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Anfrage von Michael Hennrich (CDU)
BMG: Beim Rx-Versandverbot wäre die „Begründungslast“ zu hoch
Das Rx-Versandverbot war zuletzt wieder Thema in der Apothekenpolitik. Nach der Empfehlung des Bundesrates das Verbot zu beschließen, beschäftigten sich auch die Apotheker und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf dem Apothekertag damit. Auch in Spahns Unionsfraktion ist das Verbot wieder ein Gesprächsthema. Der CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich fragte kürzlich die Bundesregierung, wie sie zum im Koalitionsvertrag verankerten RxVV steht. Die Antwort: Es wäre nur schwer möglich, das Verbot rechtlich sicher zu begründen. Somit dürfte auch klar sein, wie die Regierung auf die Empfehlung des Bundesrates reagieren wird.
Seit ziemlich genau drei Jahren dauert der Versandhandelskonflikt nun an. Mitte Oktober 2016 entschied der EuGH, dass sich EU-Versandhändler nicht an die hierzulande geltende Preisbindung für Rx-Arzneimittel halten müssen. Die erste Reaktion aus der Politik kam damals aus der Unionsfraktion: Der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) legte sich schnell auf das Rx-Versandverbot fest. Mit seinem Wunsch scheiterte er aber an der SPD und an mehreren anderen Ministerien, die das Verbot für verfassungs- und europarechtlich nicht machbar hielten. Der jetzige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (ebenfalls CDU) hält wiederum gar nichts vom Rx-Versandverbot und schlägt ein Rx-Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch V vor, das derzeit auf europäischer Ebene geprüft wird.
Doch auch Spahn eckt mit diesem Vorgehen an: Zunächst gab es natürlich Widerstand bei den Apothekern, es folgten aber auch einige Beschwerden aus seiner eigenen Fraktion – schließlich hatte man das Rx-Versandverbot im Koalitionsvertrag festgehalten und damit Wahlwerbung betrieben bei den Apothekern. Zuletzt sprachen sich dann auch die Bundesländer im Bundesrat erneut für das Rx-Versandverbot aus – eine Gegenäußerung der Bundesregierung auf die Forderung der Länder steht noch aus. Wie diese ausfallen könnte, verrät allerdings eine Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage des CDU-Abgeordneten Michael Hennrich, der in der Unionsfraktion für alle Arzneimittelthemen zuständig ist. Hennrich wollte von der Bundesregierung wissen, welche europa- und verfassungsrechtlichen Gründe die Regierung dazu bringen, den Koalitionsvertrag an dieser Stelle nicht umzusetzen.
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Bundesländer empfehlen der Bundesregierung das Rx-Versandverbot
Stellvertretend für die Bundesregierung antwortete nun Sabine Weiss (CDU), parlamentarische Staatssekretärin im BMG. Die Antwort liegt DAZ.online exklusiv vor. Darin erklärt das Ministerium von Bundesgesundheitsminister Spahn, dass Maßnahmen wie das Rx-Versandverbot mit „hinreichenden, belegbaren Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt werden und zur Erreichung des Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein“ müssten. Schließlich – so die Erinnerung des BMG – gehe es um einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Apotheker. Allerdings würde ein Rx-Versandverbot aus Sicht der Bundesregierung ein Eingriff sein, der nur schwer begründet werden könnte. Denn:
„Ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln würde aber gegenüber den im oben genannten Gesetzentwurf enthaltenen Festpreisregelungen einen wesentlich stärkeren Markteingriff darstellen, dessen Notwendigkeit gesondert dargelegt und begründet werden müsste. Dabei wäre besonders zu berücksichtigen, dass der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln seit dem Jahr 2004 in Deutschland zulässig ist und bisher grundsätzlich keine Gefährdung der Gesundheitsversorgung bewirkt hat. Die Begründungslast wäre hierdurch erheblich erhöht. Zudem würde ein Verbot des Versandhandels die wirtschaftliche Existenz auch der in Deutschland zugelassenen Versandapotheken gefährden. Daher bestehen bei der gegebenen Sachlage im Hinblick auf ein Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel weiterhin erhebliche verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken.“
Hennrich: Einige Ministerien machten sich einen schlanken Fuß
Die Antwort entspricht den Bedenken, die Spahn kürzlich auf dem Deutschen Apothekertag präsentierte. Gegenüber der Hauptversammlung der Apotheker erklärte Spahn, dass es weiterhin große juristische Bedenken in den Ministerien für Justiz und Wirtschaft gebe. Er las aus einer Stellungnahme des Justizministeriums vor, in der auf die juristischen Bedenken bezüglich des Rx-Versandverbotes hingewiesen wurde.
