DAZ-Themenwoche E-Rezept

Wie läuft's beim E-Rezept-Projekt von Teleclinic und apotheken.de?

Stuttgart - 22.08.2019, 11:30 Uhr

Zeit für ein Zwischenfazit bei der Kooperation der Online-Arztpraxis Teleclinic und apotheken.de: Über 2000 Rezepte wurden in den letzten knapp zwei Jahren ausgestellt und an Vor-Ort-Apotheken übermittelt. Teleclinic will sich nun auch „deutschen Versandapotheken“ öffnen. (Foto: Yakobchuk Olena / stock.adobe.com)

Zeit für ein Zwischenfazit bei der Kooperation der Online-Arztpraxis Teleclinic und apotheken.de: Über 2000 Rezepte wurden in den letzten knapp zwei Jahren ausgestellt und an Vor-Ort-Apotheken übermittelt. Teleclinic will sich nun auch „deutschen Versandapotheken“ öffnen. (Foto: Yakobchuk Olena / stock.adobe.com)


Bereits 2017 hat die Online-Arztpraxis Teleclinic ein gemeinsames Projekt mit dem Apothekendienstleister apotheken.de gestartet: Patienten werden zunächst per Video ärztlich beraten, anschließend kann ein E-Rezept ausgestellt werden. Wie sieht es nach zwei Jahren Kooperation aus? Nutzen das Online-Angebot vorwiegend jüngere oder ältere Patienten und eher im ländlichen oder städtischen Raum? Das Projekt war nur für Privatpatienten angelegt und nur Apotheken vor Ort dürfen partizipieren – bislang. Denn Teleclinic will sich nun auch „deutschen Versandapotheken“ öffnen. DAZ.online hat mit Teleclinic und apotheken.de gesprochen.

Bereits seit knapp zwei Jahren zeigen Ärzte und Apotheker in Baden-Württemberg, dass Fernbehandlungen und Online-Rezepte im niedergelassenen Bereich funktionieren. Waren Ärzten bis vor kurzem reine Fernbehandlungen per Telefon oder Internet verboten und durften auch Apotheker keine Rezepte beliefern, die erkennbar ohne direkten Arzt-Patienten-Kontakt ausgestellt worden waren, so erlaubt die Muster-Berufsordnung der Ärzte mittlerweile die ausschließliche Fernbehandlung von Patienten. Beim Ärztetag 2018 in Erfurt hatten die Ärzte den berufsrechtlichen Weg dafür geebnet und § 7 Abs. 4 MBO-Ä (Muster-Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte) neu gefasst. Nach Änderung von § 48 Absatz 1 AMG (Arzneimittelgesetz) ist auch Apotheken inzwischen die Dispensierung von Rezepten nach rein fernmündlicher Behandlung ebenfalls erlaubt.

Apotheker vor Ort sammeln erste Erfahrung mit E-Rezept

Noch vor den gesetzlichen Änderungen war Baden-Württemberg Vorreiter bei E-Verordnungen durch Online-Arztpraxen (Teleclinic) und dem Einlösen von E-Rezepten in Vor-Ort-Apotheken (apotheken.de). Das süddeutsche Bundesland ließ bereits 2016 zu, Fernbehandlungen im Rahmen eines Modellprojektes zu erproben – für Privatpatienten und Selbstzahler. Die Online-Arztpraxis Teleclinic hatte damals die Ausschreibung der Ärztekammer gewonnen und kooperiert seither mit apotheken.de, dem Online-Service des Deutschen Apotheker Verlages, der für das Übermitteln der E-Rezepte an bislang ausschließlich Vor-Ort-Apotheken zuständig ist. Durch die Partnerschaft von Teleclinic und apotheken.de erhalten Patienten im Bedarfsfall eine medikamentöse Behandlung, die über die App und eine teilnehmende Apotheke abgewickelt wird. Die Patienten bekommen bei Teleclinic nach fachkundiger ärztlicher Diagnose ein digitales E-Rezept per App aufs Handy, das sie in über 7000 Apotheken von apotheken.de auf digitalem Weg einlösen können. Wie genau der Prozess der Verordnung und Arzneimittelabgabe abläuft, lesen Sie hier.

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Wie sieht es nach knapp zwei Jahren Teleclinic-apotheken.de-Kooperation aus? Nutzen Patienten das Angebot überhaupt, und sollen künftig vielleicht auch Versandapotheken ins Boot geholt werden? DAZ.online hat im Rahmen der DAZ-Themenwoche zum E-Rezept mit Thomas Koch von apotheken.de und der Teleclinic gesprochen.

Teleclinic-apotheken.de-Kooperation bleibt bestehen

„Durch diese Kooperation und die Integration des telemedizinischen Systems mit dem Apothekensystem von apotheken.de ist es möglich, dass die ersten E-Rezepte in Deutschland in Vor-Ort-Apotheken dispensiert werden können und nicht direkt in die Online-Apotheke – womöglich sogar eine ausländische – weitergeleitet werden“, erklärt Thomas Koch, apotheken.de-Projektleiter, das Ziel des Projektes. Die Kooperation ist nach Ansicht Kochs wichtig, denn Apotheker könnten erste Erfahrungen mit dem neuen Verordnungssystem sammeln.


Durch die Kooperation von Teleclinic und apotheken.de sammeln Apotheker, Patienten und Ärzte wichtige Erfahrungen im Umgang mit E-Rezepten“.

Thomas Koch, apotheken.de-Projektleiter


Auch läuft die Kooperation mit Teleclinic Kochs Einschätzung nach „für beide Partner sehr zufriedenstellend“ und werde weiterhin bestehen.

