Gericht lehnt Lunapharm-Eilantrag ab

Spahn darf von „mutmaßlich“ gestohlenen Arzneimitteln sprechen

Berlin - 10.10.2019, 17:30 Uhr

Das Verwaltungsgericht Köln hat sich mit den Informationen des BMG zum Fall Lunapharm befasst. So lange von „mutmaßlich“ gestohlenen Arzneimitteln die Rede ist, sieht das Gericht keinen Anlass, die Aussagen zu untersagen. (c / Foto: Imago)

Das Verwaltungsgericht Köln hat sich mit den Informationen des BMG zum Fall Lunapharm befasst. So lange von „mutmaßlich“ gestohlenen Arzneimitteln die Rede ist, sieht das Gericht keinen Anlass, die Aussagen zu untersagen. (c / Foto: Imago)


Das Verwaltungsgericht Köln hat einen Eilantrag des Brandenburger Pharmahändlers Lunapharm abgelehnt, mit dem dieser dem Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite bestimmte Aussagen zur Causa Lunapharm verbieten lassen wollte.

Der Fall Lunapharm bewegte den vergangenen Sommer. Das ARD-Magazin Kontraste des Rundfunks Berlin Brandenburg (rbb) hatte über eine griechische Apotheke berichtet, die ohne Großhandelslizenz hochpreisige Arzneimittel an Parallelhändler verkaufte. Diese Arzneimittel sollen teilweise mutmaßlich aus griechischen Kliniken gestohlen und über abenteuerliche Transportwege an ihr Ziel gekommen sein. Einer der Abnehmer soll das in Mahlow bei Berlin ansässige Unternehmen Lunapharm gewesen sein.

Der Bericht schlug bekanntermaßen hohe Wellen: Lunapharm verlor seine Großhandels- und Herstellungserlaubnis, die Landesregierung setzte zur Aufklärung eine Task Force ein, die damalige Brandenburger Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) musste zurücktreten, und die Staatsanwaltschaft Potsdam leitete Ermittlungen gegen Lunapharm wegen Hehlerei ein, die bis heute andauern. Und: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte eine weitere Arzneimittel-Affäre – neben Bottrop, Valsartan und Brüggen-Bracht –, die ihn zu seinem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) antrieb. Auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) war der Fall Lunapharm im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich erwähnt. Unter anderem hieß es, dass die fraglichen von Lunapharm vertriebenen Arzneimittel „mutmaßlich in griechischen Krankenhäusern gestohlen“ worden seien. Ebenso war hier eine Rede des Ministers vom 4. April 2019 zum GSAV schriftlich veröffentlicht, in der es hieß, es handele sich um „... gestohlene Krebsmedikamente aus Griechenland, die durch Lunapharm auf den deutschen Markt gelangten“. 

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Lunapharm selbst sah und sieht sich zu Unrecht verfolgt. Der Parallelhandel mit Arzneimitteln unter Ausnutzung der bestehenden Preisgefälle ist in Europa schließlich legal – auch wenn er nicht jedem gefällt und die Wege der Arzneimittel sicherlich nicht immer leicht zu verfolgen sind. Dass mit den Arzneimitteln, die das Brandenburger Unternehmen aus Griechenland bezogen hat, etwas nicht in Ordnung war, konnte nie nachgewiesen werden. Und dass der griechische Händler die Präparate als Apotheker nicht verkaufen durfte, habe man nicht gewusst, betont Lunapharm-Geschäftsführerin Susanne Krautz-Zeitel. Sobald sie es wusste, habe sie die Geschäfte eingestellt, erklärte sie vergangenen Juli bei einem Pressegespräch.

Vom Informationsauftrag gedeckt

Gegen den rbb hat Krautz-Zeitel bereits ein Urteil erwirkt, das dem Sender zahlreiche Aussagen untersagt – Stichwort unzulässige Verdachtsberichterstattung. Das Berufungsverfahren ist noch anhängig. Auch gegen das BMG und Spahn ging das Unternehmen vor. Ihnen sollte gerichtlich verboten werden, im Zusammenhang mit Lunapharm-Arzneimitteln von einem „Diebstahl“ zu sprechen. Denn ein solcher sei nicht erwiesen. Das Ministerium ließ daraufhin recht schnell alle möglicherweise kritischen Aussagen zu Lunapharm aus seinem Internetauftritt entfernen.

Nun lehnte das Verwaltungsgericht Köln den Lunapharm-Antrag jedoch ab (Az.: 7 L 1017/19). Nachdem das BMG im gerichtlichen Verfahren angekündigt hatte, auch in dem Beitrag vom 4. April 2019 bei einer erneuten Einstellung auf der Internet-Seite die Angabe des Diebstahls mit dem Zusatz „mutmaßlich“ zu versehen, sah die Kammer keinen Anlass für eine Untersagung.

Die Veröffentlichung sei vom Informationsauftrag des Ministeriums über die Motive des Gesetzesvorhabens gedeckt und diene der Information der Öffentlichkeit, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Dem Umstand, dass die Vorwürfe in den laufenden Verfahren in Griechenland und Deutschland noch nicht abschließend geklärt seien, werde durch die Kennzeichnung als „mutmaßlich gestohlen“ hinreichend Rechnung getragen. Dass es sich juristisch möglicherweise um Unterschlagung handele, sei ohne Belang, weil in der Öffentlichkeit nicht klar zwischen den Straftatbeständen des Diebstahls und der Unterschlagung unterschieden werde.

Gegen den Beschluss kann Lunapharm – aber auch das BMG – nun noch Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.

Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 4. Oktober 2019, Az.: 7 L 1017/19 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Lunapharm

von Gunter Kowalski am 11.10.2019 um 17:02 Uhr

Ich habe noch zu erwähnen, dass das VG den Begrif "mutmasslich" auch so verstanden haben will: "trifft mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht zu", Alleine aus Gründen der Nähe zum Staat, wird die deutsche Sprache hier sinnvoll angepasst. Normalerweise würde man unter "mutmasslich" das Gegenteil verstehen und Lunapharm hätte gewonnen, denn es gibt keinerlei Beleg für diese Räuberpistole, ausser den anonymen Brief des Journalisten Tassos Tellogluo, der mit dem Minister Kouroumblis abgesprochen war und zum Ziel hatte, die Probleme der griechischen Gesundheitsversorgung Ausländern in die Schuhe zu schieben. Der ganze Brief war gelogen und über einen Freund der Finanzpolizei ins System geschmuggelt um "mutmassliche" Diebe zu erfinden. Jetzt wurde diese Regierung abgelöst und in Griechenland ist keine Rede mehr davon. Die Gefangenen wurden entlassen. So ist das in Griechenland. Recht ist scheissegal.

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Lunapharm

von Gunter Kowalski am 11.10.2019 um 8:28 Uhr

Quamvis in subaqua sunt, maledicere temptant.Auch dieser Artikel enthält noch viele Unwahrheiten.In Griechenland ist nicht nur keines der in Rede stehenden Medikamente gestohlen worden. Sie wurden auch nicht unterschlagen. griechische Apotheken haben sehr wohl Grosshandelserlaubnisse und waren sogar zum Export frei, wie auch deutsche Apotheken innerhalb der EU frei liefern dürfen.
Der Entzug der Erlaubnisse bei Lunapharm ist vor Gericht. Die Verdächtigen in Griechenland sind alle frei. Mit Anklagen ist weder hier, noch in Griechenland zu rechnen. Das ganze war ein Fake.

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