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papier zu Arzneimittel-Lieferengpässen
SPD-Ideen: Exklusivverträge streichen, Qualitätszuschläge für Hersteller
Seit einigen Wochen diskutiert man in der Berliner Gesundheitspolitik über das Positionspapier der Unionsfraktion zu Arzneimittel-Lieferengpässen. Dem Vernehmen nach arbeitet auch das Bundesgesundheitsministerium schon an Regelungen zur Vermeidung der Defekte. Aber auch die SPD-Bundestagsfraktion macht mit: In einem Diskussionspapier stellen die Arzneimittelexperten einige Änderungen am Rabattvertragssystem zur Debatte, bringen Export-Verbote ins Spiel und fordern mehr Transparenz im Management von Lieferengpässen.
Dass sich die SPD-Gesundheitspolitiker intensiv mit Arzneimittel-Lieferengpässen beschäftigen, ist nicht überraschend. Vor einigen Wochen hatte Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, im DAZ.online-Geschichtentaxi bereits angedeutet, welche Maßnahmen sie in ihrer Fraktion und mit dem Koalitionspartner diskutieren möchte. Dittmar hatte in dem Gespräch auch darauf hingewiesen, dass die SPD-Fraktion schon 2013 ein Positionspapier mit mehreren Maßnahmen veröffentlicht hatte.
Nach Informationen von DAZ.online haben insbesondere die Fachpolitiker der SPD Bundestagsfraktion in den vergangenen Wochen an neuen Vorschlägen zur künftigen Vermeidung und zum besseren Management von Arzneimittel-Lieferengpässen gearbeitet. DAZ.online liegt ein erster Entwurf dieses Papiers vor. Darin analysieren die SPD-Gesundheitsexperten zunächst den Status quo, beschreiben, dass knapp 52 Prozent der defekten Arzneimittel versorgungsrelevante Wirkstoffe sind und erklären, dass sich die Engpässe nicht nur negativ auf die Versorgung auswirken, sondern auch eine „Myriade weiterer negativer Effekte“ für Ärzte, Kliniken und Apotheker haben.
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Die Sozialdemokraten haben sieben Gründe zusammengetragen, die aus ihrer Sicht für die Entstehung von Engpässen verantwortlich sind. Es geht unter anderem um die Fehleranfälligkeit des Systems, darum dass Hersteller auf kurzfristige Lieferanfragen schlecht reagieren können, um die Konzentration der Märkte auf einige wenige Hersteller, um schlechte wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die Hersteller, um Kontingentierungen und Konzernstrukturen, aber auch um den Parallelhandel.
Zur Lösung der Probleme sehen die SPD-Gesundheitspolitiker zwei größere Themenfelder, in dem sie einzelne Maßnahmen vorschlagen: die Prävention und das Management von Lieferengpässen. Bei der Prävention sieht die SPD insbesondere Handlungsbedarf bei den Rabattverträgen. Hier die Punkte im Einzelnen:
- Die Vertragsstrafen in den Rabattverträgen bei Nicht-Lieferbarkeit müssen für Hersteller verschärft werden. Zu prüfen wäre beispielsweise eine Strafe, die sich am Umsatz des jeweiligen Arzneimittels berechnet.
- Eine Abschaffung der Exklusivverträge, kombiniert mit quotierten Abgabemengen soll die Abhängigkeit von einem einzelnen Unternehmen verringern. Außerdem könnte zur Verbesserung der Planbarkeit für kleinere Hersteller eine Mindestabnahme-Menge vereinbart werden.
- „Qualitätszuschläge“ für Hersteller, die sich an erhöhten Sicherheits- und Produktionsstandards orientieren.
- Eine Verpflichtung für Hersteller, vor Vertragsabschluss bekanntzugeben, ob es in letzter Zeit zu Produktionsproblemen gekommen ist.
SPD: Exportverbote für Großhändler und Hersteller
Was das Management von Lieferengpässen betrifft, wünscht sich die SPD insbesondere die folgenden Punkte:
- Großhändler und Hersteller sollen alle erkannten und zu erwartenden Engpässe sofort ans BfArM melden müssen. Zu dieser Meldung sollen auch Daten zu Umfang, Dauer und Ursache des Lieferengpasses gehören.
- Jedes Jahr soll das BfArM einen Bericht über den Status quo der Defekte herausgeben.
- Ein Exportverbot im Falle eines Engpasses könnte verhindern, dass im Rahmen des Parallelhandels weitere Packungen exportiert werden.
- „Um das medizinische Fachpersonal im Falle eines Lieferengpasses zu unterstützen“, könnten die medizinischen Fachgesellschaften „Orientierungshilfen“ für die Substitution nicht-lieferbarer Arzneimittel herausgeben.
- Eine zentrale Ansprechstelle für die Bevölkerung zum Thema Lieferengpässe.
- Schärfere Transparenzvorgaben für versorgungsrelevante Arzneimittel.
- Ein europäisches Meldesystem.
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Positionspapier
CDU-Plan gegen Lieferengpässe: Regionale Rabattverträge
Schnittstellen zur Union
Die Unionsfraktion hatte bereits vor einigen Woche ein eigenes Papier ins Spiel gebracht, das kürzlich von der AG Gesundheit der Union beschlossen wurde. Vergleicht man beide Papiere, gibt es einige Schnittmengen zwischen den Regierungsfraktionen – Bereiche, in denen Beschlüsse durchaus denkbar wären. Eine Einigkeit könnte beispielsweise schnell bei der Meldepflicht entstehen – der CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich hatte auch schon abgekündigt, dass die Pflicht schon bald kommen könnte. Auch das Ende der Exklusivverträge wäre eine Schnittmenge.
Allerdings geht die Union mit ihren Änderungswünschen am Rabattvertragssystem sehr viel weiter. Die Union will prüfen, ob das Rabattsystem, soweit es vergaberechtlich zulässig ist, stärker regional zentralisiert werden könnte. Das hieße, dass auf regionaler Ebene und kassenübergreifend ausgeschrieben werden müsste. Was das Exportverbot betrifft, könnten sich die Koalitionspartner hingegen vielleicht einigen: Beide Papiere sehen das Verbot unter gewissen Umständen vor.
1 Kommentar
Ullas Ernte
von ratatosk am 06.11.2019 um 19:18 Uhr
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