Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz

Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Lunapharm-Geschäftsführerin

Berlin - 23.10.2019, 12:14 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat in der Lunapharm-Affäre nun Anklage gegen drei Tatverdächtige erhoben, darunter auch die Lunapharm-Geschäftsführerin. (m / Foto: imago images / M. Müller)

Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat in der Lunapharm-Affäre nun Anklage gegen drei Tatverdächtige erhoben, darunter auch die Lunapharm-Geschäftsführerin. (m / Foto: imago images / M. Müller)


Nach langen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Potsdam jetzt Anklage im Fall Lunapharm erhoben: Neben der Geschäftsführerin des Unternehmens sind auch der Betreiber der griechischen Apotheke, die ein Hauptlieferant von Lunapharm gewesen sein soll, sowie eine dritte Person angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, mit gefälschten Arzneimitteln gehandelt beziehungsweise hierzu Beihilfe geleistet zu haben – denn als Fälschung gilt bereits ein Arzneimittel, bei dem falsche Angaben über den in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebenen Vertriebsweg gemacht werden.

Auch wenn das ARD-Magazin Kontraste den Fall Lunapharm erst im Sommer 2018 mit zwei Beiträgen befeuerte: Polizei und Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelten bereits seit Anfang 2017 wegen Hehlerei und Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz gegen den im brandenburgischen Mahlow ansässigen Pharmahändler und eine weitere Person. Nun sind die Ermittlungen so weit gediehen, dass es einen für eine Anklage hinreichenden Tatverdacht gibt. 

Denn wie die Staatsanwaltschaft mitteilt, hat sie vor der großen Strafkammer des Landgerichts Potsdam gegen drei Angeschuldigte Klage erhoben: Der Lunapharm-Geschäftsführerin Susanne Krautz-Zeitel und einem ihrer Hauptlieferanten, dem deutschen Betreiber einer in Griechenland ansässigen Apotheke, werden der gemeinschaftliche gewerbsmäßige Handel mit gefälschten Arzneimitteln in 23 Fällen zur Last gelegt (§ 95 Abs. 1 Ziffer 3a, Abs. 3 Ziff. 2 AMG in Verbindung mit §§ 8 Abs. 2, 4 Abs. 40 Ziff. 3 AMG). Dafür drohen Freiheitsstrafen von einem bis zu zehn Jahren. 

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Mag es sich auch nicht um „klassisch“ gefälschte Arzneimittel gehandelt haben, als gefälscht gilt ein Arzneimittel nach dem Arzneimittelgesetz auch dann, wenn zum in Aufzeichnungen und Dokumenten bezeichneten Vertriebsweg falsche Angaben gemacht werden. Einem dritten Angeschuldigten – einem Rechtsanwalt – werden zudem drei selbstständige Beihilfehandlungen hierzu vorgeworfen. Der Vorwurf der Hehlerei – laut Kontraste-Bericht ging es auch um mutmaßlich aus griechischen Kliniken gestohlene Arzneimittel – findet sich nicht in der Anklage. Laut Staatsanwaltschaft sind diese Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.

Knapp 900.000 Euro bei Lunapharm vorläufig gesichert

Die Staatsanwaltschaft geht nunmehr von folgendem Sachverhalt aus: Nachdem im Frühjahr 2017 bekannt wurde, dass die besagte griechische Lieferantin über keine Großhandelserlaubnis verfügte und Lunapharm daher gar nicht beliefern durfte, teilte die angeschuldigte Geschäftsführerin dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit mit, dass ihr Unternehmen keine weiteren Medikamente von dieser Lieferantin beziehen werde. „Tatsächlich waren die Angeschuldigten jedoch nicht bereit, die Lieferbeziehung zwischen ihren Unternehmen auszusetzen oder gar zu beenden“, heißt es in einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft. 

Vielmehr hätten sie die bestehende Handelsbeziehung fortgesetzt: Zwischen dem 23. Mai 2017 und dem 20. Juli 2018 seien Arzneimittel im Gesamtwert von 1,1 Millionen Euro durch die griechische Apotheke an Lunapharm geliefert worden. „Den tatsächlichen Vertriebsweg verschleierten sie dabei durch Rechnungen und Lieferscheine eines in den Lieferweg gar nicht eingebundenen zyprischen Arzneimittelgroßhändlers.“ Den überwiegenden Teil der auf diese Weise erhaltenen Ware habe Lunapharm bis Juli 2018 mit Gewinn an Kunden weiterveräußert. Insgesamt wurden bei Lunapharm 890.790,81 Euro vorläufig gesichert.

Lunapharm-Geschäftsführerin: Stets beanstandungsfreie Ware geliefert

Krautz-Zeitel bestreitet weiterhin, dass nicht erlaubte Vertriebswege verschleiert worden seien und betont, stets beanstandungsfreie Originalware geliefert zu haben. Klaus Kocks, der die Lunapharm-Geschäftsführerin in der Medienarbeit unterstützt, betonte gegenüber DAZ.online, dass die jetzt angeklagten Fälle nur Arzneimittel betreffen, die von der zypriotischen Firma Gnomon bezogen wurden. 

Es handele sich um ein Großhandelsunternehmen mit allen relevanten Genehmigungen (Großhandelsgenehmigung) samt Eintrag in der europäischen Datenbank. „Die Gültigkeit dieser Genehmigungen haben wir uns in Absprache mit dem LAVG zuvor schriftlich bestätigen lassen“, sagt auch Krautz-Zeitel. Der Inhaber von Gnomon, gegen den die Staatsanwaltschaft zunächst auch ermittelt hat, ist mittlerweile zum Kronzeugen im Strafprozess geworden. Der Prozess dürfte spannend werden. Über die Zulassung der Anklage und Eröffnung einer Hauptverhandlung muss nun das Landgericht Potsdam entscheiden.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Die Lunapharm-Relativierungs-Maschinerie

von Pharmixx am 24.10.2019 um 9:19 Uhr

Ob wir als interessierte Fach-RezipientInnen eine "Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa-Erklärung" von dem stets sehr aktiven Rechtsanwalts- und Steuerberaterduett nach einer pot. rechtskräftigen Verurteilung lesen dürfen?

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Lunapharm

von Gunter Kowalski am 23.10.2019 um 17:14 Uhr

Das ist alles, was von dem Riesenskandal übrig geblieben ist. An eine anklage wegen Hehlerei oder gestohlene Medikamente glaubt auch niemand mehr. Die Verdächtigten sind alle aus der Uhaft entlassen worden. Reichlich spät, aber die Griechen haben auf die deutschen Ergebnisse gewartet und umgekehrt. Denn seit Juli 2018 hat die griechische Aufsicht den Brandenburgern gemeldet, es gäbe gar keine Diebstähle. Jetzt geht es tatsächlich um die Frage, ob Medikamente von einer zugelassenen Apotheke oder von einem zugelassenen Händler geliefert worden sind. Eine lächerliche Inszenierung, um den aufwand zu rechtfertigen und die Tatsache, dass man einem Kontraste-Fake aufgesessen ist. Es gibt keine Diebe mehr, keine Fischladenlager, keine Blumenladenlager, keine bestochenen Flughafensicherheitsleute mehr, kein unfassbares europäisches Schmugglernetzwerk, keine verdorbenen Arzneien, nicht einmal schlechte Lieferungen, Es gibt eine 70 Millionen Forderung wegen Dummheit. Zu deren Abwehr musste die Staatsanwaltschaft wenigstens eine Minianklage zum Landgerichtsfall aufblasen und blödsinnige Beschlagnahmen anordnen. Tricks und Schliche.

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