Dermapharm-CEO Dr. Hans-Georg Feldmeier

„Wir dürfen nicht aufhören über Überregulierung zur reden“

Berlin - 25.11.2019, 17:55 Uhr

Hans-Georg Feldmeier, CEO von Dermapharm, erklärt, warum die Generikaindustrie nun auch noch durch den neuen Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung unter Druck gesetzt wird. (Foto: Dermapharm)

Hans-Georg Feldmeier, CEO von Dermapharm, erklärt, warum die Generikaindustrie nun auch noch durch den neuen Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung unter Druck gesetzt wird. (Foto: Dermapharm)


Arzneimittel und ihre Preise sind in Deutschland hochkomplex reguliert und bringen so manchen Hersteller an seine Grenzen: Immer mehr Unternehmen trennen sich von unrentablen Produkten, immer häufiger kommt es zu Lieferengpässen. Doch nicht nur gesetzliche Maßnahmen zehren – jetzt verschärft auch der neue Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung die Lage. Warum, erklärt Dr. Hans-Georg Feldmeier, CEO von Dermapharm, im Gespräch mit DAZ.online.

Seit Jahren klagen Pharmaunternehmen über zunehmende Regulierung: Rabattverträge, Festbeträge, Preismoratorien, Zwangsrabatte, Importförderung etc. – die Sparinstrumente, die die Politik über die Jahre zusammengetragen hat, sind vielfältig. Trennen will sie sich von keinem, auch nicht in Zeiten üppiger Finanzpolster bei den Krankenkassen. Zwar hat der Gesetzgeber den Arzneimittelmarkt eine Weile von neuen Sparmaßnahmen verschont. Aber die zahlreichen Maßnahmen der Vergangenheit scheinen nun kulminiert Wirkung zu zeigen: Kein Tag vergeht, ohne dass in den Medien über Lieferengpässe bei Arzneimitteln berichtet wird, die Rufe werden lauter, die (Wirkstoff-)Produktion wieder nach Europa zu holen. Abe r wie sieht die Situation der in Deutschland ansässigen pharmazeutischen Unternehmen tatsächlich aus?

Für Hans-Georg Feldmeier, CEO von Dermapharm, steht fest: Es ist schwierig – und wird nicht einfacher. Der Job der Industrie sei es, Arzneimittel herzustellen und zu verkaufen. „Daher ist es ihr ureigenes Interesse, lieferfähig zu sein und die Produkte sicher bis zum Verbraucher zu bringen“, erklärt er. Doch dabei werde sie von vielen Seiten behindert. Das Dickicht der Preisbildung sei inzwischen so kompliziert, dass es selbst Fachleuten schwer falle, es Dritten zu erläutern, so Feldmeier. Die zahlreichen Maßnahmen beeinflussten sich in einer kaum noch nachvollziehbaren Weise gegenseitig. Und der Kellertreppeneffekt kennt nur eine Richtung. „Wahrscheinlich begreifen das nicht einmal mehr diejenigen richtig, die für die ständig neuen Gesetze sorgen“, sorgt sich Feldmeier.

Dermapharm

Dermapharm wurde 1991 als familiengeführtes Pharmaunternehmen gegründet. Es hat seinen Sitz in Grünwald bei München und seinen Hauptproduktionsstandort in Brehna bei Leipzig. Seit dem vergangenen Jahr ist das Unternehmen an der Börse. Die Unternehmensgruppe umfasst zahlreiche Firmen aus unterschiedlichen Sparten: von Acis und Axicorp über Mibe bis Trommsdorff und Strathmann. Eigenen Angaben zufolge verfügt Dermapharm über rund 950 Arzneimittelzulassungen für mehr als 250 pharmazeutische Wirkstoffe und ist der achtwichtigste Lieferant nach Absatz im deutschen Markt. 90 Prozent der Arzneimittel werden in eigenen Werken in Deutschland produziert.

Der Rahmenvertrag zeigt für den Pharma-Manager, der selbst Apotheker ist, exemplarisch, dass auch die Vertragspartner die Konsequenzen ihrer Vereinbarungen gar nicht mehr vorausberechnen können. Während der Rabattvertragsmarkt, der etwa 63 Prozent des Gesamtmarktes ausmacht, für die Industrie ohnehin schon lange kein gewinnbringendes Geschäft mehr ist, sondern oft nur noch der Sicherung von Marktanteilen dient, war der Markt für Generika ohne Rabattvertrag bislang noch relativ auskömmlich – wenngleich durchs Preismoratorium erheblich eingeschnürt. Doch auch dieses Segment wird nun kräftig aufgemischt: Durch die neue Regelung im Rahmenvertrag, dass im Nicht-Rabattvertragsmarkt nun eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel abgegeben werden muss und dieses nicht teurer sein darf als das verordnete Arzneimittel. Zuvor durfte die Apotheke auch das verordnete Präparat abgeben – oder eines der drei preisgünstigsten.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Überregulierung

von Andreas Seifert am 25.11.2019 um 18:57 Uhr

Danke!
Mit wenigen Worten die Situation sehr zutreffend analysiert!
Ich kann auch der Aussage, dass die Regelungen des Rahmenvertrages die katastrophale Liefersituation verschärfen, im Gegensatz zu unserer Standesvertretung, nur zustimmen.

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