IGES-Studie: GKV-Defizit von 50 Milliarden bis 2040

Drohen höhere Krankenkassenbeiträge?

Stuttgart - 09.10.2019, 13:30 Uhr

Durch die demografische Entwicklung und höhere Pro-Kopf-Ausgaben droht der GKV bis 2040 laut IGES-Institut ein Defizit von 50 Milliarden Euro. Steigen die Beitragssätze für die Versicherten? (m / Foto: imago images / CHROMORANGE)

Durch die demografische Entwicklung und höhere Pro-Kopf-Ausgaben droht der GKV bis 2040 laut IGES-Institut ein Defizit von 50 Milliarden Euro. Steigen die Beitragssätze für die Versicherten? (m / Foto: imago images / CHROMORANGE)


Laut einer im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung erstellten Studie steuern die gesetzlichen Krankenkassen auf ein Defizit von 50 Milliarden Euro bis zum Jahr 2040 zu. Gründe dafür sind die demografische Entwicklung der Gesellschaft und höhere Pro-Kopf-Ausgaben. Was tun? Die Antwort dürfte den wenigsten gefallen. Die Beitragssätze müssten angehoben werden, von aktuell 14,6 Prozent auf 16,9 Prozent – oder gar noch mehr.

Der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) droht bis zum Jahr 2040 – wenn die Politik nicht gegensteuert – ein Loch von 50 Milliarden Euro. Das ist das Ergebnis einer Studie des Berliner IGES-Institutes (Institut für Gesundheits- und Sozialforschung) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Trotz aktueller Finanzreserven – Ende 2018 betrugen die Rücklagen der Kassen 21 Milliarden Euro – zeichne sich ab, dass sich spätestens ab Mitte der 2020er Jahre die Schere zwischen Gesundheitsausgaben und Beitragseinnahmen wieder in Richtung Defizit öffnen werde, heißt es in einer Pressemeldung der Stiftung. Auch die Süddeutsche Zeitung berichtet am heutigen Mittwoch über die Studie. Ihr zufolge sind die Finanzreserven bei gleichbleibenden Beitragssätzen bis 2031 aufgebraucht.

Demografische Entwicklung und höhere Pro-Kopf-Ausgaben

Als Gründe für das drohende Milliardendefizit nennen die IGES-Autoren die demografische Entwicklung: Mit einem steigenden Anteil älterer Menschen, die Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, und dem Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter sänken die Einnahmen der GKV. Zusätzlich seien die Pro-Kopf-Ausgaben im Gesundheitswesen gestiegen. Was also tun?

Beitragssätze von 16,9 Prozent?

Um diese Entwicklung zu kompensieren, müsse der durchschnittliche Beitragssatz der Versicherten erhöht werden. Derzeit liegt dieser bei 14,6 Prozent. Er müsste nach Ergebnissen der Studie bis 2040 schrittweise auf 16,9 Prozent steigen. Würden sich die medizinsichen Leistungen in den nächsten Jahren stärker verteuern als bisher antizipiert, könnte auch ein Beitragssatz von 18,7 Prozent drohen.

Bundeszuschuss muss auf 70 Milliarden steigen

Stefan Etgeton von der Bertelsmann-Stiftung erklärt gegenüber der dpa, dass es wirkungsvolle politische Instrumente gebe, um einem Defizit entgegenzuwirken: So könnten etwa Überkapazitäten im Klinikbereich abgebaut werden, um Kosten zu sparen. Zudem empfiehlt er, den Bundeszuschuss von aktuell jährlich 14,5 Milliarden Euro stufenweise zu steigern, sodass dieser bis 2040 bei 70 Milliarden Euro wäre. Dann könne man auch den allgemeinen Beitragssatz (ohne Zusatzbeitrag) stabil auf rund 15 Prozent halten.

Höhere Beitragssätze bereits beim DAT im Gespräch

Dass höhere Beitragssätze für GKV-Versicherte anstehen könnten, ließ auch bereits Thomas Bodmer, DAK-Vorstandsmitglied, in der Podiumsdiskussion zu pharmazeutischen Dienstleistungen im Rahmen des Deutschen Apothekertages 2019 in Düsseldorf durchblicken. Man plane derzeit 0,4 zusätzliche Beitragspunkte ab dem nächsten Jahr, erklärte Bodmer. Die finanzielle Lage sei lange nicht so gut, wie allgemein in der Bevölkerung die Wahrnehmung dazu sei. „Es herrscht immer noch die Meinung, dass wir im Geld schwimmen wie Dagobert Duck. Das ist nicht der Fall“, so Bodmer. Zugespitzt war deswegen auch seine Botschaft zur Vergütung von pharmazeutischen Dienstleistungen: Pharmazeutische Dienstleistungen ja, aber es darf bitte nicht mehr kosten.

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Auch Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse (TK), äußerte sich jüngst in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): „Eigentlich müssten auch bei den Kassen die Beiträge im nächsten Jahr, 2018 und 2019 steigen, von heute 15,7 Prozent um jeweils etwa 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte. Denn überall wachsen die Ausgaben: bei den Honoraren der Ärzte, in den Krankenhäusern, bei den Medikamenten – übrigens auch durch teure Gesetze. Doch weil Wahljahr ist, wird die Regierung versuchen, zumindest 2017 die Beiträge stabil zu halten.“



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Na und?

von Stefan Haydn am 10.10.2019 um 13:39 Uhr

Bei der aktuellen Politik aus Berlin und dem Verhalten der GKV kümmert die meisten Apotheken 2031 oder 2040 eh nicht mehr.
Die gibt es da schon nicht mehr.
Und der Rest? Ist eventuell zu wertvoll in der Versorgung, dass er sich alles erlauben kann.

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Zeitpunkt passt zu gut !

von ratatosk am 09.10.2019 um 18:38 Uhr

Erstaunlich, daß solche Gutachten immer so schön passen wenn GKV oder Politik Munition brauchen um echte Fakten abzuwürgen.
Bis 2031 ! als wenn irgendwer wüßte wie es bis dahin aussieht, schon gar nicht so unsichere Kandidaten wie VWL oder Soziologie.
Aber es ist alles keine Faktenfrage, man sieht es ja an den berliner Abgeordneten - für nichts 50 % mehr, so flutscht der sozialistische Grundgedanke von Rot Grün, da kommen aber Klassenfeinde nicht darin vor und die CDU ist nunmehr auch bar ohne wirtschaftliche Kompetenz.

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Hohe GKV Defizite

von Dr.Diefenbach am 09.10.2019 um 14:18 Uhr

Die Alarmglocken sollen/müssen klingeln!!!! Garantiert wird eine der ersten vorgeschlagenen Massnahmen des GKV-Spitzenverbandes lauten,im Apothekenwesen "weitere Ressourcen" zu erschliessen.Konsequenz:ALLES was nur irgend geht,JETZT unter Dach und Fach zu bringen,der POLITIK(!) klar machen,WO die Apotheke Kosten einspart,jetzt und in Zukunft.(Ich weiss,die tibetanische Gebetsmühle agiert hier....),was nur noch nervt:Das ABDA-Spitzengezaudere,WO und WIE endlich unsere Entgelte FAKT werden.Ich frage auch mal nach,was eigentlich die Reformkommission zur Ausgestaltung der Honorare zu sagen hat?Die KollegInnen haben da eine Anrecht drauf!!Und da es ja NUR ums Geld zu gehen scheint,MUSS umgehend auf eine Entscheidung der Politik gedrungen werden.Jedenfalls wird das heute veröffentlichte Szenario den Weg der öffentlichen Apotheke massiv erschweren!!

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