Modellprojekt

Hausärzteverband schmiedet E-Rezept-Allianz mit DocMorris

Berlin - 23.10.2019, 10:00 Uhr

Kampfansage an die Apotheker: Nach den Fachärzten haben nun auch die Hausärzte DocMorris ihre Kooperation beim E-Rezept zugesagt. (m / Foto: imago images)

Kampfansage an die Apotheker: Nach den Fachärzten haben nun auch die Hausärzte DocMorris ihre Kooperation beim E-Rezept zugesagt. (m / Foto: imago images)


Der niederländische Versandkonzern DocMorris setzt ein weiteres Ausrufezeichen beim E-Rezept. Nach den Fachärzten hat sich der EU-Versender auch die Hausärzte für ein Pilotprojekt an Bord geholt: In Westfalen-Lippe sollen einige Hausärzte bereits ab November digital verordnen können. Das gaben DocMorris und eine Dienstleistungsgesellschaft des Deutschen Hausärzteverbandes am heutigen Mittwoch bekannt. Die E-Rezepte aus dem Projekt sollen sowohl in deutschen Vor-Ort-Apotheken als auch bei DocMorris eingelöst werden können.

Im vergangenen Mai hatten DocMorris und der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) für Unruhe in der deutschen Apothekenlandschaft gesorgt. Sie verkündeten, ein Pilotprojekt zur Einführung des elektronischen Rezepts umzusetzen. Seitdem hat DocMorris kräftig die Werbetrommel für „sein“ E-Rezept gerührt, praktisch umgesetzt ist das Projekt aber noch nicht. Geplant war der Start für 2020.

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Nun kommt der nächste Paukenschlag: Auch die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft AG, eine Dienstleistungsgesellschaft des Deutschen Hausärzteverbandes und seiner Landesverbände, will nun ebenfalls mit DocMorris kooperieren. Konkret wollen der Deutsche Hausärzteverband und der Hausärzteverband Westfalen-Lippe das Pilotprojekt zur digitalen Rezeptübermittlung unterstützen. In einer gemeinsamen Pressemitteilung von DocMorris und der Vertragsgemeinschaft heißt es, dass es ab November 2019 in der Region Westfalen-Lippe losgehen soll. Damit wird es parallel zum von den baden-württembergischen Apothekern initiierten E-Rezept-Projekt GERDA in Stuttgart und Tuttlingen laufen, das am 1. November starten soll.

Das GERDA-Projekt hatte zuletzt einen kleinen Rückschlag erlitten, als bekannt wurde, dass die daran teilnehmenden Ärzte ihre Online-Sprechstunden nur noch nach Vermittlungen aus der Terminservicestelle zulassen. Während es in Baden-Württemberg um E-Rezepte geht, die von den bislang rund 40 Ärzten der Online-Praxis „DocDirekt“ ausgestellt werden, spricht man beim DocMorris-Piloten davon, dass eine „begrenzte Zahl von Hausärzten“ die Möglichkeit haben werde, Arzneimittel „unter Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur und der praxiserprobten IT-Infrastruktur der eHealth-Tec GmbH“ digital zu verordnen. Das Projekt ist auf einen Zeitraum von sechs Monaten angelegt.

Akzeptanz der Apotheken gesucht

Erneut weist DocMorris ausdrücklich darauf hin, dass man beim E-Rezept-Projekt auch mit Vor-Ort-Apotheken kooperiert. In einem Zeitungsbericht hatte der EU-Versender angegeben, mit „etlichen“ Apotheken im Gespräch zu stehen. In der heutigen Pressemitteilung erklärt DocMorris dazu: Mit den Apotheken sollen in dieser Zeit „die technischen Rahmenbedingungen evaluiert werden, die einen bedürfnisorientierten Verschreibungs- und Dispensierprozess ermöglichen.“ Ziel sei es, den Ärzten die digitale Verordnung zu erleichtern, für Patienten die Handhabung zu vereinfachen und bei Apotheken eine breite Akzeptanz zu erreichen.

DocMorris-E-Rezept: Schwerpunkt AMTS

Gesetzlich versicherte Patienten, die am Pilotprojekt teilnehmen möchten, erhalten anstelle eines Papierrezepts einen QR-Rezeptcode, den sie per App, E-Mail oder als Ausdruck wahlweise bei einer der teilnehmenden Vor-Ort-Apotheken oder bei DocMorris einlösen können.

