Kommission, die einen Plan erarbeiten sollte, unter anderem, um das Leben auf dem Land attraktiver zu machen. Auch die Apotheken spielen eine Rolle. Aus Sicht der Bundesregierung sollen sich Apotheker und Versandhändler bei der Landversorgung künftig „abstimmen“. Was das genau bedeuten soll, konnte kein Ministerium genau erklären.

Die Strukturpolitik spielte in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD im vergangenen Jahr eine große Rolle. Insbesondere die CSU wünschte sich dem Vernehmen nach einen politischen Schwerpunkt auf die Versorgung ländlicher Regionen. Das Vorbild: das in Bayern neu geschaffene Heimatministerium. Ein komplettes Ministerium gab es in der neuen Bundesregierung zwar nicht. Aber immerhin konnte sich Horst Seehofer (CSU) als neuer Super-Minister in seinem Innenministerium auch Abteilungen für Bau und Heimat schaffen. Medienberichten zufolge wurden innerhalb kürzester Zeit mehr als 100 Menschen eingestellt, die sich seitdem mit Themen wie Breitbandausbau, Krankenhausversorgung und Infrastruktur beschäftigen.

Kommission wurde gebildet, Spahn war dabei

Doch damit nicht genug: Die Bundesregierung rief eine Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ ins Leben, die im Juli 2018 ihre Arbeit aufnahm. Die Federführung dieser Gruppe übernahm Seehofer, Bundesministerin Julia Klöckner (CDU, Landwirtschaft) und Bundesministerin Dr. Franziska Giffey (SPD, Familie, Senioren und Jugend) wurden Co-Vorsitzende. Die Kommission hatte sechs Arbeitsgruppen, dazu gehörten unter anderem Themen wie kommunale Altschulden, Wirtschaft und soziale Daseinsvorsorge. Mehr als 30 Personen gehörten der Kommission an, darunter auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowie die Ministerpräsidenten/-innen beziehungsweise Bürgermeister der einzelnen Bundesländer.

Ein Jahr später, also im Juli dieses Jahres präsentierten Seehofer, Klöckner und Giffey dann die Ergebnisse der Kommission. Die Versorgung mit Arzneimitteln und die Erreichbarkeit von Apotheken spielen in dem Abschlussbericht eine Rolle. Die Arbeitsgruppe, die sich mit den Themen Raumordnung und Statistik befasste, kam zu der Schlussfolgerung, dass es in ländlichen Räumen „vielerorts“ einen Mangel an ambulanten Ärzten, Apothekern, Hebammen und Pflegekräften gibt.

Die Lösung für dieses Problem scheint die Kommission in der Erweiterung digitaler Angebote zu sehen. Beispielsweise kam die Arbeitsgruppe, die sich mit der sozialen Daseinsvorsorge beschäftigte, zu dem Ergebnis: „Zur Überwindung von Sektorengrenzen und von räumlichen Entfernungen sollen digitale bzw. telemedizinische Anwendungen ausgebaut werden. Einbezogen werden sollen dabei auch Mobilitätskonzepte oder erweiterte (digitale) Versorgungsangebote durch Apotheken.“ Dem Ausbau der Telemedizin – auch in Apotheken – widmet der Abschlussbericht einen eigenen Unterpunkt:


Telemedizinische Anwendungen sollen dabei helfen, sowohl Grenzen zwischen Versorgungssektoren als auch räumliche Entfernungen zu überwinden. Deshalb soll der Einsatz dieser Anwendungen ausgebaut und mit dem notwendigen rechtlichen und finanziellen Rahmen ausgestattet werden. Einbezogen werden sollen auch Mobilitätskonzepte wie die „rollende Praxis“ oder erweiterte (digitale) Versorgungsangebote durch Apotheken (z. B. auch im Hinblick auf ein Medikamentenmanagement). Dabei sollen Ergebnisse aus Projekten des Innovationsfonds herangezogen werden, die bereits entsprechende Formate mit Blick auf die Regelversorgung erproben.“

„Unser Plan“ der Bundesregierung




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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9 Kommentare

Kein Plan x 3 ... aber mit Fototermin ... auf (Innen)-Minister ...

von Christian Timme am 08.08.2019 um 7:23 Uhr

Wichtigstes an diesem Plan war die Koordination des Fototermins und die termingerechte Produktion des Tableau mit falscher Anordnung der Ministerien ...

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Abstimmung

von Roland Mückschel am 07.08.2019 um 17:00 Uhr

Wisst ihr was Politiker?
Mein Magen hat auch abgestimmt.
Und der kotzt Euch gleich auf den Tisch.
Was seid Ihr schlecht, meine was ist mir schlecht.

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Bitte um Erklärung

von Stefan Haydn am 06.08.2019 um 20:34 Uhr

Jetzt muß man mir von Seiten der Politik doch bitte einmal erklären, was ich mit dem Versandhandel abstimmen soll?
Wäre eine Anpassung meiner Leistung an den Versandhandel gewünscht, oder wie soll ich das verstehen?

