Vorlage des Bundesfinanzhofs

DocMorris-Steuerstreit und Rx-Boni erneut vor dem EuGH

Berlin - 31.10.2019, 12:45 Uhr

Der EuGH muss sich erneut mit den von DocMorris angebotenen Rx-Boni für GKV-Versicherte beschäftigen: Darf DocMorris in Deutschland eine geminderte Steuerbemessungsgrundlage geltend machen? (b / Foto: imago images / Scheiber)

Der EuGH muss sich erneut mit den von DocMorris angebotenen Rx-Boni für GKV-Versicherte beschäftigen: Darf DocMorris in Deutschland eine geminderte Steuerbemessungsgrundlage geltend machen? (b / Foto: imago images / Scheiber)


Erneut wird der niederländische Versender DocMorris den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigen. Diesmal geht es um eine Frage aus dem Umsatzsteuerrecht bei grenzüberschreitenden Arzneimittellieferungen im Binnenmarkt: Darf das Unternehmen bei seinen Arzneimittellieferungen an GKV-Versicherte in Deutschland wegen der Rabatte, die es den Versicherten gewährt, die Steuerbemessungsgrundlage mindern, um Steuern zu sparen? Das deutsche Finanzamt und das Finanzgericht Düsseldorf meinten: Nein. Der Bundesfinanzhof will die Sache nun in Luxemburg klären lassen.

DocMorris streitet bereits seit einigen Jahren mit dem Finanzamt – es geht um den Umsatzsteuerbescheid 2013. Die Niederländer wollen darin die ihnen an PKV- wie auch GKV-Versicherte gewährten Rabatte berücksichtigt wissen. Sie gingen dabei davon aus, dass sie im Inland steuerpflichtig sind – aber sie fanden, die Bemessungsgrundlage müsse um die Rabatte gemindert werden. Das ging beim Finanzamt durch, soweit es um Privatversicherte ging oder auch um gesetzlich Versicherte, die direkt einen Kaufvertrag mit DocMorris schlossen – also die Fälle, in den DocMorris von den Kunden bezahlt wurde. Nicht akzeptieren wollte die Steuerbehörde dagegen die Minderung, wenn es um die Abrechnung mit einer gesetzlichen Krankenkasse geht.

DocMorris zog deshalb wegen des Steuerbescheids vor das Finanzgericht. In erster Instanz wurde die Klage in Düsseldorf abgewiesen. Daraufhin zogen die Niederländer vor den Bundesfinanzhof. Dieser hat sich bereits im Juni mit dem Fall befasst – allerdings hat er seinen Beschluss erst am 31. Oktober veröffentlicht. 

Bundesfinanzhof fragt EuGH: Darf DocMorris die Steuerbemessungsgrundlage mindern?

Eine Entscheidung in der Sache haben die Bundesfinanzrichter nicht gefällt. Sie haben stattdessen dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.) Ist eine Apotheke, die Arzneimittel an eine gesetzliche Krankenkasse liefert, aufgrund einer Rabattgewährung an den Krankenversicherten zur Minderung der Steuerbemessungsgrundlage auf der Grundlage des EuGH-Urteils Elida Gibbs Ltd. vom 24.10.1996 - C-317/94 berechtigt?

2.) Bei Bejahung: Widerspricht es den Grundsätzen der Neutralität und der Gleichbehandlung im Binnenmarkt, wenn eine Apotheke im Inland die Steuerbemessungsgrundlage mindern kann, nicht aber eine Apotheke, die aus einem anderen Mitgliedstaat an die gesetzliche Krankenkasse innergemeinschaftlich steuerfrei liefert?

Wie ist das europäische Mehrwertsteuerrecht zu interpretieren?

Es kommt nun auf das europäische Mehrwertsteuerrecht an, das bei der Auslegung des nationalen Umsatzsteuerrechts zu berücksichtigen ist. Deshalb, so der Bundesfinanzhof sei bei insoweit bestehenden Zweifelsfragen eine Vorabentscheidung durch den EuGH erforderlich.

In seinem Beschluss weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass es im GKV-Verhältnis – anders als bei Privatpatienten – zwei Lieferungen gibt: Die Klägerin als Apotheke aus den Niederlanden liefere an die jeweilige gesetzliche Krankenkasse im Inland. Diese wiederum verschaffte ihren Versicherten die verschreibungspflichtigen Arzneimittel im Rahmen des Versicherungsverhältnisses und damit außerhalb eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustausches. Damit fehle es an einer bis zum Rabattempfänger reichenden Umsatzkette. Dies kann aus Sicht des Bundesfinanzhof gegen den von DocMorris geltend gemachten Anspruch sprechen.

Der Bundesfinanzhof weist zudem darauf hin, dass Apotheken im Inland anders als EU-Arzneimittelversender einem Rabattverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel unterliegen. Zudem habe DocMorris in Bezug auf die Lieferungen an die gesetzlichen Krankenkassen im Inland keinen Steuertatbestand verwirklicht, so dass es an einer inländischen Steuer fehle, die gemindert werden könne. Allerdings, so die Richter, könne das Erfordernis einer Steuerschuld im Inland im Hinblick auf die Schaffung des Binnenmarkts als unionsrechtswidrig anzusehen sein.

Nun heißt es abwarten, wie der EuGH die Sache sieht.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 6. Juni 2019   V R 41/17



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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4 Kommentare

Finanzen - 1.2.3.

von Pille Palle am 05.11.2019 um 17:10 Uhr

ad 1. es ist okay, wenn die Aktionäre in CH und Saudi Arabien mehr einsacken als der deutsche Staat!
ad2. sonst gefällt das dem jensi nicht und der macht dann wieder dudududu und droht mit dem schlimmen Finger!
ad 3. kusch ab ins Körbchen wie immer
kapiert?

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Oh wie schön ist Straßburg!!

von Steuermichel am 01.11.2019 um 8:30 Uhr

Ist das nun Cum-Ex oder Ex-Cum oder Cum-Cum oder Ex-Ex oder wie oder was?

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DocMorris - Apotheke oder reiner Arzneimittelversender?

von Uwe Hüsgen am 31.10.2019 um 19:36 Uhr

Zitiere "Die Klägerin als Apotheke aus den Niederlanden ..."
Fragen u.a. an den Bundesfinanzhof:
Seit wann ist DocMorris
eine Apotheke aus den Niederlanden?

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AW: DocMorris - Apotheke oder reiner

von Heiko Barz am 01.11.2019 um 11:19 Uhr

Solange unsere Führungsebene aktiv oder passiv nicht in der Lage ist, das komplexe Arbeitsfeld des Apothekers letztlich auch den Beamten des Finanzministeriums dermaßen zu erklären, dass Apotheke doch etwas mehr darstellt als eine, laut AOK - Herman, überflüssige AM-Abgabestelle, solange wird man sich auch um die Wertigkeit dieses Berufes keine Gedanken zu machen brauchen. Da dieses rudimentäre Wissen in der Deutschen Verwaltungslandschaft kaum noch existiert, ist diesen „Fachleuten“ der Begriff -Apotheke- unwertig. Was erwartet man denn von diesen „Entscheidern“ bei soviel fachlicher Unkenntnis.
Aber im Finanz-Ministerium sollten doch zumindest die zu erwartenden steuerlichen Verluste dieser aggressiven und justizfremden AM-Verschicker aus Holland zu denken geben und zum Handeln zwingen.

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