Mayzent bei Multipler Sklerose

CHMP empfiehlt Siponimod bei sekundär progredienter MS

Stuttgart - 20.11.2019, 10:14 Uhr

Der CHMP empfiehlt, Siponimod auch in der EU zuzulassen. Mayzent ist eine der wenigen Behandlungsoptionen für Patienten mit sekundär progredienter MS. ( r / Foto: dani3315 / stock.adobecom)

Der CHMP empfiehlt, Siponimod auch in der EU zuzulassen. Mayzent ist eine der wenigen Behandlungsoptionen für Patienten mit sekundär progredienter MS. ( r / Foto: dani3315 / stock.adobecom)


Der Humanarzneimittelausschuss der EMA empfiehlt, Siponimod zur Behandlung Erwachsener mit sekundär progredienter MS auch in der EU zuzulassen. In den USA gibt es Mayzent bereits seit März 2019. Erfolgt die Zulassung, ist Spinomid neben Cladribin (Mavenclad) eine der wenigen Therapieoptionen für Patienten mit sekundär progredienter Multipler Sklerose.

Nachdem die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA Siponimod bereits im März dieses Jahres zugelassen hatte, erweitert Mayzent® aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Behandlungsoptionen für Patienten mit sekundär progredienter MS in der EU: Der Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat in seiner letzten Sitzung Mitte November eine positive Empfehlung zur Zulassung von Siponimod (Mayzent®) ausgesprochen.

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Folgt die Europäische Kommission der CHMP-Empfehlung, darf Siponimod zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit sekundär progredienter Multipler Sklerose (SPMS) und aktiver Erkrankung – nachgewiesen durch Schübe oder Entzündungsaktivität in der Bildgebung (Kontrastmittel-anreichernde T1-Läsionen oder aktive, neue oder sich vergrößernde T2-Läsionen) – eingesetzt werden. Laut CHMP wird es Siponimod in zwei Dosierungen geben: oral einzunehmende Tabletten à 0,25 mg Siponimod und à 2 mg Siponimod.

Wie wirkt Siponimod?

Siponimod wirkt als selektiver Modulator des Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptors. Siponimod bindet selektiv an S1P1- und S1P5-Rezeptoren. In Bezug auf den S1P1-Rezeptor verhindert Siponimod, dass die Lymphozyten aus den Lymphknoten austreten und in der Folge in das Zentralnervensystem (ZNS) von MS-Patienten gelangen, was die entzündungshemmenden Effekte von Siponimod bedingt. Die Substanz tritt auch in das ZNS ein und bindet direkt an spezifische Zellen im ZNS, einschließlich Astrozyten und Oligodendrozyten. Siponimod zeigte remyelinisierende und neuroprotektive Effekte in präklinischen MS-Modellen.

In den USA: Siponimod auch bei CIS und RRMS

Die Indikationen in den USA sind breiter als die empfohlene in der EU. Denn in den Vereinigten Staaten darf Siponimod zur Behandlung schubförmiger Formen der Multiplen Sklerose (RMS) bei Erwachsenen, einschließlich des klinisch isolierten Syndroms (CIS), der schubförmig remittierenden Form (RRMS) sowie der aktiven sekundär progredienten MS eingesetzt werden.

Wenige Optionen bei sekundär progredienter MS

Bis zu 80 Prozent der Patienten mit schubförmig-remittierender MS (RRMS) entwickeln im Laufe der Erkrankung eine SPMS (sekundär progrediente Multiple Sklerose). Bislang sind die Behandlungsoptionen für Patienten mit SPMS überschaubar.

Die CHMP-Empfehlung basiert auf der Phase-III-Studie EXPAND, der laut Novartis größten randomisierten klinischen Studie mit einer breiten SPMS-Patientenpopulation (EDSS-Score 3,0 bis 6,5 bei Studienbeginn, siehe Kasten). EXPAND zeigte für Siponimod eine signifikante Reduktion des Risikos für Krankheitsprogression – einschließlich körperlicher und kognitiver Einbußen.

Was ist der EDSS?

Die Skala reicht von null bis zehn (in 0,5-er Schritten) und bewertet Störungen in unterschiedlichen Funktionellen Systemen (FS) des Körpers:

  • Pyramidenbahn, zum Beispiel Lähmungen
  • Kleinhirn, zum Beispiel Störungen des Bewegungsablaufs, Tremor
  • Hirnstamm, zum Beispiel Sprach- und/oder Schluckstörungen
  • Sensorium, zum Beispiel verminderter Berührungssinn
  • Blasen- und Mastdarmfunktion, zum Beispiel Harn- und/oder Stuhlinkontinenz
  • Sehfunktion, zum Beispiel eingeschränktes Gesichtsfeld
  • Zerebrale Funktionen, zum Beispiel Wesensveränderung, Demenz

Je nach Anzahl der betroffenen Funktionsbereiche und dem Ausmaß der Einschränkung erfolgt die Abstufung von EDSS null (keine Symptome, kein Funktionsbereich betroffen) bis EDSS zehn (Tod durch MS).

Novartis, das forschende Pharmaunternehmen hinter Mayzent, erklärt: „Im Falle der Zulassung wird Siponimod (BAF312) die erste und einzige oral einzunehmende Therapie in Europa sein, die eine spezifische Indikation für Patienten mit aktiver sekundär progredienter Multipler Sklerose besitzt.“ Siponimod sei die „erste und einzige oral einzunehmende Behandlung für Patienten mit aktiver SPMS (…), deren Zulassung auf einer randomisierten klinischen Studie mit einer breiten SPMS-Patientenpopulation beruht.“

Cladribin auch bei SPMS

Auch Mercks Cladribin (Mavenclad®) darf bei sekundär progredienter MS eingesetzt werden, die Cladribin-Zulassung umfasst die RMS und somit laut Merck die RRMS und SPMS: „In der Indikation RMS ist die RRMS wie auch die SPMS eingeschlossen. Unser Medikament Mavenclad® ist eines der wenigen MS-Präparate, das auch für die SPMS mit aufgesetzten Schüben in Deutschland zugelassen und zur Verfügung steht.“

Auch die Indikation von Ocrelizumab (Ocrevus®) beschreibt Roche in der Fachinformation wie folgt: „Ocrevus® ist angezeigt zur Behandlung erwachsener Patienten mit schubförmiger Multipler Sklerose (RMS) mit aktiver Erkrankung, definiert durch klinischen Befund oder Bildgebung.“ Allerdings hat Ocrelizumab als bislang einziges Arzneimittel auch die Zulassung zur Behandlung der primär progredienten MS (PPMS),



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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