Das würde dann also in Zukunft bedeuten mir für eine Rezeptbelieferung 2-3 Tage Zeit zu lassen, bei Lieferproblemen nach zwei Wochen die Rezepte kommentarlos zurückzugeben, wenn überhaupt, dann nur bestimmte Rezepturen nach vorheriger Nachfrage ob Anfertigung möglich herzustellen, Umsatzsteuer zu hinterziehen, Zwangsgelder nicht zu bezahlen, keine Gewinne auszuweisen, falsche Quittungen auszustellen, Einkaufsbeschränkungen zu ignorieren, Beratung nur noch Anforderung, Arzneimittel vor Anwendung erstmal unkontrolliert der Umgebungstemperatur auszusetzen (vielleicht 2-3 Stunden mal in die Sonne oder Kälte legen?), Fachpersonalschlüssel darf ich ignorieren, und Notdienste und BTM-Belieferung oder Substitutionstherapie lehne ich dann mal freiweg ab?

Wenn das so ist, kann ich nur sagen:

Super, willkommen in der schönen, neuen, entspannten Apothekenwelt!

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unglaublich dreist

von ratatosk am 06.08.2019 um 18:39 Uhr

Jetzt sollen wir auch noch für die Zeit des Untergangs die großkapitalistischen Strukturen stützen bis alles über die Bühne gegangen ist. Alles was aufwendig und schlecht bezahlt ist, dürfen wir wohl übernehmen.
Wohl die Angst, daß doch beiden negativen Folgen etwas auf die politischen Verursacher zurückfällt. Warum sollte ein Ministerium auch was erkären können, die haben die letzten 20 Jahre schon keinen Plan und Kompetenz, außer für die Anforderungen des Großkapitals.

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"Abstimmen" im Wettbewerb ?

von Dirk Krüger am 06.08.2019 um 13:30 Uhr

"Abstimmen" in einem von der Bundesregierung gewollten beinharten (Preis-)Wettbewerb mit ungleich langen Spießen - geht´s noch ? Dann haben wir nach dem sicheren Abschmettern des Gesetzentwurfs durch die EU auch noch das Kartellamt an der Backe. Die spinnen die Römer - äh, die (Regierungs-)Germanen.

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2 Welten

von Dr Schweikert-Wehner am 06.08.2019 um 11:02 Uhr

Und da sind sie wieder. Die 2 Welten

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was heißt das?

von Karl Friedrich Müller am 06.08.2019 um 9:38 Uhr

"Aus Sicht der Bundesregierung sollen sich Apotheker und Versandhändler bei der Landversorgung künftig „abstimmen“. Was das genau bedeuten soll, konnte kein Ministerium genau erklären."

Ist doch klar: einfach inhaltsloses Geschwafel, wie so oft.
Es wird so getan, als ob das Problem erkannt und beseitigt wird. In Wirklichkeit interessiert es nicht und ist nur Wahlkampfmunition.
Die Bevölkerung und ihre Bedürfnisse sind einfach nicht wichtig. (geht am popo vorbei)

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Zuschuß?

von Peter Bauer am 06.08.2019 um 9:17 Uhr

Die schlechter werdende ärztliche Versorgung auf dem Land sehe ich nicht primär als finanzielles Probleme an,sondern viele schrecken wahrscheinlich vor dem zu erwartenden Arbeits-und Zeitaufwand einer Landarztpraxis zurück.Das Anspruchsdenken und das Verlangen der Patienten haben sich in den letzten Jahren erheblich gesteigert.
Bei Apotheken auf dem Land ist das Problem ein finanzielles.Die Politik drückt sich vor der Tasache die eigentliche Arbeit adäquat zu honorieren.Stattdessen
versucht sie einer angemessenen Honorierungsanpassung durch "neue Dienstleistungen" rauszureden.Die Apotheke muß aber ihre tägliche Hauptaufgabe erfüllen können.Dazu braucht Sie Personal ,das bezahlt werden muß.Wenn ich mir überlege,dass ich für einen 24Stundensonntagsdienst gerade mal 10€ die Stunde erhalte,übrigens weniger als meine Putzfrau,obwohl ich neben meinem Arbeitseinsatz noch mein gesammtes Apothekenequipment zur Verfügung stelle,dann läuft irgendetwas komplett
falsch.Den "Notdienstumsatz"kann man getrost beiseite lassen,wie die letzten 25Jahre Dienst gezeigt haben.Aber mit dem Apothekenstärkungsgesetz gibt es jetzt ja "erheblich" mehr.
Solange die "normale" Arbeit nicht mehr bezahlt wird,werden die Apotheken immer weniger.
Und weil ich mich nicht mehr länger veräppeln lassen will,sperre ich auch Ende des Jahres meine Apotheke zu,was ich als einzige mögliche Konsequenz sehe,um nicht mehr als blöd betrachtet zu werden.
Warum gibt es eigentlich immer genügend Zahnärzte?

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!

von Anita Peter am 06.08.2019 um 8:01 Uhr

Bundesregierung: Apotheken und Versender sollen sich abstimmen

Koalitionsvertrag: Wir wollen uns für ein Versandverbot von RXAM einsetzen

Ergebnis: Wahlbertrug

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