Aber warum fragte der CDU-Abgeordnete Hennrich überhaupt nach der Meinung der Bundesregierung zum Rx-Versandverbot? Gibt es nach der Empfehlung der Bundesländer, das Verbot zu beschließen, in der Unionsfraktion wieder den Willen, zum Verbot zurückzukehren? Eher nicht. Hennrich begründet seine Anfrage so:
Mir war es wichtig, in dieser Angelegenheit einmal die Bundesregierung als Ganzes zu befragen. Ich hatte den Eindruck, dass sich einige Ministerien in der Lösung des Versandhandelskonfliktes zuletzt einen schlanken Fuß gemacht haben. Heißt konkret: Sowohl das Rx-Versandverbot passte nicht, aber auch nicht das vorgeschlagene Rx-Boni-Verbot im SGB V. Deswegen stellte ich die Anfrage an die gesamte Bundesregierung, nun liegt uns eine verbindliche Aussage dazu vor, dass die vorgesehene Regelung ein geringerer Eingriff wäre und damit rechtlich einfacher zu realisieren ist als das Rx-Versandverbot.“
Die juristische Machbarkeit des Rx-Versandverbots ist bekanntermaßen hoch umstritten: Es gibt auch mehrere prominente Studien, denen zufolge das Verbot durchaus begründbar wäre. Da wäre zunächst das Kurzgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, das kurz nach dem EuGH-Urteil erschien. Demnach wäre ein Verbot umsetzbar, wenn keine milderen Mittel gefunden werden könnten. Auch im wettbewerbsökonomischen Gutachten des Gesundheitsökonomen Professor Dr. Uwe May, der Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer und des Juristen Dr. Heinz-Uwe Dettling wird unter anderem darauf hingewiesen, dass der Gesundheitsschutz der Bevölkerung einen solchen Eingriff rechtfertigen würde. Nicht zuletzt die ABDA hat drei wichtige juristische Gutachten dazu in der Schublade: Gegenüber der Standesvertretung der Apotheker erklärte unter anderem der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio, dass ein Rx-Versandverbot unter gewissen Umständen umsetzbar wäre.
20 Kommentare
zu hoch
von Pille Palle am 21.10.2019 um 16:46 Uhr
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Staatsstruktur-Verrottungs-Laissez-faire
von Andreas P. Schenkel am 15.10.2019 um 16:46 Uhr
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RXVV
von pille62 am 15.10.2019 um 13:32 Uhr
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Hennrichs „Ungleichung“
von Heiko Barz am 15.10.2019 um 12:59 Uhr
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Spahn beschließt keine Gesetze - das macht der Bundestag
von Dirk Krüger am 15.10.2019 um 9:29 Uhr
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Begründungslast zu hoch ?
von J.M.L am 15.10.2019 um 8:18 Uhr
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Ist nicht mehr so weit auseinander
von ratatosk am 14.10.2019 um 19:08 Uhr
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BMG RxVV
von Eckart Niemöller am 14.10.2019 um 19:07 Uhr
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AW: BMG RxVV
von Michael Zeimke am 15.10.2019 um 9:22 Uhr
Übliche Lügen und Ausflüchtw
von ratatosk am 14.10.2019 um 19:04 Uhr
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Die Argumentation ist beschämend
von Christian Springob am 14.10.2019 um 18:50 Uhr
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Artikel von Benjamin Rohrer
von Bernd Haase am 14.10.2019 um 14:31 Uhr
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Wirtschaftlichkeit gefährdet?
von Pharmi am 14.10.2019 um 14:25 Uhr
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?
von Anita Peter am 14.10.2019 um 13:38 Uhr
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AW: ?
von Roland Mückschel am 14.10.2019 um 16:27 Uhr
Keine Gefährdung der Gesundheitsversorgung ?
von Dirk Krüger am 14.10.2019 um 13:05 Uhr
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AW: Das ist nicht die Frage
von Mathias Mallach am 14.10.2019 um 13:39 Uhr
AW: Sowohl als auch
von Dirk Krüger am 14.10.2019 um 14:00 Uhr
AW: Pardon
von Mathias Mallach am 14.10.2019 um 15:10 Uhr
Rx Versand
von Michael Zeimke am 14.10.2019 um 13:05 Uhr
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