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Nach dem Apothekertag: Spahn hat uns Apothekers auf Linie gebracht, Hauptsache die Apothekenreform kommt bald in den Bundestag – und kommt überhaupt. Die Lieferengpässe sind endlich, endlich ein Thema, bei der ABDA, aber vor allem in der Politik. Es gibt sogar schon ein Paper aus der Union, wie man sie angehen kann. Auch wenn der AOK-Chef aus Ba-Wü meint, es liege nicht an Rabattverträgen. Die Noweda haut derweil eine starke Kampagne raus: Lieferengpässe, Apothekenschließungen, handeln! Und in den Grünen-Reihen versucht man über Klimaschutz und Versandhandel nachzudenken – und windet sich. Und während inzwischen sogar die ABDA pro Impfung in der Apotheke votiert, wettert der Hausärzte-Chef dagegen. Lasst ihn, wir träumen weiter von honorierten Dienstleistungen.
30. September 2019
Wie hat das Handelsblatt so nett getitelt: „Gesundheitsminister Spahn bringt Apotheker auf Linie“. Ja, mein liebes Tagebuch, so isses – Spahn stellte uns Apothekers vor die Wahl: Entweder wir unterstützen ihn bei seinen Plänen zur Gleichpreisigkeit oder es gibt eben kein Gesetz zum Arzneimittelversand und er werde seine Arbeit bei der Apothekenreform einstellen – mit all den bösen Konsequenzen (Rabatt- und Boni-Schlachten der EU-Versender). Hoppala, mein liebes Tagebuch, da fielen unsere ABDA-Funktionäre und Delegierten aber um wie die Dominosteine. Wir können, wir dürfen Spahn doch nicht verärgern, sonst ist er uns böse, böse, böse, schallte es da durchs Plenum. Und flugs war ein zuvor verabschiedeter Antrag geglättet und Spahn-gefällig gebügelt mit dem Tenor: Möge das Spahnsche Apothekenstärkungsgesetz schnellstmöglich in den Bundestag eingebracht werden, wir wollen den parlamentarischen Prozess dann gerne „konstruktiv und kritisch“ begleiten – Spahn hat uns dann wieder lieb, lieb, lieb. Und der Apothekertag schwor der Versuchung ab, über den Bundesrat ein Gesetz fürs Rx-Versandverbot einzubringen, denn das könnte den Gesundheitsminister vergrätzen, zumindest ihn dazu bewegen, seine Arbeit für die Apothekenreform einzustellen. Das wäre ganz schlimm! Wirklich? Tja, mein liebes Tagebuch, wie gesagt, und dieses „Risiko“ wollten nur die wenigsten eingehen. Warum eigentlich? Es wäre möglicherweise das Aus für eine stark wackelige Teil-Gleichpreisigkeit und für unsichere spartanisch honorierte Dienstleistungen – so what?
Eine „charmante Idee“ nennt DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer die Möglichkeit, dass der Bundesrat sein Recht nutzen könnte, einen Entwurf für ein Rx-Versandverbot auf den Gesetzesweg zu bringen. Der Vorschlag könnte sogar rasch in den Bundestag wandern. Natürlich gibt es auch Unwägbarkeiten auf diesem Weg, aber dennoch… Mein liebes Tagebuch, was mich irritiert: Wenn es Spahn mit uns Apothekers ernst meint, warum spaltet er dann eigentlich nicht sein Apothekenstärkungsgesetz in zwei Gesetze auf: ein Gesetz, mit dem die Dienstleistungen, die Botendienste, die Arzneimittelautomaten usw. geregelt werden und ein zweites Gesetz, das nur die Gleichpreisigkeit, wie auch immer, zum Ziel hat. Die Gefahr, dass eine Ablehnung der Spahnschen Gleichpreisigkeit durch die EU-Kommission auch den Rest des Gesetzes mit in den Orkus zieht, wäre gebannt. Warum teilt Spahn das Gesetz nicht auf? Die Honoraranpassung zum Notdienstfonds und für die BtM-Doku hat er doch auch in eine eigene Sammelverordnung ausgelagert.
Mein liebes Tagebuch, um Spahn besser kennenzulernen, hätten die Delegierten vielleicht vor dem Apothekertag das Gespräch von Christian Ehring mit Jens Spahn anschauen sollen, das schon 2018 in "extra 3" des Norddeutschen Rundfunks lief. Hier der Link zu diesem tiefgründigen Interview, auch heute noch gut. (Vorsicht Satire.)