Nutzen Patienten das E-Rezept?

Doch: Wie kommt die Online-Sprechstunde inklusive E-Rezept bei Patienten an – nutzen sie das Angebot? Laut Koch ja: „Pro Monat werden mehrere 100 E-Rezepte ausgestellt“, so der Verantwortliche auf apotheken.de-Seite. Diese E-Rezepte können übrigens nicht nur von baden-württembergischen Apotheken, sondern von allen apotheken.de-Kunden empfangen werden – das sind knapp 7.000 Vor-Ort-Apotheken bundesweit, angesichts der Gesamtzahl von Apotheken (Stand August 2019: 19.268) in Deutschland könnte man sagen, dass es rein rechnerisch bei jeder dritten Apotheke in Deutschland bereits möglich ist, ein E-Rezept einzulösen.

Apotheken müssen nicht am E-Rezept-Projekt teilnehmen, das betont auch Thomas Koch. „Jede Apotheke kann bei apotheken.de selbst entscheiden, ob sie E-Rezepte empfangen möchte oder nicht und das im Backend 'mein.apotheken.de' einstellen“.

Teleclinic plant Ausweitung auf deutsche Versandapotheken

Auch die Teleclinic zieht ein positives Zwischenfazit. Die Pilotphase zur Ausstellung digitaler Rezepte in Baden-Württemberg sei gut angenommen worden – und sei deshalb mittlerweile deutschlandweit ausgerollt. Die Teleclinic, die auch beim GKV-Projekt GERDA in Baden-Württemberg mitmischt, bietet ihre Dienste derweil deutschlandweit in jedem Bundesland an, in dem die Aufsichtsbehörden die Ausstellung und Dispensierung von E-Rezepten bereits dulden. Da Baden-Württemberg das erste Bundesland war, in dem die Ausgabe erlaubt wurde, und hier die größten Projekte zur Telemedizin laufen, sind hier jedoch bislang auch die meisten E-Rezepte ausgestellt worden.

Dass Patienten die Online-Sprechstunde nutzen und auch die Möglichkeit begrüßen, E-Rezepten in der Vor-Ort-Apotheke einzulösen, zeigen die Zahlen. „Bis dato haben wir über 2000 Rezepte auf Basis einer fachkundigen ärztlichen Diagnose ausgestellt. 82 Prozent der Rezepte waren über verschreibungspflichtige Arzneimittel“, erklärt eine Sprecherin der Teleclinic im Gespräch mit DAZ.online.

Bleibt Teleclinic nach wie vor „frei“ von Versandapotheken?

Bislang berücksichtigt die Teleclinic über apotheken.de ausschließlich Vor-Ort-Apotheken. DAZ.online hat interessiert: Bleibt Teleclinic dem treu, oder gibt es Bestrebungen, künftig auch Versandapotheken zu berücksichtigen? Die Sprecherin erklärt: „Aktuell prüfen wir Kooperationen mit deutschen Versandapotheken. Grundsätzlich sind wir bestrebt die medikamentöse Versorgung so vielfältig und flächendeckend wie möglich für unsere Patienten zu gestalten“.

Apotheker wollen mitmachen

Auch seitens der Apotheker wird das Projekt nach Einschätzung von Teleclinic gut angenommen: „Im Laufe des Fernbehandlungsprojektes kamen vermehrt Apotheken auf uns zu, um mit E-Rezepten arbeiten zu können.“ Daran lasse sich die positive Resonanz des Projektes und die Bereitschaft der Branche erkennen, es dem Patienten so angenehm wie möglich zu machen, so die Teleclinic-Sprecherin. Man müsse jedoch sicherstellen, wenn weitere Apotheken ins Boot geholt würden, dass die Apotheker sodann mit der Plattform und dem Ablauf des digitalen Rezepts – durch entsprechende Schulungen – auch vertraut sind.

Durchschnittlicher E-Rezept-Nutzer ist 36 Jahre alt

Für welche Patienten ist das E-Rezept überhaupt interessant – jung oder alt? Leben die Nutzer vorwiegend in ländlichen Regionen oder sind es Stadtmenschen?  Geographische Tendenzen erkennt man derzeit nach Auswertung der Daten von Teleclinic nicht: „Neben Baden-Württemberg wird das Angebot nun auch zunehmend in anderen Bundesländern in Anspruch genommen. Regionale Präferenzen sind allerdings aktuell nicht erkennbar. Es wird sowohl in urbanen als auch in ländlichen Regionen genutzt.“

Der durchschnittliche E-Rezept-Patient ist recht jung: Das Durchschnittsalter der Patienten, die bereits ein digitales Rezept ausgestellt bekommen haben, liegt laut Teleclinic bei 36 Jahren.

Sinnvolle Alternative zum klassischen Arzttermin

Welches Fazit zieht Teleclinic nach knapp zwei Jahren aktiver Projektphase? Nach Einschätzung der Teleclinic hat das Modellprojekt „klar“ gemacht, dass die Telemedizin durchaus als „sinnvolle und ernstzunehmende Ergänzung für den klassischen Gang zum Arzt“ wahrgenommen wird. Ihre Einschätzung stützt die Online-Arztpraxis hier auf die „große Zufriedenheit der teilnehmenden Patienten sowie der teilnehmenden Ärzte“. Man lerne aus den bisherigen Erfahrungen und evaluiere laufend den digitalen Arzt-und Verordnungsprozess. „Nur so stellen wir die bestmögliche User Experience für Ärzte, Patienten und Apotheken sicher.“ 

Eine Ausweitung des Projektes auf GKV-Ebene ist derzeit wohl nicht geplant.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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