München

Gewinn halbiert wegen Baustelle – Apotheker kämpft um Entschädigung

Düsseldorf - 18.11.2019, 13:15 Uhr

Eine mehrjährige Baustelle vor einer Apotheke in München Pasing hat einen Apotheker mehrere zehntausend Euro gekostet. Nun klagt er auf Entschädigung. (b/Foto: Scheerer, privat)

Eine mehrjährige Baustelle vor einer Apotheke in München Pasing hat einen Apotheker mehrere zehntausend Euro gekostet. Nun klagt er auf Entschädigung. (b/Foto: Scheerer, privat)


700.000 Euro Schaden wollte der Apotheker geltend machen

Später zog der Apotheker mit einer Klage auf Entschädigung vors Gericht – und scheiterte in der ersten Instanz. „Recht haben und Recht bekommen sind ja leider oft zwei verschiedene Dinge“, sagt er. Gegen das Urteil legte er Rechtsmittel ein und ging in die nächste Instanz vor das Oberlandesgericht. Insgesamt 700.000 Euro Schaden wollte er geltend machen – zumindest zunächst eine Teilsumme davon.

Noch ist das Urteil nicht ergangen – jedoch wollte ihm Ende vergangener Woche der Vorsitzende des OLG München keine Hoffnung auf einen Erfolg machen und legte Scheerer nahe, seine Berufung zurückzuziehen, um die Kosten des Rechtstreits zu minimieren.

Apotheker: Baumaterialien lagen zu lange vor den Geschäften

Der Argumentation des Gerichts will der Apotheker nicht folgen. Bereits in der ersten Instanz hatte es geheißen, der damalige Planfeststellungbeschluss habe Sperrwirkung auf Ersatzansprüche. „Dieser Planfeststellungsbeschluss lag irgendwo aus. Ich hatte ja nun nicht gerade auch noch Zeit, mir mal eben diese Akten durchzusehen damals – ich stand den ganzen Tag in meiner Offizin. Außerdem hatten wir gar keine vernünftige Information im Vorfeld bekommen“, sagt Scheerer.

Dass dann auch noch wohl schlechte Planung im Spiel gewesen sei, wenn etwa Baumaterialien unnötig lange viel Platz direkt vor den Geschäften eingenommen hätten, käme noch dazu. „Ein paar andere Einzelhändler haben schon früher aufgegeben, gegen die Kommune anzukommen. Ich bin der einzige, der noch übrig ist“, sagt der Apotheker.

Laut dem Anwalt der Stadt hätte der Apotheker nachweisen sollen, dass der Umsatzrückgang in direkter Folge mit der Baustelle gestanden hätte. „Wer kann denn sowas?“, sagt Scheerer. Dann sei noch versucht worden, die Apotheke als „Bambel-Apotheke“, also mehr oder weniger als „Kramladen“ abzuwerten, berichtet der Apotheker. „Dabei haben wir mehrere Auszeichnungen wie etwa den Präventionspreis des Bayerischen Gesundheitsministeriums damals erhalten“, sagt er. Außerdem hätten sich die Umsätze in den 29 Jahren, die Scheerer vor 2008 die Apotheke führte, stets nach oben entwickelt – bis zum Beginn der Baumaßnahmen.

Scheerer will Geld für den Gang vor den BGH sammeln

„Ich stehe hier vor Ihnen mit der Bitte und Forderung nach Gerechtigkeit und Entschädigung“, so leitete Scheerer sein Plädoyer vor dem Oberlandesgereicht ein. „Enteignungsgleich“ sei der Eingriff durch die Stadt München gewesen und habe seine Existenz und die seiner Familie und Mitarbeiter gefährdet.

Auch wenn sich abzeichnet, dass wohl in dieser Woche auch vor dem OLG seine Klage auf Entschädigung gegen die Stadt München scheitern wird, will der Apotheker im Ruhestand eigentlich noch nicht klein beigeben. „Ich würde gerne noch bis in die nächste Instanz gehen, vor den Bundesgerichtshof“, sagt er. Allerdings würde er dazu 30.000 Euro benötigen. „Wer hat diese Geld mal so übrig?“, meint er.

Apotheker Robert Scheerer beschwert sich über den Umgang mit Einzelhändlern, wenn es um Baumaßnahmen geht. (Foto: privat)

Rechtsprechung zum Thema Schadensersatz für Einzelhändler uneinheitlich

Seiner Meinung nach werde wohl versucht, einen Präzedenzfall zu vermeiden, der nicht nur die Stadt München viel Geld kosten könnte. Allerdings ist die Rechtsprechung zum Thema Schadensersatz für Einzelhändler bei Baumaßnahmen schwierig und uneinheitlich. Von „Opfergrenzen“, die hingenommen werden müssten, wenn Baumaßnahmen dem Wohle der Allgemeinheit dienten, ist da etwa die Rede.

„Es wird sich nichts ändern an den vielen geschädigten Einzelhändlern und Apotheken, die durch Umbaumaßnahmen von Kommunen und anderen öffentlichen Einrichtungen in ihrer Existenz bedroht sind, wenn nicht die ‚Nichtanwendung der Sperrwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses‘ durch BGH-Gerichtsurteile in Ausnahmefällen öfter gesichert wird“, sagt der Apotheker. Um das eventuell noch vor dem BGH zu erstreiten, überlegt der Apotheker, Gleichgesinnte zu suchen oder per Crowdfunding die benötigten 30.000 Euro aufzutreiben. „Vielleicht wende ich mich auch nochmal an die ABDA“, sagt er. Noch gibt Scheerer nicht auf.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

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von Anita Peter am 18.11.2019 um 13:51 Uhr

Alles Gute für den Kollegen. Den Zahlen kann ich leider wenig Glauben schenken.
Bsp: Kollege macht vor Baustelle 4 Mio Umsatz mit 23% RGS = 920.000 RG
Umsatzreduzierung um 70% auf 1,2 Mio macht dann noch einen RG von 276.000.
Der Gewinn hätte sich aber nur von 125.000 auf 63.000 reduziert.
Passt alles nicht zusammen. Nach einer Umsatzreduzierung um 70% kann kein Gewinn übrig bleiben. Ausser der Vermieter verzichtet auf seine Miete und man drittelt den Personalbestand.

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