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Hüffenhardt, Versandhandel, Dienstleistungen
AOK: Lieber ein DocMorris-Automat als die vollversorgende Apotheke
AOK: Patienten sollen mit „Stammapotheke“ in Heerlen sprechen
Richard und Beckmann beschweren sich insbesondere darüber, dass „dem umstrittenen Arzneimittelabgabeautomaten der niederländischen Versandapotheke DocMorris die rechtliche Grundlage entzogen“ werden soll. Dass es nicht Spahn ist, der den DocMorris-Automaten verbieten will, sondern solche Versorgungsmodelle nach Feststellung der Gerichte schon jetzt rechtlich nicht zulässig sind, erwähnen die AOK-Mitarbeiterinnen nicht. Sie lassen auch komplett aus, dass Spahn die Arzneimittelabgabe über Automaten sogar in gewissem Umfang zulassen will: Unter bestimmten Umständen soll es laut Entwurf auch Versendern erlaubt werden, automatisierte Ausgabestationen zu betreiben. Trotzdem: Richard/Beckmann schwärmen förmlich von der DocMorris-Idee in Hüffenhardt. Der Automat „kam gut an“ bei den Bewohnern. Und: Über die Video-Beratung könne man sich mit der „Stammapotheke“ (!) in Heerlen verbinden lassen.
Aus Sicht von Richard/Beckmann ist es nicht sinnvoll, bestehende Strukturen zu „zementieren“. Und noch mehr: Das „Standardmodell der vollversorgenden Apotheke“ hat wohl ausgesorgt aus AOK-Sicht. Wörtlich heißt es:
Denn ausgehend aus den Bedarfen einer alternden Bevölkerung sowie der begrenzten Zahl an Fachkräften stellt sich die Frage, wie die Arzneimittelversorgung auch künftig regional in hoher Qualität sichergestellt werden kann. Wenn für eine vollversorgende Apotheke mit entsprechenden Dienstleistungen, Öffnungszeiten etc. kein Nachfolger als Apothekeninhaber zu finden ist, kann eine Rezeptsammelstelle nicht die einzige Alternative sein. Auch wenn der Versandhandel und Online-Beratungsangebote künftig an Bedeutung gewinnen, sollte es auch weiterhin persönliche pharmazeutische Angebote geben, die aber nur mit deutlicher struktureller Flexibilisierung der Anforderungen an eine Apotheke in der Fläche erhalten werden können. Dies ist mit dem Standardmodell einer vollversorgenden Apotheke auf Dauer nicht leistbar.“
Viele Unklarheiten bei den Dienstleistungen
Einen wunden Nerv des Apotheken-Stärkungsgesetzes treffen Richard/Beckmann allerdings: die pharmazeutischen Dienstleistungen. Denn in den Entwürfen ist bis jetzt nur ansatzweise beschrieben, für welche konkreten Leistungen die Apotheker in welcher Höhe vergütet werden sollen. Die Vergütung soll über einen Fonds laufen – ähnlich wie bei der Notdienstpauschale – und konkretes zu den Leistungen sollen Kassen und Apotheker in Verträgen vereinbaren. Die AOK-Lobbyistinnen gehen hart ins Gericht mit dieser Regelung: „Viele Fragen bleiben offen: Wohin fließt Geld und wofür wird es genutzt? Welche Vorteile bringt es für die Patientenversorgung? Ist eine bürokratiearme Umsetzung möglich? Haben Krankenkassen einen Anspruch auf eine versichertenbezogene Abrechnung? Der Gesetzentwurf schweigt sich diskret über Einzelheiten aus. Das verwundert nicht, schließlich sind die zugesagten 150 Millionen Euro nur ein willkürlich gesetzter Betrag. Spielgeld, mit dem sich der Gesetzgeber die Zustimmung der Apotheker erkaufen will, damit diese nicht mehr auf dem Versandhandelsverbot bestehen.“
Des Weiteren legen die Autorinnen ihren Lesern erneut das Honorar-Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) ans Herz, das die Politik aus ihrer Sicht „ignoriert“. Ohnehin besteht seitens der AOK wenig Verständnis für die Klagen der Apotheker hinsichtlich der flächendeckenden Versorgung und dem Einfluss des Versandhandels: Schließlich liege der Marktanteil der Versender im Rx-Bereich weiterhin bei etwa 1 Prozent. Und: 93 Prozent der Befragten haben in einer von der AOK beauftragten Umfrage angegeben, dass sie mit der Versorgung durch Apotheken zufrieden seien. Allerdings: Nach der Flächendeckung wurde in der Umfrage NICHT gefragt, dort ging es lediglich um die Zufriedenheit mit den jeweiligen Versorgungsanbietern.
Der AOK-Bundesverband stellt daher den folgenden Forderungskatalog auf:
- Bedarfsabhängige Flexibilisierung der Anforderungen an die Räumlichkeiten, die vorrätig zu haltenden Dienstleistungen sowie die Öffnungszeiten,
- Öffnung für mobile und digitale Beratungs- und Arzneimittelabgabestellen,
- die Prüfung des Mehrbesitzverbotes,
- die Zentralisierung der Rezepturherstellung. Denn: Diese müsse nicht in jeder Apotheke vorgehalten werden, denn wenn diese ohnehin mehrfach am Tag beliefert wird, kann dies genauso gut die Rezepturen umfassen.
Mit Blick auf die von der Bundesregierung anvisierte Apothekenreform kommen Richard/Beckmann zu dem folgenden Fazit:
Anstatt die Chancen der Digitalisierung und Flexibilisierung auch effektiv für eine Stärkung der Versorgungsstrukturen in der Fläche zu nutzen, sollen innovative Lösungen künftig verboten werden. Damit haben die Ängste der Apotheker vor der Innovationskraft des ausländischen Wettbewerbers gesiegt. Ob das Vorhaben europarechtlich Bestand haben wird, ist zweifelhaft. Es gefährdet aber zweifellos die regionale Versorgung.
7 Kommentare
AOK Arzneimittelautomat
von Peter Kaiser am 30.10.2019 um 15:15 Uhr
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An die AOK-Expertinnen:
von kmueller am 30.10.2019 um 14:28 Uhr
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Analyse und Konsequenzen
von Uwe Hansmann am 29.10.2019 um 12:24 Uhr
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Besser Bürgerversicherung
von Dominik Müller am 28.10.2019 um 18:34 Uhr
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Hallo AOK - Glauben Sie das wirklich?
von Christoph Gulde am 28.10.2019 um 17:42 Uhr
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AW: Hallo AOK - Glauben Sie das wirklich
von Sven Larisch am 30.10.2019 um 7:59 Uhr
AOK Arzneimittelmarkt
von Stefan Meinhardt am 28.10.2019 um 16:09 Uhr
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