In einer zweiten Phase soll zudem ein Prüfmodul zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) eingebunden werden. Hausärzte und DocMorris versprechen: „Durch die Verknüpfung der AMTS-Datenbank mit dem E-Rezept wird die Versorgung der Patienten verbessert, indem die Zahl unerwünschter Arzneimittelereignisse vermindert und die Effizienz in der Arzneimitteltherapie gesteigert wird.“

Hausärzte erhoffen sich verbesserte Zusammenarbeit mit Apotheken

„Nachdem der Gesetzgeber die telemedizinische Fernbehandlung zugelassen hat, stellt die Einführung des E-Rezepts eine konsequente Weiterentwicklung moderner, digitaler Versorgung dar“, erklärt Dr. Axel Wehmeier, Vorstandsvorsitzender der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft. „Mit Hilfe des gemeinsamen Pilotprojektes werden wir Technologie und Prozesse so gestalten können, dass diese der Versorgungsrealität in den hausärztlichen Praxen auch wirklich gerecht werden.“ 

Anke Richter-Scheer, Vorsitzende des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe, ergänzt: „Für Hausärztinnen und Hausärzte ist wichtig, dass durch das E-Rezept kein zusätzlicher Aufwand entsteht, sondern der Versorgungsalltag erleichtert und die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apotheken verbessert wird. Das nützt nicht nur uns, sondern vor allen Dingen unseren Patientinnen und Patienten.“



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Wen sollen die Patienten denn dann noch fragen?

von IL am 25.10.2019 um 10:16 Uhr

das Internet? Bei der derzeitigen Zeitknappheit ist in Sprechstunden kaum die Zeit gegeben, noch Fragen zu stellen bzw. vorher nochmal über den Zusammenhang nachzudenken. Fragen, die später kommen, landen dann in der Apotheke....
Auch bei der Selbstmedikation wird durchaus in der Apotheke von nicht passenden Arzneimitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln abgeraten, auch wenn es dafür immer noch keine (geldliche) Anerkennung gibt. Aber, wenn jetzt der Fachmann für Arzneimittel abgeschafft wird, freuen sich die Investoren und andere Interessenten ohne heilberufliche Perspektive, denen es nur um den Verkauf geht.
Ausserdem gibt es AMTS direkt in der Apotheke am Ort, nämlich in Projekten wie Apo-AMTS, ATHINA und ARMIN, die die persönliche Situation des Patienten besser kennen und hier gibt es immer wieder Möglichkeit, neu auftretende Fragen zu beantworten.

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krank

von J.M.L. am 24.10.2019 um 7:44 Uhr

Dem Kommentar des Kollegen Wall ist nichts hinzuzufügen, unsere über Jahrzehnte gut funktionierende Versorgung wird platt gemacht, kaum der Entscheidungsträger ist sich offenbar im Klaren, was wir tagtäglich leisten und auch zum Gemeinwohl beitragen (Stichwort "Herr Apotheker, haben Sie mal ein offenes Ohr, mein Mann liegt im Sterben"), erst wenn der sprichwörtlich letzte Fluß vergiftet, wird man sehen, dass man Geld nicht trinken kann...

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Doc Amazon? Marketplace der Vor-Ort-Apotheken?

von Lars Peter Wall am 23.10.2019 um 18:09 Uhr

Doc Morris möchte sich zu einem Portalanbieter entwickeln, über den zukünftig, mit dessen Technologie, elektronische Rezepte in Apotheken auch vor Ort eingelöst werden können.
Es steht zu befürchten, dass eine ähnliche Struktur wie bei Amazon angestrebt wird, bei welcher Doc Morris sowohl als Portal Vor-Ort-Apotheken gegen Transaktionsgebühren aufschaltet (vergleichbar Amazon Marketplace) als auch selbst als verkaufende Apotheke tätig wird.
Was diese Struktur mit dem Einzelhandel zur Zeit anrichtet, kann man in jeder deutschen Innenstadt beobachten.
Entgegen der landläufigen Meinung hat die große Mehrheit der Deutschen Apotheken keine Reserven, um auch nur den kleinsten Margenverlust durch Transaktionsgebühren oder Ähnliches zu schultern.
Als inhabergeführter Einzelhändler hat man langfristig in solch einem System keine Chance!
Ich bin der festen Überzeugung, dass das Betreiben eines solchen Portals strikt von der Funktion einer selbstbetriebenen Apotheke getrennt sein muss.
Mehr noch - Ein solches Portal für das Einlösen von Rezepten der gesetzlichen Krankenkassen muss vollständig neutral sein, frei von steuernden Akteuren wie Ärzten, Portalbetreibern oder auch Krankenkassen und muss von einer neutralen Organisation betrieben werden.
Die Zukunft der Arzneimittelversorgung Deutschlands darf nicht in die Hände einer holländischen Versandapotheke gelegt werden und die Politik sollte solche Kooperationen wie in dem Artikel beschrieben sofort verbieten.
Wer sich jetzt darüber freut, dass vermeintlich endlich einmal Wettbewerb im Apothekenmarkt herrscht, der hat sich mit der heute schon aktuellen unfairen Bevorteilung der EU-Versandapotheken nicht beschäftigt.
Hier wird, wenn das zugelassen wird, ein multinationaler Konzern mit den Geldern der deutschen Versichertengemeinschaft groß gemacht.
Das ist krank!

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