Österreichische Apothekerkammer widerspricht

„Arzneimittelverkauf durch Apotheker ins Ausland ist nicht Ursache der Engpässe“

Stuttgart - 08.10.2019, 14:00 Uhr

Sind Apotheken schuld an Arzneimittel-Engpässen? Die Österreichische Apothekerkammer widerspricht der Darstellung, dass der Verkauf von Arzneimitteln durch Apotheken ins Ausland die Ursache für Engpässe sei. (s / Foto: imago images / Eibner Europa)

Sind Apotheken schuld an Arzneimittel-Engpässen? Die Österreichische Apothekerkammer widerspricht der Darstellung, dass der Verkauf von Arzneimitteln durch Apotheken ins Ausland die Ursache für Engpässe sei. (s / Foto: imago images / Eibner Europa)


„Deutsche Importquote mit schuld an Engpässen im Ausland“

Die Kammmer verweist zudem auf ein Dokument, das Mag. pharm. Christian Wurstbauer, Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer, dazu ausgearbeitet hat. Darin heißt es:

„Die Grundlage für den sogenannten Parallelhandel mit Arzneimitteln ist das unterschiedliche Preisniveau von Medikamenten in verschiedenen europäischen Ländern sowie das grundsätzliche Bestreben der EU, den Handel und Wettbewerb innerhalb Europas in allen Branchen zu fördern. Vom Export betroffen sind vor allem höherpreisige Arzneimittel, die in manchen Ländern – dazu gehört zum Teil auch Österreich – wesentlich billiger sind als im europäischen Ausland. Dadurch entsteht der wirtschaftliche Anreiz für den Parallelhandel mit Medikamenten. 

Parallelhandel wird im Wesentlichen von darauf spezialisierten Arzneimittelfirmen mit Großhandelslizenz betrieben und hat sich mit der Zeit zu einem eigenen Wirtschaftszweig mit Marktteilnehmern in allen europäischen Ländern entwickelt. Deutschland spielt hier eine wesentliche Rolle, da die deutschen Sozialversicherungen in ihren Verträgen den Apotheken vorschreibt, einen gewissen Anteil ihrer Medikamente aus dem Ausland zu einem günstigeren Preis zu importieren. Solche Maßnahmen sind natürlich der Motor für die Parallelhandel-Industrie. 

Auch in Österreich dürfen nur Großhändler Arzneimittel für den Export kaufen und verkaufen. Für Apotheken ist das nicht möglich. Es gibt zwar einen gewissen Anteil an Apotheken, die auch eine Großhandels-Lizenz haben, dieser Anteil ist jedoch mengenmäßig gering und kommt schon deshalb nicht – wie behauptet – als Hauptgrund für den bestehenden Medikamentenengpass in Frage. Darüber hinaus besteht das Hauptgeschäft der Apotheken in der Versorgung der Patienten, die in die Apotheke kommen. 

Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass eine Apotheke lieber für 'ein Körberlgeld' ein Medikament ins Ausland verkaufen soll, um sich gleichzeitig im Hauptgeschäft zu schaden und die Patienten unversorgt wegzuschicken. Ganz im Gegenteil: Die Apothekerinnen und Apotheker verwenden täglich 2 Stunden Arbeit nur dafür, Präparate, die schwierig zu bekommen sind, für den Patienten zu besorgen. Und das ist nachvollziehbar, denn nur dadurch stärkt die Apotheke die Zufriedenheit ihrer Kunden, die Kundenbindung und damit den eigenen wirtschaftlichen Erfolg. Im Klartext: Keine Apotheke wird für 'ein Körberlgeld' einen Kunden wegschicken, und sich dadurch wirtschaftlich selbst schaden. Das macht keinen Sinn!“ 

Bei der Liste nicht lieferbarer Arzneimittel ist laut Apothekerkammer aber zu beachten, dass sich Medikamente darunter befinden, für die es wirkstoffgleichen beziehungsweise -ähnlichen Ersatz gibt. Zudem solche, die über die Apotheken gar nicht vertrieben werden oder für die es bereits andere, identische Produkte gibt.

Aus Sicht der Apothekerkammer sind die Gründe für Lieferengpässe vielfältig. Einmal seien sie eine Folge der Globalisierung: Arzneimittelfirmen produzierten nicht mehr in Europa, oft werde ein Wirkstoff nur mehr an ein oder zwei Standorten weltweit produziert – Produktionsausfall an diesem Standort führe zu weltweiten Lieferengpässen. Dasselbe gelte für die Lagerung, die nicht in Österreich erfolge, sondern an wenigen Standorten im Ausland. Außerdem macht die Kammer die niedrigen Arzneimittelpreise verantwortlich, die machten den österreichischen Markt für Hersteller uninteressant. Andere Länder mit höherem Preisniveau würden bei der Belieferung mit Arzneimitteln priorisiert. Und auch die Umsetzung der EU-Arzneimittelfälschungsschutz-Richtlinie sorge derzeit (noch) für Lieferengpässe.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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