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Gleichpreisigkeit im Gesamtvorstand
Die ABDA und die Apothekenreform – Ein Tanz auf dem Drahtseil
Am gestrigen Donnerstag kamen die Spitzen der 34 Apothekerkammern und -verbände zu einer Sitzung des ABDA-Gesamtvorstandes zusammen. Unter anderem ging es um die geplante Apothekenreform. Offiziell bleibt die ABDA bei ihrer Forderung, die Gleichpreisigkeit auch für den PKV-Bereich zu erhalten. Die ABDA-Spitze soll allerdings deutlich gemacht haben, dass für die Rettung der Rx-Preisbindung im Arzneimittelgesetz wenig Hoffnung besteht. Die Entscheidung, weiter auf die Rechtssicherheit des Apotheken-Stärkungsgesetzes zu setzen, ist ein Tanz auf dem Drahtseil für die Apotheker, denn dabei kann ziemlich viel schief gehen.
Die ersten Bundesratstermine für die Apothekenreform stehen fest und auch im Bundestag zeichnet sich ab, dass das Apotheken-Stärkungsgesetz erstmals im Oktober beraten werden könnte. Es geht also in die „heiße Phase“ im Gesetzgebungsverfahren: In den kommenden Wochen und Monaten wird sich entscheiden, über welche Inhalte der Bundestag im Spätherbst entscheiden wird. Kern des Gesetzes ist das Rx-Boni-Verbot für den GKV-Bereich, das Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Sozialgesetzbuch V etablieren will. Gleichzeitig soll das bisherige Boni-Verbot aus dem Arzneimittelgesetz gestrichen werden – so wie es die EU-Kommission in ihrem Vertragsverletzungsverfahren verlangt.
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Bei ihrer gestrigen Gesamtvorstandssitzung bekräftigten die Spitzen der 34 Kammern und Verbände ihre Haltung zu diesem Punkt: Die Apotheker bestätigten die Beschlusslage der letzten ABDA-Mitgliederversammlung, dem wichtigsten Entscheidungsgremium der ABDA. Die MV hatte festgelegt, dass man das Gesetz zwar positiv begleiten wolle, aber weiterhin den Erhalt des AMG-Satzes zur Gleichpreisigkeit einfordert. Denn die größte Sorge der Apotheker ist und bleibt, dass mit seiner Streichung und der „Aufgabe“ des PKV-Bereichs die gesamte Rx-Preisbindung kippt.
Hört man sich im Apothekerlager um, gab es aber genau zu diesem Punkt einmal mehr intensive Diskussionen unter den Kammer- und Verbandschefs. Denn die ABDA-Spitze um Präsident Friedemann Schmidt soll versucht haben, die ABDA-Mitglieder davon zu überzeugen, diese Forderung zu relativieren. Denn: Wenn das Gesetz in Kraft tritt und beklagt wird, sei es wichtig, vor dem EuGH mit der Bundesregierung „eine einheitliche Linie“ zu haben, argumentiert die ABDA-Spitze. Heißt konkret: Wenn sich die Apotheker und die Bundesregierung gemeinschaftlich hinter das geplante Gesetz und das Rx-Boni-Verbot im SGB V stellen, sei die Chance höher, dies auch zu verteidigen. Die ABDA erinnerte zudem erst kürzlich in einem Rundscheiben an ihre Mitglieder, dass man viele Verbesserungen gegenüber dem ersten Referentenentwurf erwirkt habe. Dazu gehöre unter anderem, dass ein Hinweis auf das neue Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht auch in § 7 des Heilmittelwerbegesetzes – dem Zugabeverbot – etabliert werden soll.
Apotheker setzen alles auf eine Karte
Die Spitzen zahlreicher Kammern und Verbände haben
diesbezüglich aber eine andere Meinung und weisen auf die Gefahren dieses
Kurses hin. Zunächst befürchten die Apotheker, dass sich derzeit anhängige
Verfahren, in denen es um die Rx-Preisbindung geht, beispielsweise vor dem OLG
Köln und dem OLG München, mit einer Streichung der Preisbindung im AMG erledigt
haben könnten. Geäußert wurde zudem der Gedanke, dass auch das strikte
Verbot der Werbegaben im § 7 des HWG, das der Bundesgerichtshof gerade erst
bestätigt und zementiert hat, nach einem weiteren EuGH-Verfahren in wanken kommen könnte.
Die Befürchtung ist also: Verknüpft man das neue Rx-Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch V mit
dem Heilmittelwerbegesetz, könnte der EuGH in einem neuen Verfahren noch mehr Regelungen kippen.
Die Kammer Nordrhein hatte kürzlich auch einen Brief an die ABDA geschickt, in
dem genau dieser Gedanke beschrieben wird.
Auch über die politischen Gefahren des Gesetzes wurde gesprochen. Spahn hatte auf Druck des Bundesjustizministeriums zusichern müssen, dass er sein Vorhaben vor der parlamentarischen Beratung mit der EU-Kommission abstimmt. Nach Informationen von DAZ.online sollen die Beratungen zwischen dem BMG und der Kommission unmittelbar bevorstehen. Gemeinsam sprachen die Apotheker über mögliche Szenarien: Das für die Pharmazeuten beste Szenario wäre, dass sich die EU-Kommission vom BMG überzeugen lässt, dass das Rx-Boni-Verbot im SGB V europarechtskonform ist und das Vertragsverletzungsverfahren fallen lässt. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass die Kommission Nachbesserungen wünscht, ohne diese genau zu definieren. In diesem Fall könnte sich die Große Koalition nochmals Gedanken darüber machen, wie man die Rx-Preisbindung zumindest teilweise retten kann. Dann wäre es allerdings gut möglich, dass Spahn zu seinem ursprünglichen Vorschlag zurückkehrt: ein Rx-Boni-Deckel bei 2,50 Euro. Schließlich wäre es auch denkbar, dass die EU-Kommission der Bundesregierung auch mitteilt, dass für EU-Versender gar keine Begrenzungen mehr zu gelten haben, in diesem Falle wäre auch ein Boni-Deckel nicht mehr machbar.
Fest steht also, dass die von Spahn geplante Reform gleich von mehreren Seiten angegriffen wird: Die EU-Kommission erinnert an ihr Vertragsverletzungsverfahren, die deutschen Versender wünschen sich ähnliche Preisfreiheiten wie sie für EU-Versender bereits gelten und auch DocMorris hat bereits eine Klage angedroht, wenn der Bundestag das Rx-Boni-Verbot im SGB V festsetzen sollte. Die Standesvertretung der Apotheker klammert sich trotzdem weiterhin an das Gesetz – in der Hoffnung, in einem neuen EuGH-Verfahren dazu Recht zu bekommen. Die von den ABDA-Mitgliedern geäußerten Bedenken verdeutlichen aber: Kippt der EuGH auch das Rx-Boni-Verbot im SGB V, würde es wohl zu weitergehenden Deregulierungen an der Rx-Preisbindung kommen.
8 Kommentare
Apothekenbefragung fällig?
von Christian Timme am 16.08.2019 um 22:23 Uhr
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von Reinhard Rokitta am 16.08.2019 um 18:48 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: EU = Einheitlicher Untergang
von Bernd Jas am 20.08.2019 um 20:58 Uhr
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von Benjamin Schäfer am 16.08.2019 um 15:35 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten
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