Verordnungsentwurf

Österreich: Exportverbot und Meldepflichten gegen Lieferengpässe

Remagen - 22.10.2019, 15:00 Uhr

Auch in Österreich mehren sich die Arzneimittel-Lieferengpässe. Die Regierung will nun mit einem Exportverbot und neuen Meldepflichten reagieren. (c / Foto: imago stock / Chromorange)

Auch in Österreich mehren sich die Arzneimittel-Lieferengpässe. Die Regierung will nun mit einem Exportverbot und neuen Meldepflichten reagieren. (c / Foto: imago stock / Chromorange)


„Hunderte Medikamente“ nicht erhältlich

Am Freitag wurde in österreichischen Nachrichtenportalen wieder einmal ausführlich auf das Problem der Lieferengpässe im Alpenland eingegangen. Nach wie vor seien „Hunderte Medikamente“ nicht erhältlich, heißt es dort. Dabei handele es sich nicht nur um spezielle „High-Tech-Arznei“, sondern zum allergrößten Teil um „wirksame Uralt-Blutdruckmedikamente (zum Beispiel ein Betablocker), ebenfalls lang bewährte Cholesterinsenker, Cortisonsalben, Schmerzmittel et cetera. Die österreichischen vollsortierten Arzneimittel-Großhändler berichten, dass vor zwei Jahren noch 98 Prozent aller Apothekenbestellungen erfüllbar gewesen seien. Derzeit sollen es aufgrund von Liefereinschränkungen nur mehr 94 Prozent sein

Kontingentierungen und Parallelexporte

Seit Monaten schieben sich die Marktbeteiligten gegenseitig den schwarzen Peter für die missliche Lage zu. Neben der zunehmenden Monopolisierung der Wirkstoffherstellung wird auch die sogenannte „Kontingentierung“ dafür verantwortlich gemacht. Hiernach erhalten die österreichischen Niederlassungen internationaler Pharmakonzerne nach der Markterwartung vorausberechnete und vorbestellte Mengen.

Die Pharmaindustrie kritisiert, dass für Österreich gedachte Arzneimittel durch Apotheker mit Großhandelskonzession und Pharmagroßhändler in Länder mit höheren Preisen exportiert würden. In Österreich besitzen neben den großen Fünf der Pharmagroßhändler (zum Beispiel Phoenix, Herba, Kwizda et cetera) etwa fünfzig Apotheker ebenfalls Großhandelskonzessionen. Einige Pharmaunternehmen hätten darauf reagiert, indem sie einzelne Produkte nur noch direkt und nicht mehr über den Pharmagroßhandel an die Apotheken auslieferten.

Großhandel und Apotheker weisen Vorwürfe zurück

Der Verband der österreichischen Arzneimittel-Vollgroßhändler PHAGO schießt dagegen: „Die PHAGO-Mitglieder haben einen klaren Grundsatz: Die Versorgung des österreichischen Marktes hat immer Vorrang gegenüber den Marktchancen in anderen Ländern,“ betont die Generalsekretärin des Verbandes Monika Vögele. Und auch die Apothekerschaft wehrt sich gegen solche Vorwürfe. Im Übrigen könnten die Apotheker mehr als 90 Prozent der Fälle durch ihr persönliches Engagement direkt in der Apotheke lösen, erklärt die Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer Ulrike Mursch-Edlmayr.

Exportverbot undurchführbar?

Bei der Apothekerkammer halte man ein Exportverbot im Übrigen für undurchführbar, ist in der Nachrichten-Plattform der Tageszeitung „Kurier“ nachzulesen. „Da geht es um Hunderte Arzneimittel. Die Liste ändert sich ständig", wird Kammer-Vizepräsident Christian Wurstbauer zitiert. Abgesehen davon seien Experten wegen der EU-Binnenmarktregeln skeptisch bezüglich der Umsetzbarkeit eines solchen Plans. Man mache sich gegenüber Ländern wie Deutschland eher lächerlich, wenn man gesetzliche Exportverbote für Medikamente per Gesetz vorsehe.

Maßnahmen auch in Deutschland diskutiert

Auch in Deutschland wird derzeit über neue gesetzliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Lieferengpässen diskutiert. Die Unionsfraktion hatte kürzlich einen Plan vorgelegt, der gleich mehrere Neuregelungen vorschlägt. Unter anderem soll es neue Meldepflichten und eine nationale Arzneimittelreserve geben. Hersteller sollen zudem Anreize dafür erhalten, wenn sie wieder in Europa produzieren. Und Krankenkassen sollen Rabattverträge nur noch regional und kassenübergreifend ausschreiben. Im DAZ.online-Geschichtentaxi hatte sich auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar, zu Maßnahmen gegen Lieferengpässe geäußert. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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