Sie können es nicht lassen: Die Hausärzte gehen nach wie vor gegen die Idee von Bundesgesundheitsminister Spahn vor, dass Apotheker z. B. Grippeschutzimpfungen verabreichen. Ihr Scharfmacher ist Ulrich Weigeldt, Chef des Deutschen Hausärzteverbands. Mit den Impfungen in der Apotheke überschritten die Apotheker, so Weigeldt, die Heilberufsgrenzen, was nicht hinnehmbar sei. Und er fordert reflexartig im Umkehrschluss das Dispensierrecht für Mediziner. Mein liebes Tagebuch, natürlich geht es da nicht um irgendwelche Grenzen, die die Apotheker überschreiten, es geht vielmehr darum: Die Ärzte haben Sorge, die Apotheker stecken Geld ein, das eigentlich ihnen gehört. Anfangs beäugte die ABDA den Spahnschen Modellversuch recht kritisch, auch aus Sorge vor möglichen Konflikten mit den Ärzten. Doch seit dem Apothekertag sind andere, fast schwärmerische Töne von unserer Standesvertretung pro Impfung in der Apotheker zu hören. Fritz Becker auf dem Apothekertag: „Wir Apotheker sind bereit und nehmen diese Herausforderung an! Die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigen, dass die Impfquoten durch ein zusätzliches niedrigschwelliges Impf-Angebot in den Apotheken steigen…“ Woher die Pro-Stimmung kommt, ist nicht genau auszumachen. Möglicherweise ist die ABDA überzeugt, dass Impfen in der Apotheke hervorragend zu den neuen honorierten pharmazeutischen Dienstleistungsangeboten passt, die uns in Aussicht gestellt wurden. Also, mein liebes Tagebuch, wenn das Apothekenstärkungsgesetz kommen sollte, werden sich Apotheken an den Modellversuchen Impfen in der Apotheke beteiligen können – die Ärzte werden das akzeptieren (müssen). Ich bin sicher, die Patienten werden das neue Angebot dankend annehmen. Gut so.
Übrigens, auch von der in Aussicht gestellten Möglichkeit, dass Ärzte in Zukunft Dauerverordnungen (max. bis zu viermal belieferbar) ausstellen dürfen, will der Chef der Hausärzte nichts wissen. Mein liebes Tagebuch, statt diese Möglichkeit als willkommene Entlastung zu sehen, stänkert Weigeldt gegen diese Option. Klar, auch hier geht’s ums Geld. Jedes Folgerezept, das die Arzthelferin ausstellt, bringt ein bisschen extra Kohle. An die Patienten, an deren Zeit und Wege, denkt er da nicht. Aber auch hier: Das wird sich geben.
Lieferengpässe könnte man in der Apotheke leichter und praktikabler in den Griff bekommen, wenn die Ärzte Wirkstoffe verordnen würden statt Präparate eines bestimmten Herstellers. Der Patient könnte sofort beliefert werden, für die Krankenkasse bleibt der Preis niedrig. Und für die Apotheke hat es den Vorteil, dass der Preisanker nicht gilt und keine Rücksprache mit dem Arzt notwendig wird – die Apotheke kann unter einem der vier preisgünstigsten Präparate ein geeignetes und vor allem verfügbares Präparat auswählen. Aber die Mehrzahl der Ärzte will (oder kann) keine Wirkstoffe verordnen. Laut einer Umfrage des Deutschen Apotheken Portals möchte ein Viertel der Ärzte keine Wirkstoffe verordnen, 34 Prozent der Ärzte erklärten, ihr Softwaresystem sei nicht in der Lage, Wirkstoffverordnungen zu erstellen. Dabei empfehlen sogar einige Kassenärztliche Vereinigungen den Ärzten, Wirkstoffe zu verschreiben, um Rückfragen durch die Apotheke zu vermeiden. Mein liebes Tagebuch, keine Wirkstoffverordnungen – kann’s auf Dauer nicht sein, da wird sich etwas tun müssen. Warum sollte die Apotheke in Zukunft nicht generell ein vorhandenes Präparat unter den Preisgünstigsten auswählen dürfen unabhängig davon, was der Arzt namentlich verordnet hat? Die Lieferengpässe werden eine Änderung dieser Vorschriften erzwingen…
10 Kommentare
Glaubwürdigkeit
von Reinhard Rodiger am 07.10.2019 um 1:13 Uhr
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Richtigstellung
von Joachim Sievers am 06.10.2019 um 11:33 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Richtigstellung
von Anita Peter am 06.10.2019 um 18:30 Uhr
AW: Richtigstellung
von Wolfgang Müller am 06.10.2019 um 19:51 Uhr
Delegierte
von Conny am 06.10.2019 um 10:48 Uhr
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Dienstleistungen... und Plan C!
von Gunnar Müller, Detmold am 06.10.2019 um 9:35 Uhr
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AW: Dienstleistungen... und Plan C
von A. Fischer am 08.10.2019 um 15:48 Uhr
Fremdbestimmung bis zur Selbstaufgabe?
von Christian Timme am 06.10.2019 um 8:43 Uhr
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Zeit zu handeln !
von Ulrich Ströh am 06.10.2019 um 8:24 Uhr
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AW: Zeit zu handeln
von Pillendreher am 08.10.2019 um 8:18 Uhr
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