US-Online-Apotheke Valisure

„Ranitidin bildet tausende von Nanogramm NDMA im Magen“

Stuttgart - 19.09.2019, 12:44 Uhr

Während sich im Fall um mit Nitrosaminen verunreinigte Sartane schon einiges geklärt hat, beginnen die Arzneimittelbehörden gerade erst die Puzzle-Teile der „Operation Ranitidin“ zusammenzusetzen. Es gibt Hinweise, dass das Antazidum ausgerechnet im Magen NDMA bilden soll. (Foto: sakramir / stock.adobe.com)

Während sich im Fall um mit Nitrosaminen verunreinigte Sartane schon einiges geklärt hat, beginnen die Arzneimittelbehörden gerade erst die Puzzle-Teile der „Operation Ranitidin“ zusammenzusetzen. Es gibt Hinweise, dass das Antazidum ausgerechnet im Magen NDMA bilden soll. (Foto: sakramir / stock.adobe.com)


Aus dem Valsartan-Skandal des Sommers 2018 ist mittlerweile ein Sartan-Skandal (mit Tetrazolring-Struktur) geworden. Schnell deutete sich zudem an, dass neben den Blutdrucksenkern weitere Wirkstoffe mit Nitrosaminen verunreinigt sein könnten. Im großen Stile bestätigt hat sich dieser Verdacht vergangenen Dienstag mit den Ranitidin-Rückrufen. Und so ist aus dem Valsartan-Skandal mittlerweile ein Nitrosamin-Skandal geworden. Doch wie kommt das Nitrosamin NDMA ins Ranitidin? Die Ursachen im Fall Valsartan scheinen sich nicht einfach auf Ranitidin übertragen zu lassen.

DAZ.online berichtete bereits am Dienstagmorgen, dass die Online-Apotheke „Valisure“ eigenen Angaben zufolge den entscheidenden Hinweis auf das Nitrosamin NDMA in Ranitidin an die Arzneimittelbehörden geliefert hatte. So kam es, dass vergangenen Freitag sowohl die US-amerikanische (FDA) als auch die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) bekannt gaben, das H₂-Antihistaminikum Ranitidin (ein Antazidum) näher auf Nitrosaminverunreinigungen zu untersuchen. Das durch die Verunreinigung entstehende Risiko für Patienten soll noch bewertet werden. Zum Ausmaß der Verunreinigung äußerten sich die Behörden nicht näher. Die FDA sprach jedoch von „geringen Mengen“. 

Ganz anders die US-Online-Apotheke Valisure mit angeschlossenem Labor, die damit wirbt, die einzige Apotheke zu sein, die jede Charge jedes Arzneimittels, das sie verkauft, selbst testet. Sie will bis zu 3 mg NDMA in Ranitidin gefunden haben. Wie genau Valisure auf NDMA in Ranitidin gestoßen ist, hat die Apotheke noch am Dienstag auf ihrem Internetauftritt veröffentlicht.

Was dort zunächst ins Auge sticht: Während die Pressemitteilungen der EMA, der FDA und des BfArM nahelegen, dass Ranitidin mit NDMA „verunreinigt“ sein kann – erste Rückrufe sind bereits erfolgt –, deutet schon die Gesamtübersicht der Ranitidin-Untersuchung von Valisure an, dass es sich um keine Verunreinigung im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr um ein Abbauprodukt von Ranitidin handelt, das sich wiederum erst im Körper bildet. 

Sollten die Behörden dies bestätigen, wäre NDMA – anders als im Fall der Sartane – kein Problem, das erst seit einigen Jahren besteht, sondern seit es Ranitidin gibt: In den USA soll es bereits eine Sammelklage gegen die Zulassungsinhaber von Zantac® geben, die die These aufstellt, dass die Gefahren um Ranitidin bereits seit 40 Jahren bekannt sind.

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Als Hauptursache der NDMA-Verunreinigung im Fall Valsartan des Sommers 2018 hingegen wurde lange Zeit die Änderung der Wirkstoffsynthese im Jahr 2012 als Hauptursache angenommen. Mittlerweile ist aber auch die Problematik um verunreinigte Lösungsmittel immer weiter in den Fokus gerückt. 

Dass das Lösungsmittel auch im Fall Ranitidin eine Rolle spielen könnte, lässt sich nicht ausschließen. Die Ausführungen von Valisure stellen jedoch eine andere Theorie auf.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Nitrosamine

von Jürgen am 24.09.2019 um 14:00 Uhr

Für einen Chemiker ist die Tatsache, dass erst jetzt über Nitrosamine in Medikamenten wie Valsartan und Ranitidin gesprochen wird, nicht ganz nachvollziehbar. Wenn man in Deutschland als Chemiker tätig ist, gehören die TRGS der Berufsgenossenschaften zum Grundwissen, somit auch die TRGS 552, in der explizit darauf hingewiesen wird, dass beim Einsatz von DMF in Synthesen auf die Bildung von NDMA untersucht werden soll (muss). Diese TRGS gibt es schon seit 1996. Beim Lesen des Valsartanpatents von ZHP hätten also bei allen "TRGS 522 Kundigen" die Glocken klingeln müssen.
Zum Ranitidin:
Auch hier sollte das Grundwissen eines Chemikers ausreichen, um die hydrolytische Labilität eines aliphatischen Nitrorestes und die damit verbundene Reaktionmöglichkeit mit sek. Aminen zu Nitrosaminen zu sehen.
Bei einem anderen Medikamenten mit aliphatischer Nitrogruppe - Metronidazol- wird zum Glück schon seit Jahren auf ein mögliches karzinogenes Risiko hingewiesen.

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Ergebnisse der Stanford University nie geprüft worden?

von P.D. am 23.09.2019 um 13:04 Uhr

Haben irgendwelche Behörden eigentlich nie die Ergebnisse der Stanford University geprüft. Wenn das stimmt, hätte man in puncto Ranitidin doch sofort etwas unternehmen müssen! Noch dazu war Ranitidin doch auch schon 2016 als OTC erhältlich.

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